Pressegespräch

„Einwanderung ist ein Angstthema“

Eingewanderte und geflüchtete Menschen werden in Medien häufig negativ dargestellt. Wie kann eine ausgewogenere Berichterstattung aussehen? Darüber diskutierten die Journalist*innen Bettina Schausten vom ZDF und Jaafar Abdul Karim von der Deutschen Welle sowie der Medienforscher Thomas Hestermann.

In Medienberichten kommen Eingewanderte häufig vor, wenn es um Kriminalität und Risiken der Migration geht. Foto: dpa

"Einwanderung ist vor allem ein Angstthema", sagt der Medienfoscher Thomas Hestermann. Bei einem Pressegespräch des MEDIENDIENSTES stellte er seine Untersuchung zur Migrationsberichterstattung in Leitmedien vor. In der Berichterstattung kommen Migrant*innen häufig dann vor, wenn es um Gewalt, Risiken oder um eine vermeintliche "Überfremdung" geht, so sein Ergebnis. QuelleHestermann, Thomas (2020): Berichterstattung über Eingewanderte und Geflüchtete: Die Unsichtbaren. Eine Expertise für den Mediendienst Integration

Bettina Schausten, stellvertretende Chefredakteurin beim ZDF, mahnte beim Pressegespräch: "Menschen mit Einwanderungsgeschichte dürfen nicht nur im Zusammenhang mit Kriminalität dargestellt werden." Die "Black Lives Matter"-Bewegung in diesem Jahr habe zum Beispiel dazu geführt, dass beim ZDF viel häufiger über die  Sprache in der Berichterstattung über Rassismus debattiert werde. Auch in puncto Vielfalt gebe es bei vielen Medienhäusern ein Problem, sagt Schausten – das gelte auch für das ZDF. Der Journalismus brauche vom Praktikant*in bis hin zur Chefredakteur*in mehr Diversität.

"Migrationsgeschichten als Vorteil auffassen"

Diese Einschätzung teilt Jaafar Abdul Karim, der seit neuestem Mitglied der Chefredaktion der Deutschen Welle ist. Über redaktionelle Vielfalt sagt er: "Vieles ist möglich, aber vieles ist noch nicht da, wo es sein soll." Zwar seien etliche Redaktionen diverser geworden – Journalist*innen mit Migrationsgeschichte würden aber noch vor viele Hürden gestellt werden. Als "Abdul Karim" habe er immer mehr tun und sich stärker beweisen müssen als andere Kolleg*innen.

Außerdem sollten eingewanderte und geflüchtete Journalist*innen nicht ausschließlich auf migrationsspezifische Themen reduziert werden, betont er. Ihr journalistisches Know-How müsse im Vordergrund stehen, nicht ihre Herkunft. Abdul Karim setzt sich dafür ein, dass Redaktionen die Migrationsgeschichten ihrer Mitarbeitenden als Vorteil und Kompetenz auffassen. Solche Biografien seien zusätzliche Erfahrungswerte und würden Zugänge zu neuen Communities schaffen.

Von Yunus Güllü