Diesen Artikel finden Sie hier auch mit den aktualisierten Zahlen für das gesamte Jahr 2014.
Durch das Flüchtlingsdrama von Lampedusa ist die europäische Asylpolitik in die Kritik geraten. Gefordert wird unter anderem, die Verteilung von Flüchtlingen in Europa neu zu regeln. Der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich lehnt das mit dem Argument ab, Deutschland sei das Land, das am meisten Flüchtlinge in Europa aufnehme. Bereits im August hatte er die steigenden Antragszahlen als "alarmierend" bezeichnet.
Ein Blick auf die Zahlen:
- Von Januar bis September 2013 wurden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 74.194 Asyl-Erstanträge gestellt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet das einen Zuwachs um 84,6 Prozent.
- Dem europäischen Statistikamt Eurostat zufolge stellten im 2. Quartal 2013 (April bis Juli) in Deutschland 26.400 Personen einen Asylantrag. In den vergangenen 12 Monaten waren es insgesamt 96.890.Quelle
- Im Jahr 2012 haben EU-weit rund 335.000 Flüchtlinge einen Asylantrag gestellt – davon 77.500 in Deutschland. Das entspricht 23 Prozent aller Anträge.
In absoluten Zahlen nimmt die Bundesrepublik damit europaweit die meisten Flüchtlinge auf. Setzt man die Zahl der Asylbewerber jedoch ins Verhältnis zur Bevölkerung, ändert sich das Bild:
Das wirtschaftlich starke Deutschland kam 2012 mit 0,9 auf weniger als einen Flüchtling pro 1.000 Einwohner und belegte damit gerade einmal Platz 10 unter den EU-Ländern. Ganz vorne steht in diesem Ranking Malta (5 Asylbewerber pro 1.000 Einwohner), gefolgt von Schweden, Luxemburg, Schweiz, Belgien, Norwegen, Österreich, Zypern und Dänemark, wie die untenstehende Grafik von Pro Asyl zeigt. Im europäischen Durchschnitt kommen 0,7 Asylsuchende auf 1.000 Einwohner.
Auch die aktuellste Eurostat-Statistik vom 2. Quartal 2013 zeigt: nur bezogen auf die absoluten Zahlen hat Deutschland europaweit die meisten Asylgesuche zu verzeichnen (23.410 Antragsteller zwischen April und Juni diesen Jahres). Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wuchs die Zahl der Asylbewerber um 113 Prozent. Dennoch belegt Deutschland in Relation zur Bevölkerungszahl mit 0,3 Antragstellern pro 1.000 Einwohner im europäischen Vergleich im 2. Quartal 2013 nur Platz 7. An der Spitze liegt Schweden (1 Asylsuchender pro 1.000 Einwohner), gefolgt von Ungarn (0,9) und Malta (0,8).Quelle
Anerkennungsquote höher als berichtet
Die Anerkennungsquote von Asylanträgen hingegen wird mitunter als viel niedriger angegeben, als sie tatsächlich ist. In Medienberichten und Diskussionen tauchen immer wieder unterschiedliche Angaben auf, wonach lediglich ein bis zwei Prozent der Asylanträge in Deutschland anerkannt würden. Diese Zahlen geben jedoch nur die Entscheidungen nach dem im Grundgesetz verankerten Recht auf Asyl (Art. 16a GG) wieder – und damit nur einen Ausschnitt der positiven Asylentscheidungen.
Berücksichtigt man auch die Gewährung von Flüchtlingsschutz (13 Prozent) und die Feststellung von Abschiebungsverboten (13,5 Prozent) nach dem Aufenthaltsgesetz, haben 2012 in Deutschland 27,7 Prozent aller Antragsteller Schutz erhalten.
Rechnet man aus der Gesamtzahl der in Deutschland gestellten Asylanträge noch die sogenannten "formellen Entscheidungen" heraus, kommt man für 2012 sogar auf eine Quote von 35,8 Prozent. Das heißt: Jeder dritte Asylsuchende erhielt 2012 in Deutschland internationalen Schutz.
Von Rana Göroğlu, MDI
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