Immer wieder fordern Islam-Verbände bessere Schutzmaßnahmen für Moscheen, zum Beispiel Polizeistreifen während der Freitagsgebete oder Geld für Überwachungskameras. Welche Maßnahmen setzen die Bundesländer bereits um? Wie schätzen Sicherheitsbehörden die Bedrohungslage ein? Darüber haben wir mit Expert*innen gesprochen.
REFERENT*INNEN
Dietmar Bennemann
ist Leiter der Gruppe „Zentralstelle PMK -links-/-rechts-“ in der Abteilung Polizeilicher Staatsschutz des BKA, die politisch motivierte Kriminalität bekämpft.
Aiman Mazyek
ist Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD). Er fordert seit langem bessere Sicherheitskonzepte für muslimische Einrichtungen.
Dr. Yasemin El-Menouar
ist Soziologin und Leiterin des Religionsmonitors der Bertelsmann Stiftung. Sie untersucht regelmäßig die Einstellungen der Bevölkerung zum Islam.
STATEMENTS DER REFERENT*INNEN (AUSZÜGE)
Dietmar Bennemann
"Für das Jahr 2020 hat das Bundeskriminalamt 103 Fälle der politisch motivierten Kriminalität mit dem Angriffsziel Moschee erfasst. Der Großteil dieser Fälle ist rechts motiviert und scheint auch Ausdruck einer islamfeindlichen Haltung zu sein.
Die Zahl der Übergriffe auf Muslime und Moscheen ist seit Jahresbeginn gesunken, eine Trendwende sehe ich darin allerdings nicht. Ich denke, dass die Entwicklung in diesem Themenfeld sehr stark von Einzelereignissen abhängig ist, etwa von islamistischen Anschlägen, die dann Rechte motivieren, Straftaten gegen Moscheen zu verüben."
Aiman Mazyek
"Vor zwei Jahren flog die Gruppe S. auf, die sich insbesondere Moscheen als Anschlagsziele ausgeguckt hatte. Spätestens seitdem sollten wir uns im Klaren darüber sein, dass es zu den Strategien und Techniken der Rechtsextremisten gehört, ausdrücklich Moscheen anzugreifen.
Wir haben manchmal den Eindruck, dass es Monate oder Jahre dauert, bis Politik und Sicherheitsbehörden erkennen, dass Moscheen schützenswert sind. 2018 wurde zweimal auf eine Moschee in Halle geschossen. Wir haben damals darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, insbesondere zum Freitagsgebet Polizeischutz vor dem Gebäude zu haben, um für die Sicherheit der Gläubigen zu sorgen und um mögliche Täter abzuschrecken. Erst nach dem Terroranschlag auf die Synagoge in Halle hat man nachgerüstet und einen ständigen Polizeischutz vor der Moschee eingerichtet. Das war aus unserer Sicht zu spät."
Yasemin El-Menouar
"Ich halte insgesamt wenig davon, Sicherheit allein auf Polizeischutz zu beschränken. Aus meiner Sicht müssen Sicherheitskonzepte bereits im Vorfeld ansetzen. Dafür müssen wir mehr über die Motive der Täter*innen und über den Kontext der Angriffe wissen: Sind Gemeinden, die weniger stark besucht werden, eher von Anfeindungen bedroht? Werden vor allem Gemeinden von muslimischen Minderheiten attackiert? Kommt es häufiger zu Übergriffen, wenn in der Nähe der Gemeinde rechtsextreme Demonstrationen stattfinden?
Zu einem guten Sicherheitskonzept gehört die Aufklärung der Nachbarschaft. Die Anwohner im Umfeld von Gemeinden haben ja oft selbst Vorbehalte oder ihnen ist das Gemeindeleben völlig unbekannt. Eine informierte Nachbarschaft kann vor Übergriffen schützen."
Von Tomma Neveling
Sie sind Journalist*in und haben weitere Fragen oder suchen Fachleute zum Thema? Dann können Sie uns gern kontaktieren. Wir helfen schnell und unkompliziert. Unsere Texte und Grafiken können kostenfrei unter den Regeln der Creative Commons und unserer Namensnennung verwendet werden. Dies gilt nicht für Bilder und Fotos, die wir von Dritten erworben haben.