Arbeitsmarkt

Der Corona-Schock traf Geflüchtete hart

Schneller in Kurzarbeit, eher entlassen: Geflüchtete und Migrant*innen waren stärker von der Coronakrise betroffen als andere. Ein neuer Forschungsbericht zeigt: Die Situation hat sich etwas erholt, kann aber langfristig negative Folgen für Geflüchtete auf dem Arbeitsmarkt haben.

Migrant*innen waren in einigen Branchen besonders stark betroffen vom Corona-Schock, zum Beispiel in der Gastronomie oder im Dienstleistungsbereich. Hier ein angehender Mechatroniker in Berlin (Symbolbild). Foto: Picture Alliance

Die Krise auf dem Arbeitsmarkt traf viele Geflüchtete besonders hart. Das bestätigt ein neuer Berichtdes Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Vor allem während des ersten Lockdowns mussten sie häufiger in Kurzarbeit als andere Beschäftigte und verloren schneller ihre Jobs.

Die Situation habe sich inzwischen erholt. Doch die Forscher*innen sagen auch: Viele Geflüchtete konnten in der Pandemie keine Sprachkurse oder Maßnahmen des Jobcenters besuchen. Das könnte sich langfristig auf ihre Chancen auswirken, einen Job zu finden.QuelleInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB, Mai 2021):"Geflüchtete und andere Migranten sind überdurchschnittlich betroffen", Kurzbericht, Seite 1

DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE

Für den Bericht werteten die Forscher*innen sowohl Arbeitsmarkt-Statistiken aus (bis Dezember 2020) als auch BefragungenCOVID-19-Sonderbefragung und Hauptbefragung der IAB-SOEP-Befragung von Geflüchteten, der IAB-SOEP-Migrationsstichprobe und des Sozioökonomischen Panels (SOEP) zwischen April und August 2020. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Schnellere Entlassungen: Vor allem der erste Lockdown ab März 2020 traf Geflüchtete und Migrant*innen besonders hart. Zum Beispiel verloren rund 20.000 oder fünf Prozent der Beschäftigten aus Asylherkunftsländern ihre Jobs. Für sie war das Risiko arbeitslos zu werden dreimal so hoch wie für Menschen ohne Migrationshintergrund.QuelleInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB, Mai2021):Arbeitsmarktwirkungen der COVID-19-Pandemie, Forschungsbericht, Seite 9 sowie MEDIENDIENST (2021): "Wie viel Flüchtlinge haben Arbeit? Wie viele nicht?" (Rubrik), Link
  • Arbeitslosigkeit stark gestiegen: Bis Ende 2020 stieg die Arbeitslosenquote von Geflüchteten stärker (2,7 Prozentpunkte) als die von EU-Migrant*innen (2 Prozentpunkte) oder Deutschen ohne Migrationshintergrund (1 Prozentpunkt). Viele konnten nicht mehr an Sprach- oder Integrationskursen teilnehmen und rutschten in die Arbeitslosigkeit.QuelleInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB, Mai2021):Arbeitsmarktwirkungen der COVID-19-Pandemie, Forschungsbericht, Seite 6
  • Viel häufiger in Kurzarbeit: Die Berfragungen zeigten: Personen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete mussten deutlich häufiger in Kurzarbeit (je 25 Prozent der befragten Beschäftigten) als Personen ohne Migrationshintergrund (16 Prozent).QuelleInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB. Mai2021):Arbeitsmarktwirkungen der COVID-19-Pandemie, Forschungsbericht, Seite 17
  • Beschäftigung insgesamt wieder gestiegen: Als sich die Wirtschaft nach dem ersten Lockdown wieder erholte, fanden viele ausländische Beschäftigte, darunter viele Geflüchtete, schnell wieder einen Job. Ende 2020 hatten sogar mehr eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als Ende 2019 (plus von 2,9 Prozent). Bei Menschen ohne Migrationshintergrund waren es etwas weniger als im Vergleich zum Vorjahr (minus 0,5 Prozent).QuelleInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB, Mai2021):Arbeitsmarktwirkungen der COVID-19-Pandemie, Forschungsbericht, Seite 8

 

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Geflüchtete können seltener in Homeoffice wechseln

Was waren die Gründe dafür? Geflüchtete sind eher in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. Häufiger arbeiten sie mit befristeten Arbeitsverträgen und besonders häufig in Leiharbeit. Außerdem arbeiten sie seltener in Berufen, die auf Homeoffice umstellen konnten – was in manchen Bereichen zu Entlassungen oder Kurzarbeit führte.QuelleInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB, Mai2021):Arbeitsmarktwirkungen der COVID-19-Pandemie, Forschungsbericht, Seite 19 

Ein weiterer Grund: Viele Integrations- und Sprachkurse sowie Job-Eingliederungen fanden während der Pandemie nicht statt oder Geflüchtete konnten daran nicht teilnehmen. Wenn sie nicht an Maßnahmen teilnehmen, gelten sie in der Statistik als arbeitslos.QuelleInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB, Mai2021): "Geflüchtete und andere Migranten sind überdurchschnittlich betroffen", Kurzbericht, Seite 8

Das könnte ihren Zugang zum Arbeitsmarkt langfristig erschweren, so die Forscher*innen. Denn Sprachkurse und die Maßnehmen sind sehr wichtig, um später einen Job zu finden. Deshalb bleibt ihr Fazit verhalten: Zwar seien am Ende des Krisenjahrs 2020 wieder ähnlich viele Geflüchtete in Arbeit wie zuvor, der "günstige Integrationsverlauf" der letzten Jahre sei aber durch die Pandemie "deutlich zurückgeworfen" worden.QuelleInstitut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB, Mai2021):Arbeitsmarktwirkungen der COVID-19-Pandemie, Forschungsbericht, Seite 29

Von Carsten Janke