Wie viele Schwarze Menschen in Deutschland leben wird nicht statistisch erfasst. Anders als etwa in den USA, wo Ethnizitäten in Statistiken abgefragt werden (siehe unten).
Laut Mikrozensus 2023 leben 1,27 Million Menschen mit afrikanischem MigrationshintergrundEine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde, so das Statistische Bundesamt (Destatis). Quelle: Statistisches Bundesamt, LINK. in Deutschland. Der Wert ist jedoch nur eine grobe Annäherung an die Zahl der Schwarzen, afrikanischen und afrodiasporischen Menschen: Sie leben teilweise in der sechsten Generation in Deutschland. Viele haben weder selbst noch deren Eltern eine afrikanische Staatsbürgerschaft, zum Beispiel Afroamerikaner*innen oder Schwarze Menschen aus Frankreich und kommen somit nicht in der StatistikDie Studie "Being black in the EU" arbeitet mit einem Sample, das nur Immigrant*innen aus afrikanischen Ländern der Sub-Sahara und ihre Nachkommen miteinschließt. Quelle: European Union Agency For Fundamental Rights (2023): "Being Black In The EU. Experiences Of People Of African Descent", S. 11, LINK. vor.
Zudem kann es sein, dass nicht ausreichend Schwarze Menschen an den Befragungen teilnehmen, die sich an die gesamte Bevölkerung richten. Auf Grund dieser Verzerrungen geht der Verein EOTOEOTOlehnt ihre Schätzung aus dem Afrozensus 2020 an die Erstergebnisse des Mikrozensus 2020 an. Dieser zählt 985.000 Menschen mit afrikanischem Migrationshintergrund. Basierend darauf schätzt EOTO, dass über eine Million Menschen mit afrikanischem Migrationshintergrund in Deutschland lebten. davon aus, dass eine größere Anzahl Schwarzer Menschen in Deutschland lebt als aus dem Mikrozensus hervorgeht.Quelle Aikins et al. (2021): „Afrozensus 2020. Perspektiven, Anti-Schwarze Rassismuserfahrungen und Engagement Schwarzer, afrikanischer und afrodiasporischer Menschen in Deutschland", S. 56f. sowie Anhang 1, LINK, LINK; Statistisches Bundesamt (2021): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Bevölkerung nach Migrationshintergrund. Ergebnisse des Mikrozensus 2020. Fachserie 1. Reihe 2.2. Seite 62. LINK; Statistisches Bundesamt (2024): Mikrozensus - Bevölkerung nach Migrationshintergrund. Erstergebnisse 2023, Tabelle 12211-03 LINK.
Der Afrozensus ist die erste umfassende Studie, die 2020 die Lebensrealitäten Schwarzer Menschen in Deutschland erfasst hat. Die StudieDie Studie wurde erstmals im Jahr 2020 durchgeführt und 2021 veröffentlicht. Es ist ein Projekt des Vereins Each One Teach One (EOTO) e.V. und wird von einem breiten Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen getragen. Kooperationspartner sind Citizens for Europe (CFE) gUG und das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM). Das Ziel der Befragung ist es, mehr Sichtbarkeit für die über eine Millionen in Deutschland lebenden Schwarzen Menschen zu erreichen und somit auch eine verbesserte Interessenvertretung zu ermöglichen. Anhand der Ergebnisse lassen sich Handlungsvorschläge formulieren, um rassistische Diskriminierung zu bekämpfen und Schwarze, afrikanische und afrodiasporische Menschen zu fördern. Quelle: Each One Teach One: „Afrozensus FAQ", LINK. zeigt: Es handelt sich um eine Gruppe mit sehr unterschiedlichen Migrationsgeschichten. Die Befragten des Afrozensus sind in 144 verschiedenen Ländern geboren. 71 Prozent in Deutschland. Zudem sind Schwarze Menschen in Deutschland vergleichsweise jung. Die Teilnehmenden des Afrozensus sind zwischen 20 und 39 Jahre alt. Dies deckt sich auch mit Erhebungen des Mikrozensus.Quelle Aikins et al. (2021): „Afrozensus 2020. Perspektiven, Anti-Schwarze Rassismuserfahrungen und Engagement Schwarzer, afrikanischer und afrodiasporischer Menschen in Deutschland", S. 75, LINK; Aikins et al. (2021): „Afrozensus 2020. Perspektiven, Anti-Schwarze Rassismuserfahrungen und Engagement Schwarzer, afrikanischer und afrodiasporischer Menschen in Deutschland", S. 66, LINK.
Datenerfassung in anderen LändernDas United States Census Bureau führt Bevölkerungsbefragungen in den USA durch. In diesen wird nach "Race/Ethnicity" gefragt, die Personen als Selbstidentifikation angeben können. Auch in einigen anderen Ländern wird die Kategorie (auf unterschiedliche Weise) erfragt so zum Beispiel auch in Kanada und dem Vereinigten Königreich (England und Wales, Schottland und Nordirland).Quelle United States Census Bureau: "Why We Ask Questions About...Race", LINK; Mehr dazu: United States Census Bureau: "What Updates to OMB’s Race/Ethnicity Standards Mean for the Census Bureau", LINK.
Erfassung von Diskriminierungsbetroffenheit in statistischen BefragungenAnders als in den USA wird Ethnizität in Deutschland nicht in Statistiken abgefragt und erfasst. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs hat Deutschland keine Informationen über die ethnische Herkunft seiner Bewohner*innen gesammelt. Im Mikrozensus wird lediglich nach Staatsbürgerschaften bzw. zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund.Mehr dazu in unserem Factsheet sowie in der MEDIENDIENST-Expertise. unterschieden. Ein Nachteil: Die Daten sagen nichts über die Betroffenheit von rassistischer Diskriminierung aus. Personen aus Forschung und Antidiskriminierungsarbeit fordernMehr dazu in unserem Artikel, andere Daten zu erheben, sogenannte Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten.Mehr dazu: Ahyoud et al. (2018): „Wer nicht gezählt wird, zählt nicht. Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten in der Einwanderungsgesellschaft – eine anwendungsorientierte Einführung", In: Citizens for Europe (Hrsg.): „Vielfalt entscheidet – Diversity in Leadership", LINK; Neue deutsche Organisationen (2017): „Gleich ≠ Gleich. Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten im Gespräch", LINK; Aikins (2015): „Parallelbericht an den UN-Antirassismusausschuss zum 19.–22. Bericht der Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 9 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von rassistischer Diskriminierung. Rassistische Diskriminierung in Deutschland. Erscheinungsformen und menschenrechtliche Verpflichtungen zum Schutz vor rassistischer Diskriminierung", LINK; Aikins et al. (2019): „Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten (ADGD) in Deutschland und im internationalen Kontext Eine Expertise von Citizens For Europe", LINK. Auch die EU-Agentur für Grundrechte (FRA) fordert die EU-Mitgliedsstaaten 2023 in ihrem Bericht „Being Black in the EU" dazu auf. Eine Expertise der Antidiskriminierungsstelle des Bundes empfiehlt, sich der Erfassung einer Diskriminierungsbetroffenheit anhand einer dreiteiligen FragestellungEs erfolgt die Angabe der objektiven Daten wie etwa Staatsangehörigkeit und Geburtsland, der subjektiven Selbstauskunft (z.B.: „Welcher der folgenden Gruppen fühlen Sie sich am ehesten zugehörig?") sowie der selbst wahrgenommenen Fremdzuschreibung (z.B.: „Werden Sie üblicherweise als weiße*r Deutsche*r wahrgenommen?“). Mehr dazu: Baumann, Egenberger, Supik (2018): „Erhebung von Antidiskriminierungsdaten in repräsentativen Wiederholungsbefragungen. Bestandsaufnahme und Entwicklungsmöglichkeiten", Antidiskriminierungsstelle des Bundes (Hrsg.), S. 86-91. LINK. anzunähern. Aktuell forscht das Netzwerk Antidiskriminierungsdaten (Equality Data) zum Thema. Das Statistische Bundesamt plant bisher nicht, Daten zu Diskriminierungserfahrungen abzufragen.Quelle Vierter Bericht der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 25 Absatz 2 des Rahmenübereinkommens des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten, S.35, LINK; Baumann, Egenberger, Supik, (2018): „Erhebung von Antidiskriminierungsdaten in repräsentativen Wiederholungsbefragungen. Bestandsaufnahme und Entwicklungsmöglichkeiten", Antidiskriminierungsstelle des Bundes (Hrsg.), S. 83-91, LINK.