Begehen Ausländer öfter Straftaten als Deutsche?

In der polizeilichen Kriminalstatistik sind Ausländer überproportional vertreten. Alter, Geschlecht und sozioökonomische Bedingungen spielen eine Rolle.

2024 registrierten die Behörden in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) insgesamt 2.184.834 Tatverdächtige. 41,8 Prozent waren ausländische Tatverdächtige (913.196). Um die Zahlen von deutschen und ausländischen Tatverdächtigen zu vergleichen, müssen jedoch die „ausländerrechtlichen Verstöße“ herausgerechnet werden: Denn das sind Verstöße, die überhaupt nur von Ausländern, nicht aber von Deutschen begangen werden können, wie zum Beispiel die illegale Einreise. Die PKS gibt daher auch die Zahl der „Straftaten ohne ausländerrechtliche Verstöße“ an: 2024 wurden demnach insgesamt 1.967.731 Tatverdächtige registriert – von ihnen waren 696.873 ausländische Tatverdächtige, das sind 35,4 Prozent. Dies umfasst allerdings alle ausländischen Tatverdächtigen, selbst wenn sie gar nicht in Deutschland leben, sondern etwa gezielt eingereist sind, um eine oder mehrere Straftaten zu begehen (genaue Zahlen dazu unten). QuelleBundesministerium des Innern (2025): "Polizeiliche Kriminalstatistik 2024, Ausgewählte Zahlen im Überblick", Seite 12, LINK

Die Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) bildet das „Hellfeld“ der Straftaten ab – also all diejenigen Straftaten, die polizeilich bekannt geworden worden sind. Da nicht alle kriminellen Handlungen aufgedeckt und registriert werden, gibt es zudem ein großes Dunkelfeld. Die PKS ist außerdem eine sogenannte Ausgangsstatistik: Das bedeutet, dass sie alle Straftaten enthält, die die Polizei bearbeitet hat. Die meisten dieser Fälle führen nicht zu einer Anklage oder zu einem Urteil.Quelle Zum Dunkelfeld siehe BKA: "Kriminalistisch-kriminologische Analysen und Dunkelfeldforschung", LINK; zum Verhältnis von PKS und Urteilen Dezim/Harder (2024): "Falscher Verdacht? Die Kriminalstatistik der Polizei lässt viele Fehlschlüsse zu ", Link; zur PKS siehe Bundeskriminalamt: "Polizeiliche Kriminalstatistik 2023", LINK

Warum sind Ausländer überproportional in der Polizeilichen Kriminalstatistik vertreten?

35,4 ProzentDies beinhaltet alle Straftaten mit Ausnahme der ausländerrechtlichen Verstöße, zur Erklärung siehe erster Absatz des Artikels der Tatverdächtigen 2024 waren Ausländer. Sie sind damit in der Polizeilichen Kriminalstatistik überproportional vertreten: Der Anteil ausländischer Staatsbürger an der gesamten Wohnbevölkerung in Deutschland liegt bei rund 15 Prozent.QuelleBundesministerium des Innern (2025): "Polizeiliche Kriminalstatistik 2024", Seite 12, LINK Statistisches Bundesamt (2024): "Bevölkerung nach Migrationshintergrund und Geschlecht", Erstergebnisse 2023, LINK

Dies hat verschiedene Gründe.

Fehlende Vergleichbarkeit der Statistiken:

  • Zum einen sind die Zahlen zur ausländischen Wohnbevölkerung und zu ausländischen Tatverdächtigen nicht statistisch vergleichbar: Unter Straftaten von Ausländern werden alle Straftaten von Ausländern erfasst – auch von solchen, die ihren Wohnsitz gar nicht in Deutschland haben. Dazu zählen zum Beispiel Touristen und Personen, die gezielt die Grenze nach Deutschland überqueren, um eine Straftat zu begehen. Daher ist die statistische Vergleichbarkeit der ausländischen Wohnbevölkerung mit den ausländischen Tatverdächtigen nicht gegeben. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik hatten im Jahr 2023 insgesamt 19,5 Prozent der ermittelten ausländischen TatverdächtigenHierbei ist zu beachten, dass diese Zahl alle Tatverdächtigen inklusive ausländerrechtlicher Verstöße enthält. Die Wohnsitz-Zahlen ohne ausländerrechtliche Verstöße liegt aktuell nicht vor. ihren Wohnsitz im Ausland, bei weiteren 7,5 Prozent ist der Wohnsitz unbekannt.QuelleBundeskriminalamt (2024): Polizeiliche Kriminalstatistik, T29 Tatort-Wohnsitz-Beziehung nach nichtdeutschen Tatverdächtigen, Link
  • Zum anderen geraten Ausländer schneller in die Statistik, weil sie eher angezeigt werden als Deutsche: Studien haben gezeigt, dass Personen, die als „fremd“ wahrgenommen werden, häufiger angezeigt werden als Personen, die als „deutsch“ wahrgenommen werden. Ein Beispiel in Bezug auf jugendliche Gewaltdelikte: Sind Opfer und Täter deutsch, wird in 6,6 Prozent der Fälle angezeigt, ist das Opfer deutsch und der Täter nichtdeutsch, wird in 12 Prozent die Polizei informiert.Quelle Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen, Jugendliche in Niedersachsen (2023). Ergebnisse des Niedersachsensurveys 2022, Seite 60, Link
  • Möglicherweise geraten Ausländer zudem schneller in die Statistik, weil sie öfter polizeilich kontrolliert werden: Studien und Befragungen haben gezeigt, dass Angehörige von Minderheiten überdurchschnittlich oft von der Polizei kontrolliert werden.QuelleMediendienst Integration: "Racial Profiling: Zahlen und Studien", Link

Mehr Risikofaktoren für Kriminalität unter Zuwanderern:

  • Demografische Zusammensetzung der Tatverdächtigen:Ein gewisser Teil der häufigeren Registrierung von Ausländern ist darauf zurückzuführen, dass diese Bevölkerungsgruppe anteilig mehr junge Männer aufweist als die deutsche Bevölkerung. Bei Männern im Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenalter sind in allen Gesellschaften und zu allen Zeiten die höchsten Kriminalitätsraten zu beobachten. Besonders bedeutsam ist dieser Umstand bei der Einordnung der Registrierungshäufigkeit von in den letzten Jahren zugezogenen Asylsuchenden, unter denen sich erheblich mehr Männer in einem "kriminologisch relevanten" Alter befanden als in der Gesamtbevölkerung.QuelleWalburg, Christian (2020): "Migration und Kriminalität – Erfahrungen und neuere Entwicklungen", BPB, Link
  • Die sozioökonomischen Lebensbedingungen und eigene Gewalterfahrungen erhöhen das Risiko, Straftaten zu begehen. Migrant*innen sind häufiger mit belastenden Lebensumständen konfrontiert als Nichtmigrant*innen. So ist beispielsweise das Armutsrisiko höher und die Möglichkeiten der Teilhabe – z.B. am Arbeitsmarkt –, geringer. Auch Gewalterfahrungen im Herkunftsland und auf der Flucht zählen zu den belastenden Faktoren. Eine umfassende Studie zu Gewaltkriminalität von Schülern und Schülerinnen zeigt: Unabhängig von der Herkunft beeinflussten vor allem der sozioökonomische Status, Bildung, Normen, eigenes Gewalterleben sowie delinquente Freundeskreise und gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen das Risiko für kriminelles Verhalten.QuelleMediendienst Integration (2016):"Expertise zum Thema Kriminalität und Migration" und Walburg, Christian (2020): " Migration und Kriminalität – Erfahrungen und neuere Entwicklungen", BPB, Link; Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e. V. (2023): „Jugendliche in Niedersachsen. Ergebnisse des Niedersachsensurveys 2022", Forschungsbericht Nr. 169, S. 134 ff., LINK 
  • Ortsspezifische Faktoren: Eine Studie des ifo-Instituts aus dem Februar 2025 zeigt, dass ausländische Staatsangehörige in Deutschland tendenziell an Orten wohnen, die ohnehin schon eine erhöhte Kriminalitätsdichte aufweisen. Dort zu wohnen erhöht für Einwohner – unabhängig von der Nationalität – das Risiko, straffällig zu werden. Gründe sind die Infrastruktur, wirtschaftlichen Lage, Polizeipräsenz und Bevölkerungsdichte. Dass Flüchtlinge häufig in wirtschaftlich schwache Städte mit hoher Arbeitslosigkeit ziehen, liegt laut einer neuen Studie des WZB daran, dass sie nur dort günstigen Wohnraum finden.QuelleIfo-Instut (2025): "Steigert Migration die Kriminalität? Ein datenbasierter Blick", Link, WZB (2025): "Flüchtlinge zieht es oft in wirtschaftlich schwache Städte", Pressemitteilung, Link

Zu diesem Thema gibt es auch ein ausführliches Interview (schriftlich) und eine Podcast-Folge des Mediendienstes.