Jüdische Einrichtungen erleben immer wieder antisemitische Angriffe – das zeigt eine Umfrage des Zentralrats der Juden 2024 unter Vorsitzenden von Gemeinden: 42 Prozent der jüdischen Gemeinden in Deutschland waren 2024 (Stand Oktober) von antisemitischen Vorfällen betroffen, darunter Beleidigungen, Zuschriften, Drohanrufe und Schmierereien.Quelle
Der antisemitische Anschlag auf die Synagoge in Halle/Saale am 9. Oktober 2019 legte eklatante Sicherheitsmängel an Synagogen in Deutschland offen: Nur wenige Synagogen in Deutschland waren gut geschützt, die Gemeinden mussten Maßnahmen wie Zäune, Poller, Einlassschleusen oder Videoüberwachung häufig selbst finanzieren. Viele konnten das nicht stemmen oder es ging auf Kosten des Gemeindelebens.
Sicherheitsüberprüfungen der Polizei nach dem Anschlag haben ergaben, dass mehrere Millionen Euro nötig sind, um Sicherheitslücken zu schließen. In wenigen Ländern handelte es sich um kleine Korrekturen. Einige Länder wie Berlin, Bayern oder NRW haben schon vor dem Anschlag viel für die Sicherheit von Gemeinden getan. Andere Länder hatten sich nicht an den Kosten für Schutzvorkehrungen beteiligt. Nach dem Anschlag haben Bund und Länder versprochen, Synagogen und andere jüdische Einrichtungen besser zu schützen.
Drei MEDIENDIENST-Recherchen 2020, 2021 und 2024 zeigen: Bund und Länder haben Millionen Euro zugesagt, um den Schutz von Synagogen zu verbessern. Das Schutzniveau hat sich deutlich verbessert. Und die Zusagen waren keine kurzfristige Angelegenheit. Die meisten Bundesländer, die Angaben machten, haben auch in den Folgejahren Gelder für Schutzmaßnahmen an jüdische Einrichtungen gezahlt und haben das auch in den nächsten Jahren vor. In manchen Ländern wurden die Gelder 2023 nochmal deutlich erhöht, so in Berlin, Bayern und Hessen.
Probleme sind weiterhin: Viele Gemeinden bleiben noch immer auf Kosten sitzen. In Baden-Württemberg gibt es etwa eine Selbstbeteiligung von Gemeinden für Sicherheitsmaßnahmen. Einige Bundesländer übernehmen nicht die Kosten für private Sicherheitsdienste – viele Gemeinden brauchen aber einen solchen Wachdienst, da die Polizei die Gemeinden nur unregelmäßig oder bei größeren Festen bewacht. Gemeinden berichten, dass die bürokratischen Hürden, um an die Gelder zu kommen, oft sehr hoch sind. Das ist gerade für kleine Gemeinden mit ehrenamtlichen Mitarbeitern schwierig.
Weitere Informationen
>> MEDIENDIENST (2024): 5 Jahre nach dem Anschlag in Halle, Recherche mit Experteneinschätzungen
>> MEDIENDIENST (2021): Können Jüdinnen und Juden in Deutschland sicher leben?, Pressegespräch, hier beschreibt Gemeindevorsitzende Seidler, was Sicherheitsmaßnahmen für das Gemeindeleben bedeuten
>> MEDIENDIENST (2021): Schutz jüdischer Einrichtungen zwei Jahre nach Halle, Recherche mit Experteneinschätzungen
>> MEDIENDIENST (2020): Schutz jüdischer Einrichtungen ein Jahr nach Halle, Recherche
>> MEDIENDIENST (2020): Synagogen sind nicht gut genug geschützt, Pressegespräch, hier berichtet Naomi Henkel-Gümbel, Überlebende des Anschlags in Halle