Bei der Bundestagswahl 2013 hatte jeder zehnte Wahlberechtigte einen sogenannten Migrationshintergrund – das waren rund 5,8 Millionen Menschen. 2015 gab es laut Mikrozensus bereits rund 6 Millionen Wahlberechtigte aus Einwandererfamilien. Hinzu kommen rund 5 Millionen Ausländer, die die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen würden und damit ebenfalls wahlberechtigt wären. Das Wählerpotenzial bei Menschen mit Migrationshintergrund ist also bereits jetzt hoch und wird weiter zunehmen.
Von den Parteien werde es bisher jedoch zu wenig genutzt, so Cornelia Schu, Direktorin des SVR-Forschungsbereichs, bei der Vorstellung der Studie "Schwarz, rot, grün – welche Parteien bevorzugen Zuwanderer?" in Berlin. Sie beruht auf einer von der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung und der Stiftung Mercator geförderten Sonderauswertung des SVR-Integrationsbarometers 2016. Für das Integrationsbarometer wurden zwischen März und August 2015 bundesweit rund 5.400 Personen befragt, davon über 4.100 mit und rund 1.300 ohne Migrationshintergrund. Die Daten sind repräsentativ.
Der Untersuchung des SVR-Forschungsbereichs zufolge ist unter den Migranten und ihren Nachkommen die SPD die beliebteste Partei, gefolgt von der CDU/CSU. Die kleineren Parteien haben in den vergangenen Jahren an Beliebtheit gewonnen:
Insgesamt interessieren sich Migranten und ihre Nachkommen der Untersuchung zufolge genau so stark für Politik wie Menschen ohne Migrationshintergrund. In beiden Gruppen gaben fast 70 Prozent an, sich einer Partei zugehörig zu fühlen. Je länger Migranten in Deutschland leben, desto häufiger bevorzugen sie eine bestimmte Partei. Und je intensiver sie selbst Diskriminierungserfahrungen gemacht haben, desto mehr neigen sie zu linksgerichteten Parteien. Zudem bestätigt die Studie, dass sich die Parteipräferenzen je nach Herkunftsgruppe deutlich voneinander unterscheiden. Demnach fühlt sich die große Mehrheit der Türkeistämmigen weiterhin am ehesten der SPD verbunden.
(Spät-)Aussiedler bevorzugen nach wie vor am häufigsten die CDU/CSU. Mit rund 45 Prozent ist der Anteil jedoch deutlich niedriger als früher.
Bisher gab es zu der Frage, welcher Partei sich Migranten und ihre Nachkommen am ehesten verbunden fühlen, nur wenige und länger zurückliegende Untersuchungen. So geht aus den Daten des "European Social Survey" (ESS) von 2002 bis 2008 für Deutschland hervor: Fast 60 Prozent der Befragten mit Migrationshintergrund gaben an, keiner Partei besonders nahe zu stehen, rund 15 Prozent der SPD, rund 14 Prozent der CDU/CSU und gut 6 Prozent den Grünen.
Die Verbundenheit zu einer Partei bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass man dieser im konkreten Fall auch seine Stimme geben würde. So hätten den ESS-Daten zufolge bei der Bundestagswahl 2005 rund 33,5 Prozent der Migranten und ihrer Nachkommen ihr Kreuz bei der CDU/CSU gemacht, 33 Prozent bei der SPD und 15,5 Prozent den Grünen.
Von Rana Göroğlu
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