Europäische Asylpolitik und Grenzschutz
Mit der Freizügigkeit in Europa schwindet die Bedeutung der Grenzen von Nationalstaaten. Gleichzeitig spielen die Außengrenzen Europas eine immer größere Rolle – auch für Deutschland. Die Ankunft zahlreicher sogenannter "Mittelmeerflüchtlinge", die lebensbedrohliche Überfahrten wagen, steigert den Druck. Die EU reagiert mit immer strengeren Sicherheitsmaßnahmen und einer Reform ihres Migrationsrechts.
Wie viele Asylanträge werden in der EU gestellt?
2023
2023 wurden nach Angaben der Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) rund 1,1 Millionen Asylanträge in der Europäischen Union gestellt. Das sind etwa 18 Prozent mehr Asylanträge als im Vorjahr. In dieser Rechnung sind Geflüchtete aus der Ukraine nicht enthalten, die in der Europäischen Union einen "vorübergehenden Schutz" erhalten haben.
Die meisten Antragsteller*innen kamen aus:
- Syrien (rund 181.400 Asylbewerber*innen),
- Afghanistan (114.300),
- Türkei (100.800),
- Venezuela (68.000)
- und Kolumbien (63.100).Quelle
Die meisten Anträge auf Asyl (einschließlich Folgeanträge) wurden 2023 in folgenden Ländern gestellt:
- Deutschland: rund 334.100 Anträge
- Frankreich: 167.000
- Spanien: 162.400
- Italien: 136.100
- Österreich: 58.700
Im Verhältnis zur Bevölkerung wurden die meisten Asylanträge pro Tausend Einwohner*innen in folgenden Ländern gestellt:
- Zypern: 8,5 Asylanträge pro 1.000 Einwohner*innen
- Österreich: 6,2
- Griechenland: 5,5
- Deutschland: 3,9
- Luxemburg: 3,7.Quelle
2023 lag die durchschnittliche Schutzquote in der Europäischen Union bei rund 43 Prozent (Gesamtschutzquote ohne Gerichtsentscheidungen). Die Schutzquoten für die Top-5 Herkunftsstaaten:
- Syrien: 94 Prozent
- Afghanistan: 61 Prozent
- Türkei: 24 Prozent
- Venezuela: 3 Prozent
- Kolumbien: 7 Prozent
Rund 883.000 Asylanträge waren zum Stichtag 31. Dezember 2023 noch in Bearbeitung.Quelle
2022
2022 wurden nach Angaben der Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) rund 966.000 Asylanträge (einschließlich Folgeanträge) in der Europäischen Union gestellt – 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten von ihnen kamen aus: Syrien (rund 132.000 Asylbewerber*innen), Afghanistan (129.000), Türkei (55.000), Venezuela (55.000) und Kolumbien (43.000).Quelle
Die meisten Anträge wurden in folgenden Ländern gestellt: Deutschland: rund (215.000 Anträge), Frankreich (141.000), Spanien (109.000), Österreich (102.000), Italien (76.000).Quelle
2022 wurden rund 632.000 Entscheidungen über Asylanträge getroffen. Davon gingen rund 40 Prozent positiv aus. Die besten Aussichten auf einen positiven Asylbescheid hatten Syrer*innen (94 Prozent), Belarusen und Ukrainier*innen (jeweils 88 und 86 Prozent positive Bescheide), gefolgt von Menschen aus Eritrea, dem Jemen (jeweils 84 Prozent) und Mali (70 prozent). Rund 950.000 Asylanträge waren zum Stichtag 30. November 2022 noch in Bearbeitung.Quelle
Flucht- und Migrationsrouten nach Europa und Deutschland
Ein Blick auf die Flüchtlingszahlen entlang der Hauptrouten, die aus dem Nahen Osten und Afrika nach Europa führen, zeigt: Es ist nahezu unmöglich, genau zu wissen, wer über welche Route in welches Land gekommen ist. Je nach Grenzübergang variieren die Zahlen der irregulären Grenzübertritte sowie die Herkunftsländer der abgefangenen Personen. Auch werden viele irreguläre Einwanderer*innen mehrfach erfasst – etwa, wenn sie wiederholt versuchen, über die Grenzen der Europäischen Union zu gelangen. Hier finden Sie eine Zusammenstellung der Eckdaten für die wichtigsten Migrations- und Fluchtrouten, die in die Europäische Union und nach Deutschland führen.
Ziel- und Transitländer im Überblick:
Deutschland
Die Bundespolizei zählte in den ersten sieben Monaten des Jahres 2024 rund 49.400 "unerlaubte Einreisen" an den Grenzen. Das sind circa 12 Prozent weniger "unerlaubte Einreisen" als im Vorjahreszeitraum. Etwa 11.000 Personen kamen über die polnische Grenze – ein Drittel davon über die sogenannte Belarus-Route. Rund 7.800 Personen kamen über die österreichische und 7.300 über die Schweizer Grenze. Rund 8.100 Einreisen fanden über die "Luftgrenze" statt (mit dem Flugzeug).
7,9 Prozent der Personen, die im ersten Halbjahr 2024 beim unerlaubten Grenzübertritt aufgegriffen wurden, waren im sogenannten EURODAC-System registriert. Das heißt: Ein anderes europäisches Land ist nach der Dublin-III-Verordnung für den Asylantrag zuständig.Quelle
Im Gesamtjahr 2023 gab es etwa 127.500 "unerlaubte Einreisen" nach Deutschland. Das sind rund 38 Prozent mehr als 2022. Von ihnen kamen rund 32.800 Menschen über die polnische Grenze – etwa ein Drittel von ihnen ist über Belarus eingereist. 28.000 Personen wurden an der österreichischen, etwa 18.300 an der schweizerischen und rund 16.700 an der tschechischen Grenze aufgegriffen.Quelle
Polen
Seit 2021 reisen viele Menschen aus Asien (Irak, Afghanistan, Iran, Syrien, Jemen, Indien) und Afrika (Somalien, Äthiopien, Eritrea, Ägypten) nach Russland oder Belarus und versuchen anschließend über die belarusisch-polnische Grenze in die Europäische Union zu gelangen.
Im ersten Halbjahr 2024 zählte die polnische Grenzpolizei rund 20.600 versuchte Grenzübertritte aus Belarus.
- Im Gesamtjahr 2023 gab es rund 26.000 versuchte Grenzübertritte,
- 2022 waren es etwa 15.700
- 2021 knapp 40.000, knapp die Hälfte davon im Oktober 2021.
Die belarusische Regierung begann im Frühjahr 2021, aktiv Personen aus Drittstaaten anzuwerben und sie zum Teil durch Anwendung von Gewalt dazu zwingen, die EU-Grenzen zu überschreiten. Die polnische Regierung hat daraufhin die Grenzkontrollen verschärft und einen 186 Kilometer langen Grenzzaun gebaut. Mindestens 55 Personen sind Mediendberichten zufolge sind seit Frühjahr 2021 bis Ende 2023 im polnisch-belarusischen Grenzgebiet gestorben.
Griechenland
Seit dem Abkommen zwischen der Türkei und den EU-Mitgliedstaaten aus dem Jahr 2016 ist die Zahl der Geflüchteten, die nach Griechenland über die Türkei kommen, relativ gering geblieben. Rund 20.700 Personen haben Griechenland im ersten Halbjahr 2024 erreicht. Im Gesamtjahr 2023 waren es rund 41.600 Personen.
Die Mehrheit der Menschen, die versuchen, die griechischen Inseln zu erreichen, werden von der türkischen Küstenwache aufgegriffen – in den ersten vier Monaten von 2024 (sowie im Gesamtjahr 2023) waren es mehr als die Hälfte aller versuchten Überfahrten. Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass die griechische Küstenwache Boote mit Geflüchteten auf hoher See zurückschiebt (Pushbacks).
Von den Geflüchteten, die im ersten Quartal 2024 Griechenland erreicht haben, waren die meisten Afghan*innen (ca. 44 Prozent aller Ankünfte), Syrer*innen (17 Prozent) und Ägypter*innen (13 Prozent).
Rund 2.600 Personen schafften es zudem über die Landesgrenzen in der Nähe des Flusses Evros – im Gesamtjahr 2023 waren es etwa 7.200 Personen. Seit 2012 gibt es an der griechisch-türkischen Grenze einen ca. 35 Kilometer langen Grenzzaun. Auch hier wurden gewaltsame Pushbacks festgestellt.
Serbien und Westbalkan
Die sogenannte Westbalkan-Route gilt als die Hauptroute für Personen, die aus dem Nahen Osten in Richtung Mitteleuropa flüchten. Es ist sehr schwierig festzustellen, wie viele Personen über die "Westbalkan-Route" aus Griechenland oder Bulgarien nach Mitteleuropa gelangen. In Serbien sollen nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR im Gesamtjahr 2023 rund 106.000 Personen angekommen sein. Das waren rund 15 Prozent weniger als 2022. In den ersten vier Monaten von 2024 ist die Zahl der Ankünfte in Serbien weiter zurückgegangen und lag mit rund 6.600 dokumentierten Ankünften etwa 71 Prozent unter dem Vorjhareszeitraum.
Da jedoch viele der Personen, die durch die Westbalkan-Region reisen, wiederholt an verschiedenen Grenzen zurückgeschoben und mehrfach registriert werden, schätzt das UNHCR, dass die reale Zahl der Personen, die 2023 durch die Region gereist sind, bei ungefähr 31.000 liegt. In den ersten vier Monaten von 2024 waren es schätzungsweise 3.400 Personen. Zum Teil gewaltsame Zurückschiebungen von Migrant*innen und Geflüchteten wurden an der ungarischen, rumänischen, kroatischen, albanischen und nordmazedonischen Grenze dokumentiert.
Italien
Italien ist das europäische Land, das die meisten Migrant*innen und Geflüchtete aus Afrika zuerst erreichen. In der Regel fahren sie von Libyen oder Tunesien aus entlang der sogenannten zentralen Mittelmeer-Route. Im ersten Halbjahr 2024 sind etwa 25.800 Menschen in Italien angekommen – das sind weniger als die Hälfte der Ankünfte im Vorjahreszeitraum (ca. 65.600 Personen). Die meisten Geflüchteten und Migrant*innen, die Italien erreichen, kommen aus Bangladesch (21 Prozent), Syrien (15 Prozent) und Tunesien (14 Prozent).
Rund 8.900 Personen sind in den ersten vier Monaten von 2024 aus Libyen gestartet, etwa 7.200 aus Tunesien. Im Gesamtjahr 2023 waren es rund 52.000 Personen aus Libyen und 98.000 aus Tunesien.
Viele Migrant*innen und Geflüchtete auf der zentralen Mittelmeer-Route werden von libyschen und tunesischen Kräften aufgegriffen. In den ersten fünf Monaten von 2024 waren es mehr als die Hälfte aller versuchten Uberfahrten. Im Gesamtjahr 2023 waren es etwa ein Viertel aller Menschen, die die Überfahrt versucht haben. Zahlreiche Berichte werfen den libyschen und tunesischen Milizen, die im Mittelmeer patrouillieren, vor, sie würden Migrant*innen gewaltsam festnehmen und foltern. Die zentrale Mittelmeer-Route ist auch die gefährlichste Route im Mittelmeer: In den ersten fünf Monaten von 2024 sind hier fast 700 Personen gestorben (mehr als eine Person von hundert, die die Überfahrt versucht haben). Im Gesamtjahr 2023 wurden auf dieser Route etwa 2.500 Todesfälle dokumentiert.
Es ist nicht klar, wie viele der Geflüchtete und Migrant*innen, die Italien erreichen, später einen Asylantrag in Deutschland stellen. 2023 wurden in Italien rund 136.100 Asylanträge gestellt. Es scheint unwahrscheinlich, dass viele der Personen, die in Italien angekommen sind, nach Deutschland weitergereist sind – wie ein Vergleich der Ankunftszahlen nach Herkunftsländern mit den Flüchtlingszahlen in Deutschland zeigt.
Spanien
Die Zahl der Personen, die aus Westafrika Spanien erreichen, ist seit 2022 deutlich gestiegen. Im ersten Halbjahr 2024 lag sie bei etwa 25.000 Personen. Mehr als drei viertel von ihnen kamen auf den Kanarischen Inseln im Atlantischen Ozean an. Im Gesamtjahr 2023 waren es rund 57.000 Menschen – von ihnen 38.300 auf den Kanarischen Inslen.
Die Route zu den Kanarischen Inseln gilt als eine der gefährlichsten Routen weltweit. 2023 wurden hier fast 1.000 Todesfälle dokumentiert. Die Dunkelziffer ist jedoch viel höher.
Rund 200 Personen haben die Grenzen der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla im ersten Halbjahr 2024 überquert. Im Gesamtjahr 2023 waren es rund 500 Personen. Der Grenzzaun um die Exklaven wurde in den 90er Jahren fertiggestellt.
Wie viele Geflüchtete kommen über das Mittelmeer?
2024
Rund 75.300 Menschen erreichten im ersten Halbjahr 2024 die Grenzen der Europäischen Union über das Mittelmeer (Stand: 1.7.2024). Das sind rund 16 Prozent weniger Ankünfte als im Vorjahreszeitraum.
- Rund 25.800 Personen kamen nach Italien über die sogenannte zentrale Mittelmeer-Route. Sie kamen vor allem aus Bangladesch (21 Prozent), Syrien (15 Prozent) und Tunesien (14 Prozent). Weitere 231 Personen haben die Insel Malta erreicht.
- Rund 25.000 Menschen erreichten Spanien über die westliche Mittelmeer-Route. Von ihnen erreichten rund 19.300 Menschen die kanarischen Inseln. 209 Personen kamen über die Landesroute zu den Exklaven Ceuta und Melilla.
- 20.100 Personen erreichten Griechenland über die sogenannte östliche Mittelmeer-Route (etwa 17.500 über Seewege und 2.600 über Landeswege). Sie kamen vor allem Afghanistan (44 Prozent), Syrien (17 prozent) und Ägypten (13 Prozent). Weitere 4.400 Personen erreichten die Insel Zypern.Quelle
2023
Im Gesamtjahr 2023 erreichten 270.200 Menschen die die Europäischen Union über das Mittelmeer.
- Zentrale Mittelmeer Route (Italien und Malta): etwa 157.700 Personen – vor allem aus Tunesien, Ägypten und Bangladesh.
- Westliche Mittelmeer-Route: rund 57.500 Menschen – von ihnen 38.300 Personen über die Kanarischen Inseln.
- Östliche Mittelmeer-Route: rund 41.600 Personen – aus Palästina, Afghanistan und Somalia. Weitere 6.000 Personen erreichten die Insel Zypern.Quelle
Seenotrettung im Mittelmeer
Das Mittelmeer – insbesondere das Gebiet zwischen der libyschen und italienischen Küste – gilt nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) als eine der gefährlichsten Grenze der Welt: Viele Menschen kommen bei der Überfahrt ums Leben.Quelle
Wer für die Seenotrettung von Geflüchteten zuständig ist, hängt von der Region im Mittelmeer ab:
Im westlichen Mittelmeer kümmert sich vor allem die staatliche "Sociedad de Salvamento y Seguridad Marítima" aus Spanien um die Rettung von Geflüchteten. Dabei wird sie von der spanischen "Guardia Civil" unterstützt. Seit Februar 2019 arbeitet sie auch mit der marokkanischen Küstenwache zusammen. Laut Medienberichten werden Geflüchtete seitdem verstärkt in Marokko, Algerien und Mauretanien an Land gebracht. Daten zur Zahl der Personen, die von den jeweiligen Küstenwachen aufgegriffen wurden, sind nicht verfügbar.Quelle
Im östlichen Mittelmeer sind Einheiten der griechischen und türkischen Küstenwache sowie die europäische Frontex-Operation "Poseidon" für die Seenotrettung zuständig. Von den rund 32.000 Menschen, die in den ersten fünf Monaten von 2024 die Seereise über die östliche Mittelmeer-Route unternommen haben, wurden etwa die Hälfte von der türkischen Küstenwache aufgegriffen und zurück in die Türkei gebracht. Seit dem EU-Türkei-Abkommen werden alle Geflüchtete, die von der türkischen Küstenwache aufgegriffen werden, zurück in die Türkei gebracht.Quelle
Im zentralen Mittelmeer wurden in den ersten fünf Monaten von 2024 etwa die Hälfte der Menschen, die die Überfahrt versuchen, von der libyschen und tunesischen Küstenwache aufgegriffen. Die libysche Küstenwache bringt die Schutzsuchenden wieder nach Libyen, wo sie wegen "illegaler Zuwanderung" inhaftiert werden. Zudem patrouillieren die italienische Küstenwache sowie vereinzelt Nichtregierungsorganisationen in diesem Gebiet.Quelle
Seenotrettung als Pull-Faktor?
Immer wieder wird diskutiert, ob Seenotrettung als Pull-Faktor wirkt – also ob mehr Menschen die Überfahrt über das Mittelmeer wagen, weil sie wissen, dass es Rettungsaktionen gibt. Eine Studie des DeZIM-Instituts 2023 zeigt, dass das nicht der Fall ist: Seenotrettung habe keinen Effekt auf die Überfahrten im Mittelmeer. Die Forscher*innnen haben dafür zahlreiche Daten von 2011 bis 2020 ausgewertet. Andere Faktoren hätten hingegen einen Einfluss: etwa Konflikte, Naturkatastrophen oder Rohstoffpreise. Pushbacks, wie von der libyschen Küstenwache, senken die Anzahl an Überfahrten.Quelle
IM FOKUS: ZIVILE SEENOTRETTUNG AUF DER ZENTRALEN MITTELMEER-ROUTE
Bis zum Sommer 2018 waren im zentralen Mittelmeer vor allem zivile Organisationen sowie Schiffe der italienischen Küstenwache und der Europäischen Union für die Seenotrettung zuständig. Heute spielen sie bei Rettungsoperationen nur noch eine untergeordnete Rolle.Quelle
Das hat folgende Gründe:
Seit Juni 2017 gibt es eine libysche "Search and Rescue"-Zone (SAR), für die allein die libysche Küstenwache zuständig ist. Das heißt: Sie koordiniert alle Seenotrettungsoperationen in diesem Gebiet und entscheidet, wer an Rettungsoperationen beteiligt ist. Seenotrettungs-Organisationen schließt die libysche Küstenwache von solchen Operationen aus.Quelle
Die italienische Regierung lässt seit Juli 2018 nur vereinzelt Schiffe ziviler Seenotretter ans Land. Das hat zur Folge, dass die NGOs seitdem deutlich weniger Schiffbrüchige in Sicherheit bringen können. Auch die EU-Missionen "Themis" und "Sophia" sind kaum noch an Seenotrettungs-Operationen beteiligt. Die "Themis"-Schiffe patrouillieren seit 2018 in einem viel größeren Gebiet als zuvor – und halten sich deshalb nur noch selten im zentralen Mittelmeer auf. Die Mission "Sophia" ist seit März 2019 nur noch für die Überwachung des Luftraums und für die Ausbildung der libyschen Küstenwache zuständig.Quelle
Entwicklung der Seenotrettung im zentralen Mittelmeer (2013-2020)
⇒ Infolge einer Reihe von tödlichen Schiffsunglücken im zentralen Mittelmeer startete die italienische Regierung im Oktober 2013 die Seenotrettungs- und Grenzschutz-Operation "Mare Nostrum", die in einem Jahr etwa 100.000 Geflüchtete rettete. Nach Abschluss von "Mare Nostrum" übernahm die europäische Operation "Triton" die Überwachung des Gebiets. Kritiker monierten: "Triton" verfüge nur über ein Drittel des Budgets von "Mare Nostrum" und sei qua Einsatzauftrag in erster Linie für die Grenzsicherung zuständig.
⇒ 2014 stieg die Zahl der Menschen, die bei der Überfahrt ihr Leben verloren, auf mehr als 3.000. Daraufhin beschlossen Hilfsorganisationen wie die "Migration Offshore Aid Station", "Sea Watch" und "Ärzte ohne Grenzen", eine private Seenothilfe im zentralen Mittelmeer zu organisieren.
⇒ 2015 wurde die europäische Operation EUNAVFOR MED gestartet, die später in "Sophia" umbenannt wurde. Hauptziele der Mission waren, Schleuser-Boote abzufangen und zu zerstören sowie die libysche Küstenwache zu trainieren.
⇒ 2016 stieg erneut die Zahl der Schiffsunglücke im zentralen Mittelmeer: Rund 4.500 Menschen starben auf der Überfahrt. Weitere Hilfsorganisationen statteten eigene Rettungsschiffe aus: "Save the Children", die niederländische Organisation "Boat Refugee Foundation", die spanische "Proactiva Open Arms" sowie die deutschen Organisationen "SOS Mediterranee", "Sea Eye" und "Jugend Rettet".
⇒ 2017 ging die Zahl der Toten im Mittelmeer zurück. Dass weniger Menschen starben, sei zum Großteil auf die Arbeit der NGOs zurückzuführen, sagte das Forschungsteam "Forensic Oceanography". Rettungsmannschaften der NGOs patrouillierten in der Regel viel näher an der libyschen Küste als die Schiffe der italienischen Küstenwache und der EU-Operationen "Sophia" und "Triton".Quelle
Dennoch standen die NGOs seit dem Sommer 2017 in der Kritik: Wiederholt wurde ihnen vorgeworfen, mit Schleuserbanden zusammenarbeiten. Mehrere Staatsanwaltschaften in Italien und auf Malta haben in diesem Sinne gegen NGOs ermittelt. Sechs Schiffe wurden seitdem beschlagnahmt und zwei wurden gezwungen, im Hafen zu bleiben, weil ihnen die Flagge entzogen wurde. Bis jetzt hat sich kein Verdacht erhärtet.Quelle
Im Zuge der folgenden Debatte führte die italienische Regierung im Juli 2017 einen Verhaltenskodex für NGOs ein, der die Aktivität der Organisationen unter strenge staatliche Kontrolle stellte. Gleichzeitig verstärkte die libysche Küstenwache mit Unterstützung der italienischen Marine die Kontrollen auf der zentralen Mittelmeer-Route. Dabei haben Hilfsorganisationen wiederholt Übergriffe der libyschen Kräfte auf ihre Schiffe sowie auf Flüchtlingsboote gemeldet.
Mehrere NGOs haben daraufhin ihre Beteiligung an Rettungsoperationen im Mittelmeer reduziert.
Was sind Pushbacks?
Mit dem englischen Begriff "Pushbacks" werden rechtswidrige Zurückweisungen von Flüchtlingen bezeichnet – vor allem an den Außengrenzen der Europäischen Union.
Mehrere Mitgliedstaaten der EU führen an den Außengrenzen der EU solche "Pushbacks" durch. Entsprechende Berichte gibt es von den Grenzen zwischen Belarus und Polen, Belarus und Litauen sowie von der serbisch-ungarischen, bosnisch-kroatischen, nordmazedonische-griechischen, albanisch-griechischen, türkisch-griechischen Grenzen sowie auf hoher See vor den Küsten Griechenlands und Italiens.Quelle
An vielen dieser Pushbacks sind laut Investigativrecherchen auch Einheiten der Grenzschutzagentur Frontex beteiligt, obwohl das laut der Frontex-Verordnung verboten ist. Eine Untersuchungskommission des Europäischen Parlaments hat diese Vorwürfe untersucht, konnte jedoch keine abschließende Beweise für eine Beteiligung von Frontex an Pushbacks finden. Eine Übersicht über die Vorwürfe gegen Frontex und die darauffolgenden Untersuchungen finden sich in diesem MEDIENDIENST-Artikel.Quelle
Sind Pushbacks illegal?
Pushbacks sind grundsätzlich illegal. Zwar dürfen EU-Mitgliedstaaten ausländische Staatsbürger*innen daran hindern, unerlaubt ihre Grenzen zu überschreiten. Es gelten aber Einschränkungen, die von verschiedenen europäischen und internationalen Abkommen zum Schutz der Menschenrechte festgelegt wurden:
- Verbot der Kollektivausweisung: Gruppen von ausländischen Staatsbürger*innen dürfen nicht kollektiv abgeschoben beziehungsweise zurückgewiesen werden – unabhängig davon, ob sie Flüchtlinge sind oder nicht. Das bestimmt die Europäische Menschenrechtskonvention (IV. Zusatzprotokoll, Artikel 4).
- Verbot der Folter und der unmenschlichen Behandlung: Niemand darf in einen Staat abgeschoben oder zurückgewiesen werden, in dem ihm oder ihr Folter oder unmenschliche Behandlung droht. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 1989 von Artikel 3 der EMRK (Verbot der Folter) abgeleitet.
- "Non-refoulement"-Gebot: Wenn eine Person als Flüchtling in die Europäische Union kommt, dürfen die Mitgliedstaaten sie in keinen Staat zurückweisen, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von "Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen politischen Überzeugung" bedroht sein würden. Das bestimmt die Genfer Flüchtlingskonvention (Artikel 33), die alle EU-Mitgliedstaaten unterschrieben haben. Das nennt man Prinzip der Nicht-Zurückweisung (non-refoulment).
- Selbst dann, wenn Geflüchtete über ein Land einreisen, in denen ihnen keine direkte Verfolgung droht, dürfen sie dorthin nicht ohne weiteres ab- oder zurückgeschoben werden. Denn als sogenannte sichere Drittstaaten gelten nur solche, die das non-refoulment-Prinzip der Genfer Flüchtlingskonvention einhalten (Richtlinie 2013/32/EU, Artikel 38).
- Alle Personen, die in der Europäischen Union Asyl beantragen möchten, haben zudem das Recht auf eine individuelle Prüfung ihres Asylantrags. Das bedeutet, dass bevor eine schutzsuchende Person ab- oder zurückgeschoben wird, eine Behörde ihren Asylgeusch prüfen muss (Richtlinie 2011/95/EU, Artikel 4).
Ob Pushbacks in allen Situationen illegal sind, ist umstritten. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) hat dazu bislang zwei Grundsatzurteile getroffen:
- 2012 urteile der EGMR, dass der italienische Pushback von Bootsflüchtlingen aus Libyen illegal war. Die italienische Küstenwache hatte das Boot auf das Meer Richtung Libyen zurückgedrängt. Die Flüchtlinge seien auf dem offenem Meer dem Tode schutzlos ausgeliefert, was ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK und gegen das Verbot der Kollektivausweisung (siehe oben) darstelle.
- 2020 urteile der EGMR hingegen im Falle eines spanischen Pushbacks an der Grenze Melilla/Marokko, dass die Zurückweisung von zwei Männern rechtens war. Der Grund: Sie hätten absichtlich mit einer größeren Personengruppe und gewaltvoll die Grenze überquert, statt an regulären Grenzübergängen ihr Asylgesuch zu stellen. Sie konnten sich daher nicht auf ihren Anspruch auf eine individuelle Prüfung des Asylantrags berufen.
Zwar erhielt das Urteil aus 2020 in der Rechtswissenschaft auch Zustimmung, viele Jurist*innen kritisierten das jüngere Urteil aber. Insbesondere, dass das Urteil die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort falsch wiedergebe: So sei es faktisch für die Kläger*innen an dem Grenzübergang zu Spanien nicht möglich gewesen, einen Asylantrag zu stellen. Außerdem betonen einige Rechtswissenschaftler*innen, dass die meisten Schutzsuchenden – nämlich Bootsflüchtlinge – gar nicht die Möglichkeit haben, an einem regulären Grenzübergang einen Asylantrag zu stellen. Für sie finde die Argumentation der EGMR-Urteile daher keine Anwendung.Quelle
Wie viele Flüchtlinge sind im Mittelmeer gestorben?
Es ist unmöglich, die genaue Zahl der Geflüchteten zu ermitteln, die auf der Überfahrt über das Mittelmeer ums Leben gekommen sind. Laut Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) waren es im ersten Halbjahr 2024 mehr als 1.000 Personen. Die IOM hat in dieser Zeit rund 79.000 Versuche gezählt, das Mittelmeer zu überqueren. Das heißt: Von 100 Personen, die die Überfahrt versucht haben, ist eine gestorben. 2023 gab es 3.100 Todesfälle bei 341.000 versuchten Überfahrten.
Mehr als 80 Prozent der Todesfälle ereigneten sich 2024 auf der zentralen Mittelmeer-Route (Italien und Malta). Die Dunkelziffer könnte aber viel höher sein. Hinzu kommen 315 Todesfälle auf der sogenannten westafrikanischen Route zu den Kanarischen Inseln – im Gesamtjahr 2023 waren es etwa 1.000 Fälle.Quelle
Noch schwieriger ist es festzustellen, wie viele Menschen auf dem Weg zu den Mittelmeer-Küsten gestorben sind. In Nordafrika wurden zwischen 2014 und 2023 etwa 6.100 Todesfälle gemeldet. Die IOM geht aber davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen deutlich höher liegen könnten.Quelle
Wie viele Geflüchtete kommen über die Belarus-Route?
Seit 2021 versuchen vermehrt Migrant*innen mit Unterstützung der belarusischen Regierung, über Belarus in die EU zu kommen. Ab Mai 2021 kamen die meisten zunächst über Litauen, ab August 2021 fast nur noch über Polen (Chronologie siehe unten). Polens Grenzpolizei zählt seit Anfang 2024 wieder deutlich mehr versuchte Grenzübertritte aus Belarus.
Einige Personen, die über Belarus nach Polen kommen, reisen von dort aus weiter nach Deutschland; besonders viele von ihnen wurden von der Bundespolizei im Herbst 2021 und Sommer 2023 festgestellt
Humanitäre Krise im polnisch–belarusischen Grenzgebiet
Seit August 2021 herrscht im polnisch–belarusischen Grenzgebiet eine humanitäre Krise.
Zivilgesellschaftliche Organisationen und Medien in Polen gehen inzwischen von mindestens 50 Todesfällen auf polnischer Seite (Stand: Juli 2024) aus; hinzu kommen Todesfälle auf belarusischer Seite infolge von Pushbacks. Insgesamt gehen Vertreter*innen der zivilgesellschaftlichen Organisation Grupa Granica von bis zu 80 Todesfällen aus (Stand: Juli 2024).Quelle
An der Lage hat auch der polnische Regierungswechsel nichts geändert: Seit Mitte Dezember 2023 bis Anfang Juni 2024 soll Polens Grenzschutz mehr als 7.000 Personen "an die belarusische Grenzlinie zurückgebracht" haben ("Pushbacks").Quelle
Die Gewalt zwischen Grenzbeamten und Geflüchteten an der polnisch–belarusischen Grenze eskaliert dieses Jahr zunehmend: Im Mai kam ein polnischer Grenzbeamter durch einen Messerstich zu Tode; auch gab es Berichte über Schussverletzungen, die Grenzbeamte in Polen Geflüchteten zugefügt haben sollen. Die polnische Regierung richtete diesen Juni wieder eine mindestens 200m breite Sonderzone entlang der polnisch–belarusischen Grenze ein, die etwa Vertreter*innen von Medien und NGOs das Betreten erschwert.
Seit Anfang 2023 bis Mitte Juni 2024 zählte Grupa Granica mehr als 3.000 Hilfsgesuche von Geflüchteten, die auf der polnischer Seite der Grenze in Not gerieten. Die hohe Zahl der Hilfsgesuche zeigt: Viele Menschen kommen weiterhin über Belarus nach Polen. Quelle
Chronologische Übersicht der ersten 12 Monate:
- Frühjahr 2021, Einreisen vor allem nach Litauen: Im Mai 2021 kündigt der belarusische Präsident Lukashenko an, Migrant*innen nicht mehr an der Ausreise in die EU zu hindern. Das belarusische Militär bringt Migrant*innen gezielt an die EU-Grenze, vor allem zu Litauen. Im Frühsommer überqueren mehrere Tausend Personen die Grenze nach Litauen und Lettland. Ende Juli 2021 registriert der litauische Grenzschutz täglich über 100 unerlaubte Einreisen. Litauen beginnt im Juli mit dem Bau eines Grenzzauns und kündigt an, ab August Migrant*innen an der Einreise zu hindern.Quelle
- Sommer und Frühherbst 2021, Route wechselt Richtung Polen: Nachdem am 1. August noch knapp 300 unerlaubte Einreisen von Belarus nach Litauen festgestellt werden, wechselt die Route die Richtung. Seitdem bringt das belarusische Militär die Migrant*innen vor allem an die EU-Grenze zu Polen. Die polnische Regierung erklärt das gesamte, mehrere hundert Kilometer lange Grenzgebiet zu Belarus zur Sperrzone. Der polnische Grenzschutz versucht, Migrant*innen daran zu hindern, die Grenze zu überqueren oder führt Pushbacks durch. Das belarusische Militär fängt die Menschen bei der Wiedereinreise ab und zwingt sie zurück zur Grenze. Viele Personen bleiben so im 'Niemandsland' im polnisch-belarusischen Grenzgebiet gefangen. Hilfsorganisationen wird der Zutritt zu den Geflüchteten verwehrt, erste Berichte über Todesfälle werden bekannt. Im Oktober 2021 steigt die Zahl der versuchten, unerlaubten Einreisen zeitweise auf über 700 pro Tag.Quelle
- November und Dezember 2021, Zahl der Einreisen geht zurück: Im November 2021 kündigt die EU Sanktionen für Fluglinien an, die Migrant*innen nach Belarus einfliegen. Zuvor war die Zahl der Flüge aus verschiedenen Regionen im Nahen Osten nach Belarus, vor allem dem Nordirak, der Türkei oder Dubai nach Minsk immer weiter gestiegen. Belarus förderte gezielt Einreisen ins Land. Viele Kurd*innen im Nordirak, sowie Syrer*innen und Afghan*innen, die zuvor als Geflüchtete im Libanon waren, nutzen die Möglichkeit. Nachdem einige Flugrouten nach Minsk eingestellt wurden, geht die Zahl der Migrant*innen, die über die Route in die EU kommen, deutlich zurück.Quelle
- Juli 2022: Die polnische Grenzmauer zu Belarus wird offiziell fertiggestellt und gleichzeitig die Sperrzone auf 200 Meter im unmittelbaren Gebiet an der Grenze beschränkt.
Wie kommen die Migrant*innen nach Belarus?
Es gibt weiterhin Reisebüros, die in verschiedenen Ländern vermeintlich touristische Angebote nach Belarus bewerben, mehrere Anbieter in Dubai, im Sommer 2022 beispielsweise im Sudan oder Ghana. Auch staatliche Reiseunternehmen aus Belarus bewarben touristische Angebote, wie Medien in Polen berichteten.Quelle
Einreise über Russland: Die meisten Flüge in Minsk kommen Stand Juni 2023 aus der Türkei oder Russland. Zivilgesellschaftliche Organisationen berichten seit Sommer 2022, dass immer mehr Migrant*innen, die über Belarus nach Polen kommen zuvor ein Studierenden-Visum in Russland hatten, darunter beispielsweise Menschen aus Ägypten, dem Jemen und der Demokratischen Republik Kongo. Ob es sich dabei um geflüchtete Studierende handelt, die sich bereits länger in Russland aufhalten, oder Menschen, die vor Kurzem über ein Studierenden-Visum eingereist sind, sei nicht klar.Quelle
Asylverfahren in Drittstaaten
Können Asylverfahren in Drittstaaten bearbeitet werden?
Etliche deutsche und europäische Politiker*innen haben in den vergangenen Monaten dafür plädiert, Asylverfahren künftig in Drittstaaten zu bearbeiten. Das soll verhindern, dass Geflüchtete zuerst in die Europäische Union kommen, um einen Asylantrag zu stellen – und möglicherweise längerfristig bleiben.
Derartige Vorschläge gibt es bereits seit vielen Jahren. In einer Evaluation aus dem Jahr 2018 hat die Europäische Kommission geprüft, inwiefern sich Asylverfahren in Drittstaaten abwicklen ließen. Das Ergebnis: Nach der aktuellen EU- und völkerrechtlichen Lage sind Asylverfahren in Drittstaaten prinzipiell nur dann möglich, wenn Schutzsuchende noch nicht in die Europäische Union eingereist sind.
Das liegt in erster Linie an dem sogenannten non-refoulement-Prinzip, das in der Genfer Flüchtlingskonvention (Artikel 33) und in der Europäischen Menschenrechtskonvention (Artikel 3) festgeschrieben ist. Das bedeuet: Ein Staat, der diese Konventionen unterschrieben hat, darf keine schutzsuchende Person in ein anderes Land überstellen, ohne zu prüfen, ob ihr eine Gefahr für Leib und Leben droht. Das gilt auch für Überstellungen in "sichere" Drittstaaten, wenn es die Gefahr gibt, dass die Person von dort unrechtmäßig in ihr Herkunftsland abgeschoben wird (sogenannte Kettenabschiebung).
Einem Gutachten des Rechtswissenschaftlers Daniel Thym aus dem Jahr 2017 zufolge sind Asylverfahren in Drittstaaten prinzipiell rechtlich möglich wenn:
- Kein "Refoulement" stattfindet,
- Es die Möglichkeit gibt, den Flüchtlingsstatus im Drittstaat anerkennen zu lassen,
- Asylbewerber*innen – besonders schutzbedürftige Personen wie Frauen und Kinder – einen angemessenen Lebensstandard ("effective protection") genießen können,
- Es ausreichende "Schutzgarantien" gibt; das heißt: Es muss einen wirksamen Monitoring-Mechanismus geben – entweder durch den Aufnahmestaat oder durch eine internationale Organisation wie etwa das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR.
In einem Gutachten im Auftrag des Bundesinnenministeriums im Juni 2024 haben 28 Expert*innen mit deutlicher Mehrheit festgestellt, dass – selbst wenn die Auslagerung der Asylverfahren rechtlich möglich ist – diese mit erheblichen Kosten und schwerwiegenden ethischen, menschenrechtlichen und politischen Folgen verbunden wäre.
Welche Modelle gibt es? (bitte klicken)
1. Das Ruanda-Modell
Im April 2022 unterzeichnete die britische Regierung ein AbkommenHouse of Commons (2022), The UK-Rwanda Migration and Economic Development Partnership LINK mit Ruanda. Dieses sah vor, dass Schutzsuchende, die irregulär Großbritannien erreichen, ins ostafrikanische Land überstellt werden, um dort ihren Asylantrag zu stellen. Im Fall eines positiven Bescheids sollten die Flüchtlinge in Ruanda bleiben. Bei negativem Bescheid sollten sie in ihr Herkunftsland abgeschoben werden. Nach Angaben der britischen Regierung hätte Ruanda zunächst rund 200 Schutzsuchende pro Jahr aufnehmen können.
Kann das funktionieren?
Der britische "Supreme Court" hat das Abkommen im November 2023 für rechtswidrig erklärt, weil es gegen etliche internationale Abkommen verstößt – unter anderem die Genfer Flüchtlingskonvention (Artikel 33) und die Europäische Menschenrechtskonvention (Artikel 3).
Darüber hinaus hat das Gericht Bedenken über den Schutz der Menschenrechte in Ruanda erhoben. Auch der UNHCR kritisierte das Abkommen, weil Schutzsuchende dadurch nicht ausreichend vor der Gefahr eines "Refoulement" geschützt wären. Die britische und ruandische Regierungen haben im Dezember 2023 ein neues Abkommen abgeschlossen. Im Januar 2024 hat das britische Unterhaus ein Gesetz gebilligt, nach dem Ruanda als sichrer Drittstaat eingestuft werden soll. Zurzeit berät das Oberhaus des britischen Parlaments das Gesetz.
Sollten Mitgliedstaaten der Europäischen Union entscheiden, das Ruanda-Modell anzuwenden, gäbe es für sie eine weitere Hürde: Schutzsuchende können laut EU-RechtAsylverfahrensrichtlinie, Artikel 37 LINK nur dann in sichere Drittstaaten überstellt werden, wenn sie eine "Verbindung" zu diesen Staaten haben. Was genau "Verbindung" bedeutet, ist unklar: Für einige EU-Mitgliedstaaten reicht es, wenn eine Person durch das Land gereist ist. Der Europäische Gerichtshof hat diese Auslegung 2020 jedoch abgelehntRechtssache C‑564/18.
2. Das Albanien-Modell
Im November 2023 haben die italienische und albanische Regierung ein Kooperationsabkommen im Bereich Migration unterzeichnet. Demzufolge sollen Geflüchtete, die in internationalen Gewässern vor der italienischen Küste aufgegriffen werden, künftig nach Albanien gebracht werden. Hier sollen sie im Aufnahmezentrum Shengjin ein Screening- und Registrierungsverfahren durchgehen. Im Anschluss können sie einen Asylantrag stellen. Ausgenommen sind Frauen, Kinder und besonders schutzbedürftige Personen.
Zuständig für die Aufnahme, Registrierung, Prüfung der Asylanträge und Rückführung werden italienische Behörden sein, die nach geltendem italienischen und EU-Asylrecht die Asylanträge bearneiten sollen – innerhalb von 30 Tagen. Alle Asylbewerber*innen sollen Zugang zu Rechtsbehelf und -Beratung haben.
Asylbewerber*innen, denen Schutz gewährt wird sollen nach Ende des Asylverfahrens (oder nach maximal 18 Monaten) zurück nach Italien gebracht werden. Abgelehnte Asylbewerber*innen werden in einer weiteren Eirichtung bei Gjader festgehalten und von dort abgeschoben beziehungsweise nach Italien gebracht – in der Zuständigkeit der italienischen Behörden. Die Aufnahmeeinrichtungen sollen bis zu 3.000 Personen unterbringen können.Quelle
Kann das funktionieren?
Im Prinzip ja. Das Abkommen lässt aber sehr viele Fragen offen, wie der italienische Migrationsforscher Lorenzo Piccoli festgestellt hat.
Wer ist zuständig? In einer Stellungnahme hat der UNHCR betont, dass laut Genfer Flüchtlingskonvention der erste Staat, in dem Flüchtlinge ankommen, dafür sorgen muss, dass sie nicht in eine Gefahrsituation abgeschoben werden (Refoulement). Da Albanien die Genfer Flüchtlingskonvention unterschrieben hat, können Flüchtlinge dorthin gebracht werden – aber nur, wenn sie nicht davor in italienischen Gewässern waren.
Werden Asylbewerber*innen inhaftiert? Im Abkommen steht, dass die italienischen Behörden dafür sorgen müssen, dass die Schutzsuchenden in den Aufnahmeerinrichtungen bleiben (Artikel 6). Eine Inhaftierung von Asylbewerber*innen ist jedoch laut EU-Asylrecht nur in besonderen Fällen möglich.
Haben Asylbewerber*innen Zugang zu Rechtsberatung? Das EU-Recht sieht vor, dass alle Asylbewerber*innen Anspruch auf Rechtsbehelf und Rechtsberatung haben, wenn sie gegen einen Asylbescheid klagen möchten (Asylverfahrensrichtlinie, Artikel 39). Inwiefern sie dieses Recht in Albanien ausüben können, ist fraglich.
3. Das Transitstaat-Modell
Asylverfahren in sogenannten Transitstaaten finden schon seit mehreren Jahren mit Unterstützung des UN-Flüchtlingshilfswerks oder der Internationalen Organisation für Migration statt – etwa in Jordanien. Der UNHCR identifiziert besonders schutzbedürftige Personen vor Ort, die dann im Rahmen von "Resettlement"-Programmen etwa nach Europa, Australien oder Nordamerika verteilt werden.
Kann das funktionieren?
Ja. Das "Resettlement"-System funktioniert allerdings nur eingeschränkt: Gebraucht wurden 2021 mehr als 1,4 Millionen "Resettlement"-Plätze. Tatsächlich verteilt wurden nach UNHCR-Angaben etwa 63.000 Personen (jüngste Erfassung). Auch gibt es derzeit wenige Staaten, in denen derartige Verfahren möglich sind. So wurden zum Beispiel 2011 im tunesischen Flüchtlingslager Choucha mehrere Zehntausend Geflüchtete aus dem Bürgerkireg in Libyen aufgenommen – mit dem Ziel, sie nach Europa, Australien und Nordamerika zu verteilen. Das Camp wurde nach nur zwei Jahren aufgrund zahlreicher Probleme in der Verwaltung geschlossen
Umverteilung von Geflüchteten in der Europäischen Union
Eine faire Verteilung von Geflüchteten in der Europäischen Union ist seit Jahren ein kontroverses Thema. Derzeit ist nach der Dublin-III-Verordnung für Schutzsuchende das Land zuständig, in dem sie zuerst in die Europäische Union einreisen ("First country of entry"-Prinzip). Dadurch hätten EU-Staaten an den Außengrenzen der Europäischen Union wie Italien, Griechenland und Spanien einen Großteil der Asylbewerber*innen aufnehmen müssen.
Im Juni 2022 haben sich die Innenministerien der Europäischen Union darüber geeinigt, einen "Solidaritätsmechanismus" für die Verteilung von Geflüchteten einzuführen. Demnach sollen die EU-Mitgliedstaaten auf freiwillige Basis aus Seenot gerettete Geflüchtete aufnehmen können.Quelle
Ähnliche Verteilungsmechanismen hat es bereits in der Vergangenheit gegeben. Tatsächlich umverteilt wurden allerdings nur wenige Geflüchtete.
2019 haben sich die EU-Mitgliedstaaten auf einen Mechanismus geeinigt, um Bootsflüchtlinge, die im zentralen Mittelmeer gerettet wurden, auf andere Mitgliedstaaten zu verteilen. Nach Deutschland sind im Rahmen dieses Mechanismus insgesamt weniger als 500 Menschen eingereist. Daten für andere Länder sind nicht vorhanden.Quelle
2015 hatte die Europäische Kommission beschlossen, bis 2017 rund 160.000 Geflüchtete aus Italien und Griechenland auf andere EU-Mitgliedstaaten zu verteilen. Überstellt sollten vor allem Asylsuchende mit guter Bleibeperspektive werden, wie etwa Syrer*innen und Eritreer*innen und besonders Schutzbedürftige (Familien mit Kindern, Frauen, Kranke). Das Programm ist 2017 ausgelaufen. Lediglich 34.700 Menschen wurden in seinem Rahmen überstellt – etwa 12.700 aus Italien und rund 22.000 aus Griechenland. Die meisten von ihnen gingen nach Deutschland (ca. 11.000 Menschen), Frankreich (5.000) und nach Schweden (3.000). Ungarn und Polen haben hingegen keinen einzigen Asylsuchenden aus Italien und Griechenland aufgenommen.Quelle
Was ist das EU-Türkei-Abkommen?
Am 18. März 2016 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU) auf ein Abkommen mit der Türkei. Es soll verhindern, dass Geflüchtete "illegal" in die EU einreisen. Das Abkommen trat am 20. März 2016 in Kraft. Aus Sicht der EU ist eines der wichtigsten Ziele in Erfüllung gegangen: Die Flüchtlingszahlen sind deutlich zurückgegangen. Das Abkommen stößt jedoch vielfach auf Kritik.
Was wurde beschlossen?
- Um "irreguläre" Einreisen in die EU zu verhindern, soll die Türkei ihre Grenzkontrollen verschärfen und stärker gegen Schlepper vorgehen.
- Flüchtlinge, die über die Türkei nach Griechenland eingereist sind und keinen Anspruch auf Asyl haben, sollen in die Türkei zurückgeführt werden.
- Für jeden Syrer, der in die Türkei zurückgeschickt wird, soll ein anderer Syrer legal in die EU einreisen dürfen ("Eins-zu-eins-Mechanismus").
- Bis Ende 2017 hat die EU der Türkei drei Milliarden Euro zugesagt, um Geflüchtete im Land besser versorgen zu können. Im Juni 2018 wurden weitere drei Milliarden Euro bis Ende 2019 bereitgestellt.
- Die EU hat der Türkei in Aussicht gestellt, die Verhandlungen zum EU-Beitritt zu beschleunigen und die Visumpflicht für türkische Bürger abzuschaffen.Quelle
Wie ist die Bilanz?
Die EU-Kommission veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Zahlen zur Umsetzung des Abkommens. Aus den aktuellen Berichten und weiteren Quellen geht hervor (Stand: März 2019):
- Einreisen in die EU: Die Zahl der Flüchtlinge, die irregulär aus der Türkei nach Griechenland einreisen, ist deutlich gesunken. Im Jahr 2018 kamen durchschnittlich rund 92 Geflüchtete pro Tag auf den griechischen Inseln an. Im Oktober 2015 waren es über 6.000 Geflüchtete pro Tag. Laut Experten liegt der Rückgang nicht allein am Abkommen mit der Türkei, sondern auch an der Schließung der sogenannten Balkanroute. Zudem wüssten viele Flüchtlinge, wie prekär die Situation auf den griechischen Inseln ist, und blieben deshalb in der Türkei.
- Rückführungen in die Türkei: Seit Inkrafttreten des Abkommens wurden 2.437 Flüchtlinge aus Griechenland in die Türkei zurückgebracht. Auf den griechischen Inseln halten sich aktuell rund 12.000 Geflüchtete auf.
- Aufnahme von Syrern in die EU: Im Rahmen des "Eins-zu-eins-Austauschs" haben die EU-Mitgliedstaaten etwa 20.300 syrische Flüchtlinge aus der Türkei aufgenommen.
- Finanzhilfen für die Türkei: Die erste Tranche betrug drei Milliarden Euro, im Juni 2018 wurde eine weitere Tranche genehmigt, bevor die erste aufgebraucht war. Zwei Milliarden Euro kommen davon aus dem EU-Haushalt, eine Milliarde Euro übernehmen die Mitgliedsstaaten.
- Die Verhandlungen zum EU-Beitritt der Türkei sowie zu den Visaerleichterungen für türkische Bürger sind nur schleppend vorangekommen. Grund dafür sind auch die aktuellen politischen Entwicklungen in der Türkei.
- Todesopfer und Vermisste: Die Zahl der Todesopfer und Vermissten in der Ägäis ist seit dem Inkrafttreten des Abkommens gesunken. 2015 sind laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) noch 803 Menschen gestorben oder gelten als vermisst, 2017 waren es 62 Menschen, 2018 174.Quelle
Was wird kritisiert?
Wissenschaftler und Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Abkommen:
- Die EU habe mit dem "Deal" die Verantwortung für Flüchtlinge ausgelagert und sich in Abhängigkeit des umstrittenen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan (AKP) begeben.Quelle
- Die türkische Republik habe weltweit zwar die meisten Flüchtlinge aufgenommen, viele von ihnen hätten jedoch einen unsicheren Rechtsstatus und lebten in prekären Verhältnissen.Quelle
Zudem habe das Abkommen dazu geführt, dass sich die Lage der Flüchtlinge deutlich verschlechtert habe:
- Auf den griechischen Inseln seien mehrere Tausend Flüchtlinge gestrandet, ohne Zugang zu fairen Asylverfahren.
- Die Unterkünfte auf den Inseln seien massiv überbelegt, sodass Geflüchtete unter teils katastrophalen Bedingungen dort leben müssten.
- Schutzsuchende, die in die Türkei zurückgeführt wurden, seien dort nicht sicher, sondern würden inhaftiert und zum Teil in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Zivilgesellschaftliche Initiativen und das UN-Flüchtlingshilfswerk in der Türkei hätten kaum Zugang zu den Geflüchteten.Quelle
Angesichts der prekären Umstände fordern viele Experten, den umstrittenen "EU-Türkei-Deal" aufzugeben. Welche Alternativen es zum Abkommen gäbe, haben Migrationsforscher in einem Artikel des MEDIENDIENSTES erklärt.
Warum kommen Menschen "illegal" über die EU-Grenzen?
Um einen Asylantrag in Europa zu stellen, müssen Flüchtlinge laut EU-Aufnahmerichtlinie zunächst nach Europa einreisen. Um das auf legalem Weg zu tun, brauchen sie ein Visum.
Doch Menschen in Krisengebieten haben meist keine Chance auf ein Visum. Das hat mehrere Gründe: Zum einen werden die diplomatischen Vertretungen in Kriegsregionen häufig geschlossen. Zum anderen ist die Vergabe eines Visums nach EU-Visakodex an strenge Bedingungen geknüpft, wie etwa dem Nachweis von ausreichenden finanziellen Mitteln.
Die Agentur der Europäischen Union für Menschenrechte (FRA) hat die Zahl der Schengen-Visa verglichen, die in Syrien vor und nach Beginn des Bürgerkriegs ausgestellten wurden: Während 2010 in Syrien noch rund 35.000 Schengen-Visa ausgestellt wurden, lag die Zahl 2013 fast bei Null.
Ohne ein Visum ist es auch nicht möglich, ein Flugzeug zu besteigen, um nach Europa zu gelangen. Denn nach einer EU-Richtlinie von 2001 gilt in dem Fall die Fluggesellschaft als "Beförderungsunternehmen", das sich als solches strafbar macht und eine entsprechende Geldstrafe zahlen muss.
Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems
Im April 2024 wurde eine umfassende Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vom EU-Parlament verabschiedet. Die wichtigsten Bausteine der Reform sind:
- Screeningverordnung
- Asylverfahrensverordnung
- Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung
- Krisen- und "force majeure" Verordnung
Screeningverordnung
Personen, die die Außengrenzen der Europäischen Union irregulär überschreiten, müssen zunächst ein "Screening"-Verfahren durchlaufen (Artikel 1). Dabei werden ihre Fingerabdrücke abgenommen und ihre Identität, Gesundheitszustand sowie potentielle Sicherheitsrisiken festgestellt. Das Verfahren soll in der Nähe der Grenzen stattfinden und maximal sieben Tage dauern. Die einreisenden Personen können für die Zeit des Verfahrens festgehalten werden (Artikel 6). Nach dem Screening werden die einreisenden Personen entweder in das Asyl- oder Rückführungsverfahren verwiesen. Die zuständigen Mitgliedstaaten sollen dafür sorgen, dass das Verfahren im Sinne der internationalen Abkommen zum Schutz der Menschenrechte stattfindet (monitoring mechanism – Artikel 10).
Weitere Informationen >>> LINK. Zum Text der Screening Verordnung – Stand 3.4.2024: LINK
Asylverfahrensverordnung
Diese neue Verordnung verändert grundsätzlich den Zugang zum Asylsystem für Personen, die Schutz in der EU suchen.
Grenzverfahren: Schnellverfahren für Personen aus bestimmten Herkunftsländern
- Bei Schutzsuchenden, die die EU-Außengrenzen betreten, an den EU-Außengrenzen festgenommen werden oder im Meer gerettet werden, wird künftig geprüft, ob ihr Asylgesuch im sogenannten Grenzverfahren (Artikel 43-45) bearbeitet werden muss.
- "Grenzverfahren" finden unter der sogenannten "Fiktion der Nicht-Einreise" statt (Artikel 43, Abs. 2). Es wird also rechtlich angenommen, dass sich die schutzsuchende Person noch nicht auf EU-Boden befände – obwohl das physisch der Fall ist.
- "Grenzverfahren" bedeutet in der Praxis, dass ein beschleunigtes Verfahren durchgeführt wird (Artikel 43). Die Betroffenen haben in solchen Verfahren nur einen eingeschränkten Zugang zu Rechtsmitteln gegen ablehnende Asylbescheide.
- Die Grenzverfahren sind vor allem für Personen vorgesehen, die aus Ländern kommen, die eine "Schutzquote" von 20 Prozent oder weniger aufweisen. Aber auch Personen, die keine Dokumente vorweisen können oder die bei der ersten Anhörung widersprüchliche Aussagen gemacht haben, müssen das Grenzverfahren durchlaufen (Artikel 43).
- Staaten, die für die Durchführung der Grenzverfahren zuständig sind, sollen dafür sorgen, dass Schutzsuchende nicht das Grenzgebiet verlassen, solange sie im Verfahren sind (Artikel 54). Das heißt, sie können die Schutzsuchenden unter haftähnlichen Bedingungen festhalten.
- Dafür sind insgesamt 30.000 Plätze in Einrichtungen an den EU-Grenzen vorgesehen (Artikel 46).
- Grenzverfahren dürfen maximal 12 Wochen dauern (Artikel 51).
Zulässigkeitsprüfungen
- In sogenannten Zulässigkeitsprüfungen (Artikel 38) können die Asylbehörden prüfen, ob der Schutzsuchende aus einem Land eingereist ist, in dem er Asyl hätte beantragen können (first country of asylum – "erstes Asyl-Land") – oder aus einem "sicheren Drittstaat" (safe third country).
- Als "erstes Asyl-Land" und "sicherer Drittstaat" werden Staaten bezeichnet (Artikel 57), in denen angenommen wird, dass den Schutzsuchenden keine Verfolgung oder unmenschliche Behandlung drohen. Auch dürfen sie von dort nicht in lebensgefährliche Situationen abgeschoben werden (refoulment). Die Staaten müssen Menschenrechte beachten und den Asylbewerber*innen etwa Zugang zu Gesundheitsversorgung und Lebensunterhalt gewähren. Die Bezeichnung "sicherer Drittstaat" kann sich zudem auch nur auf eine oder mehrere Regionen eines Staates beziehen, es muss also nicht der gesamte Staat sicher sein. Auch soll es genügen, dass der Staat für bestimmte Personengruppen sicher ist.
- Wenn das Asylgesuch für unzulässig erklärt wird, muss die/der Asylbewerber*in die EU verlassen und wird in den „sicheren Drittstaat“ abgeschoben.
Weitere Informationen >>> LINK. Zum Text der Asylverfahrensverordnung – Stand 3.4.2024 >>> LINK
Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung
Die Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung schafft die Voraussetzungen für eine Verteilung von Schutzsuchenden innerhalb der Europäischen Union. Dadurch wird zum Teil die Dublin-III-Verordnung ersetzt.
Die Zuständigkeit für Asylbewerber*innen bleibt prinzipiell bei den Staaten, in denen sie zuerst einreisen (s. oben). Wenn diese jedoch unter erhöhtem "Migrationsdruck" (migration pressure) stehen, können sie die anderen Mitgliedstaaten um Hilfe bitten (Artikel 10).
Jedes Jahr soll die Europäische Kommission einen Bericht erstellen, auf dessen Grundlage ein "Solidaritätspaket" (solidarity pool) mit verfügbaren Kapazitäten, nötigen finanziellen Mitteln und einem Verteilungsschlüssel erarbeitet wird (Artikel 12). Die Mitgliedstaaten sollen jährlich mindestens 30.000 Schutzsuchende verteilen und 600 Millionen Euro für Aufnahmemaßnahmen zur Verfügung stellen (Artikel 12). Die Mitgliedstaaten sichern eine bestimmte Zahl an Plätzen (pledge) für die Verteilung zu. Staaten, die keine Schutzsuchenden aufnehmen wollen, können sich finanziell an dem "Solidaritätspaket" beteiligen oder eigene Mittel und Personal zur Verfügung stellen.
Weitere Informationen >>> LINK. Zum Text der Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung – Stand 3.4.2024 >>> LINK
Krisenverordnung
In Krisensituationen sollen einzelne EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, ein Notfall-Asylsystem zu aktivieren (Artikel 1). Das kann geschehen wenn:
- die Zahl der Schutzsuchende, die in einen Mitgliedstaat einreisen, außergewöhnlich steigt,
- ein Drittstaat Fluchtmigration "instrumentalisiert", um einen EU-Mitgliedstaat zu destabilisieren.
Um die "Krisenverordnung" zu aktivieren benötigen die betroffenen Mitgliedstaaten einen Beschluss des Europäischen Rats.
Wird die "Krisenverordnung" aktiviert, gelten unter anderem folgende Sonderregeln:
- Ankommende Schutzsuchende werden im Eilverfahren registriert und ihre Anträge bearbeitet (Artikel 10),
- Sie können bis 18 Wochen im "Grenzverfahren" (s. oben) und somit in haftähnlichen Bedingungen bleiben (Artikel 11),
- Abgelehnte Asylbewerber*innen können im Eilverfahren abgeschoben werden.
Betroffene Mitgliedstaaten können von anderen EU-Ländern "Solidaritätsbeiträge" anfordern: Asylbewerber*innen und anerkannte Flüchtlinge können auf andere Mitgliedstaaten umverteilt werden (Artikel 4). Alternativ dazu können die anderen Mitgliedstaaten Unterstützung bei der Bearbeitung der Asylanträge beziehungsweise finanzielle Unterstützung anbieten. Die Sonderbedingungen unter der "Krisensituation" dauern drei Monaten und können einmal um weitere drei Monate verlängert werden (Artikel 5).
Weitere Informationen >>> LINK. Zum Text der Krisen- und "force majeure" Verordnung – Stand 3.4.2024 LINK
Weitere Reformen
- Neue Eurodac Verordnung: regelt die Erfassung von persönlichen und biometrischen Daten von Asylsuchenden und den Datenaustausch zwischen verschiedenen EU-Datenbanken.
- Anerkennungsverordnung: soll die Kriterien für die Vergabe von einzelnen Schutzformen in der gesamten EU harmonisieren; schränkt den Fortzug von Personen ein, die bereits in einem EU-Mitgliedstaat Schutz bekommen haben.
- Flüchtlingsaufnahme-Richtlinie: soll die Kriterien für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Bereichen Unterkunft, Schulbildung und Gesundheitsversorgung harmonisieren; Asylbewerber*innen sollen künftig EU-weit die Möglichkeit haben, spätestens sechs Monate nach Antragstellung eine Arbeit aufzunehmen.
- Resettlement Framework: schafft zum ersten Mal einen gemeinsamen rechtlichen Rahmen für die Aufnahme von Schutzsuchenden aus Drittstaaten (Resettlement).
Geschichte des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems
Das Grundkonzept eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) wurde 1999 im sogenannten Tampere Programm definiert und 2004 durch das sogenannte Haager Programm bestätigt. Ziel war es, europaweit einheitliche Standards für die Asylverfahren und die möglichen Rechtsstatus für Geflüchtete zu etablieren.
Im Juni 2013 verabschiedete das Europäische Parlament die neuen Vorschriften, die 2015 von allen Mitgliedstaaten übernommen wurden. Den Kern bilden zwei Verordnungen und mehrere Richtlinien, unter anderem:
- Die Dublin III - Verordnung regelt die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und die Möglichkeit der Inhaftierung von Flüchtlingen.
- Die EURODAC-Verordnung regelt den Aufbau eines Fingerabdruck-Systems zur Kontrolle der Umsetzung der Dublin-Verordnungen.
- Die Qualifikations-Richtlinie regelt, wer als Flüchtling gilt.
- Die Aufnahme-Richtlinie regelt, wie die Aufnahme und Behandlung von Asylsuchenden zu erfolgen hat.
- Die Asylverfahrens-Richtlinie regelt die Grundlagen der Asylverfahren.
Was ist FRONTEX?
Frontex ist die europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache. Ursprünglich als Koordinierungsstelle für die Grenzpolizeien der EU-Mitgliedstaaten gedacht, hat die Agentur zunehmend operative Funktionen übernommen. Dazu gehören unter anderem:
- Schiffe, Flugzeuge, Ausrüstung und Personal zur Überwachung der EU-Außengrenzen bereitstellen,
- Grenzpolizist*innen aus allen Mitgliedstaaten trainieren und bei gemeinsamen Operationen koordinieren,
- Grenz- und Küstenwachebeamte sowie Ausrüstung in EU-Mitgliedstaaten für Soforteinsätze senden,
- EU-Mitgliedstaaten bei Abschiebungen unterstützen,
- Grenzpolizeien in Drittstaaten unterstützen.
Bis 2027 soll die Agentur weiter ausgebaut werden: Es soll eine ständige Reserve mit 10.000 Einsatzkräften entstehen. Frontex soll außerdem die EU-Mitgliedstaaten stärker bei Abschiebungen und Drittstaaten beim "Grenzenmanagement" unterstützen.
Vorwürfe gegen Frontex
Schon seit mehreren Jahren steht Frontex in der Kritik wegen vermeintlicher Menschenrechtsverletzungen bei Grenzoperationen. Die Agentur soll Grenzpolizist*innen der Mitgliedstaaten bei gewaltsamen Festnahmen und Zurückweisungen unterstützt haben. In den vergangenen Monaten wurden zahlreiche Fälle an den Grenzen dokumentiert – vor allem von Medien und NGOs:
- Frontex-Einheiten sollen die griechische Küstenwache dabei unterstützt haben, Bootsflüchtlinge in türkische Gewässer zurückzuschieben,
- Frontex soll die Koordinaten von Geflüchteten in Seenot an die sogenannte libysche Küstenwache vermittelt haben, um ihre Festnahme zu ermöglichen,
- Frontex-Einheiten sollen an verschiedenen Grenzübergängen anwesend gewesen sein, an denen gewaltsame Zurückschiebungen stattgefunden haben (s. Karte).
Der schwerste Vorwurf gegen Frontex ist, dass die Agentur an unrechtmäßigen Zurückweisungen (Pushbacks) beteiligt gewesen sein soll – siehe hierzu: Was sind Pushbacks?.
Die Beteiligung an illegalen Pushbacks ist nur einer von mehreren Vorwürfen, die in den vergangenen Monaten gegen Frontex erhoben wurden. So hat der Europäische Rechnungshof festgestellt, dass die Agentur die Mitgliedstaaten nicht im vorgesehenen Maße bei der Grenzüberwachung unterstützt. Noch schwerwiegender sind aber die Vorwürfe der EU-Behörde für Betrugsbekämpfung (Olaf): Laut Medienberichten geht es unter anderem um Fälle von Belästigung und Betrug innerhalb der Agentur.
In einem im Juli 2021 erschienenen Bericht der Kontrollgruppe über die Aktivitäten von Frontex des Europäischen Parlaments heißt es, die Agentur hätte vertrauenswürdige Berichte von internationalen Organisationen über Menschenrechtsverletzungen an den EU-Grenzen systematisch ignoriert.
Wer prüft die Aktivitäten von Frontex?
Die Aktivitäten von Frontex werden von verschiedenen Instanzen beaufsichtigt.
- An erster Stelle steht der Verwaltungsrat. Dieser besteht aus Vertreter*innen der Grenzbehörden der Schengen-Staaten plus Großbritannien und Irland und Vertreter*innen der Europäischen Kommission.
- Für die Wahrung der Grundrechte ist das "Consultative Forum" zuständig. Dazu gehören Vertreter*innen von 13 internationalen Institutionen und Menschenrechts-Organisationen. In seinem jüngsten Bericht aus dem Jahr 2020 hat das "Consultative Forum" die Vorwürfe über Menschenrechtsverletzungen als äußerst besorgniserregend bezeichnet.
- Hinzu kommt der Menschenrechtsbeauftragte, dessen Aufgabe ist, Grenzschutzoperationen zu bewerten, Operationgebiete zu besuchen und Berichte von Menschenrechtsverletzungen zu prüfen.
- Im März 2021 hat das Europäische Parlament zudem eine 14-köpfige Kontrollgruppe einberufen mit dem Auftrag, die Vorwürfe gegen Frontex zu prüfen. Die Kontrollgruppe hat im Juli 2021 einen Bericht veröffentlicht, in dem sie Frontex explizit vorwirft, Berichte über Menschenrechtsverletzungen bewusst ignoriert zu haben.
Migrationspolitik EU-Afrika
Die EU und einzelne europäische Staaten haben in der Vergangenheit mehrere umstrittene Abkommen mit afrikanischen Staaten geschlossen, um Migrationsbewegungen zu reduzieren. Spanien begann schon in den 1990er Jahren seine Migrationskontrolle nach Westafrika zu verschieben. 1998 legte die österreichische Präsidentschaft dem Europäischen Parlament ein "Strategiepapier zur EU-Migrations- und Asylpolitik" vor, in dem es unter anderem darum ging, Drittstaaten in das europäische Grenzsystem miteinzubeziehen.
Die spanische Regierung schloss 2005 im Rahmen des "Plan África" mehrere Abkommen mit westafrikanischen Staaten, unter anderem Marokko, Mauretanien, Mali und Senegal. Dabei ging es darum, irreguläre Einwanderer zurückzuführen und Migrationsrouten enger zu überwachen – auch mithilfe des spanischen Militärs. Im Gegenzug bekamen die afrikanischen Staaten mehr Entwicklungshilfe. Nach einem ähnlichen Muster ging die italienische Regierung 2008 ein „Freundschaftsabkommen“ mit dem libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi ein.
Die Flüchtlingszahlen gingen zurück – doch gleichzeitig dokumentierten spanische und italienische Menschenrechtsorganisationen sowohl in Mauretanien als auch in Libyen willkürliche Inhaftierungen, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen. Trotzdem bildeten diese Abkommen die Blaupause für zukünftige Vereinbarungen zwischen europäischen und afrikanischen Staaten.
Innerhalb von fast 20 Jahren gab es zahlreiche Gipfel und Prozesse, in denen – neben wirtschaftlicher Kooperation und Entwicklungshilfe – Migrationskontrolle eine zentrale Rolle spielte:
Wichtigste Ereignisse in der EU-Afrika-Migrationspolitik
• 2000 – Abkommen von Cotonou
2000 beschloss die EU gemeinsam mit 79 afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten im „Abkommen von Cotonou“ die erste supranationale Vereinbarung zur Migrationskontrolle. Die Vertragspartner sicherten sich die gegenseitige Rücknahme von irregulären Migranten zu.Quelle
• 2006 – Rabat-Prozess
Seit 2006 beteiligten sich 23 westafrikanische Staaten sowie weitere zentral- und nordafrikanische Staaten an dem „Rabat-Prozess“, der durch die EU initiiert wurde. Sie verfolgten das Ziel, irreguläre Migration vor allem aus Westafrika zu bekämpfen. Der „Rabat-Prozess“ leitete die stärkere Grenzkontrolle zwischen afrikanischen Staaten ein. Die Binnenmigration innerhalb Afrikas sollte so reduziert werden. Im Rahmen des Prozesses hat sich die EU zudem dazu verpflichtet, legale Migration zu fördern und die Synergie zwischen Migration und Entwicklung zu stärken.Quelle
• 2007 – Gemeinsame Strategie Afrika-EU
Die „Gemeinsame Strategie Afrika-EU“ wurde 2007 zwischen den 55 Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union und den Mitgliedstaaten der EU vereinbart. Beide Staatengemeinschaften beschlossen die „Bekämpfung illegaler Migration“ und entschieden, bei der Grenzkontrolle und Rücknahme von Migranten zu kooperieren.Quelle
• 2012 – Kooperation EU-Niger
Im Rahmen der zivilen Mission EUCAP Sahel-Niger haben der Europäische Rat und die nigrinische Regierung 2012 vereinbart, gemeinsame Maßnahmen zur „Verhinderung der irregulären Einwanderung und Bekämpfung damit verbundener Kriminalität“ einzuführen. Der westafrikanische Staat gilt als einer der wichtigsten Umschlagplätze für irreguläre Migration südlich der Sahara.
• 2014 – Karthoum-Prozess
Im Khartoum-Prozess fokussierte die EU die Zusammenarbeit mit elf ostafrikanischen Herkunfts- und Transitländern im Horn von Afrika. Die Verhandlungspartner verständigten sich zur Zusammenarbeit beim „Grenzmanagement“ und begründeten dies mit dem Ziel, „Menschenhandel und Schleuser einzudämmen“.Quelle
• 2015 – Valletta-Aktionsplan
Anders als von der EU erwartet, wurden nicht mehr ausreisepflichtige afrikanische Migranten zurückgeführt. Deshalb versuchte die Europäische Union, ihre vergangenen Vereinbarungen im Valetta-Prozess von 2015 zusammenzubringen. An ihm beteiligten sich die Regierungschefs von 66 Ländern aus Afrika und Europa sowie die Vorsitzenden zahlreicher internationaler Organisationen. Die EU-Politiker strebten danach, „Laissez-Passers“-Papiere – selbstausgestellte Abschiebepapiere – einzuführen. Sie scheiterten jedoch mit ihrem Vorhaben.Quelle
• 2015 – EU-Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika
Im Rahmen des Valletta-Aktionsplans hat die EU einen Nothilfe-Treuhandfonds eingerichtet, der das Ziel hat, Fluchtursachen in den Herkunftsstaaten zu bekämpfen und irreguläre Migration zu unterbinden. Der Fonds hat bislang 177 Projekte in Ost-, Nord- und Westafrika (Sahel) finanziert und verfügt über ein Budget von 3,4 Milliarden Euro (Stand: März 2018).Quelle
• 2017 – Gipfeltreffen der Europäischen und Afrikanischen Union in Abidjan
Im Rahmen der "Gemeinsamen Strategie Afrika-EU" (siehe oben) haben die Mitglieder der Europäischen und Afrikanischen Union in der ivorischen Hauptstadt vereinbart, eine gemeinsame Arbeitsgruppe "Migration" einzurichten. Dabei geht es in erster Linie um die Bekämpfung der irregulären Migration – insbesondere von und nach Libyen.
News Zum Thema: EU-Asylpolitik
Zahlen und Fakten Immer mehr ukrainische Geflüchtete in Arbeit
Immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine finden einen Job: Im Juli gingen rund 266.000 Ukrainer*innen einer Beschäftigung nach – rund 50.000 mehr als noch im Januar. Viele von ihnen beginnen mit niedrig Qualifizierten Tätigkeiten
Abschiebungen nach Afghanistan "Abschieberegeln gelten nicht nur für Straftäter"
Zum ersten Mal nach der Machtübernahme durch die Taliban 2021 hat Deutschland 28 straffällige Personen nach Afghanistan abgeschoben. Ist das im Einklang mit dem internationalen Asylrecht? Im Interview mit dem Mediendienst erläutert Rechtswissenschaftler Winfried Kluth den rechtlichen Rahmen.
10 Jahre nach dem Völkermord Wie ist die Situation von Jesiden in Deutschland?
Vor zehn Jahren begann der Völkermord der Terrorgruppe "Islamischer Staat" im Irak an der jesidischen Bevölkerung. Mehr als 100.000 Menschen suchten seitdem Schutz in Deutschland. Wie ist die Lage für Jesidinnen und Jesiden heute?