Eine laufend aktualisierte Übersicht zu den Abkommen finden Sie in unserem Dossier.
Aktuell schließt die Bundesregierung eine Reihe von Migrationsabkommen mit anderen Ländern ab. Mit den Abkommen soll es mehr Abschiebungen in die Länder geben, gleichzeitig sollen mehr Arbeits– und Fachkräfte kommen. Bereits jetzt kommen aus den Partnerländern vor allem Personen zum Arbeiten, Studieren oder wegen ihrer Familie nach Deutschland. Die Zahl der Asylanträge aus diesen Ländern macht hingegen einen kleinen Teil der Gesamtanträge hier aus. Ein Überblick:
- Das erste der "neuen Migrationsabkommen" hat Deutschland 2022 mit Indien abgeschlossen, im Dezember 2023 folgte Georgien.
- Anfang 2024 wurden erste Vereinbarungen mit Marokko und Kolumbien getroffen. Mit Usbekistan und Kirgisistan wurden letztes Jahr bereits Absichtserklärungen unterzeichnet, auf die demnächst Abkommen folgen sollen.
- Auch mit Moldau und Kenia verhandelt die Bundesregierung Migrationsabkommen. Gespräche wurden zuletzt auch mit den Philippinen und Ghana aufgenommen.Quelle
- Es gibt weitere Vereinbarungen zur Gewinnung von Fachkräften – zum Beispiel die "Pflegekräfte-Vereinbarungen" ("Triple-Win") mit derzeit sieben Ländern. Auch schloss das Bundesarbeitsministerium zuletzt Absichtserklärungen mit Vietnam und Brasilien ab, die Arbeitsmigration fördern sollen.Quelle
In diesem Artikel geht es um Migrationsabkommen, die Deutschland direkt mit anderen Ländern abschließt. Mehr zu EU–Abkommen in den MEDIENDIENST-Interviews zu Ägypten und Tunesien.
Seit den 1990er Jahren hat Deutschland rund 30 Abkommen abgeschlossen, die sich vor allem auf die Rückübernahme von Staatsbürger*innen fokussierten. Rund die Hälfte davon wurde mit anderen EU-Staaten abgeschlossen.
Im Interview mit dem MEDIENDIENST sagt Migrationsforscher Marcus Engler: Viele Arbeitskräfte würden durch die einzelnen Abkommen vermutlich nicht kommen, auch die Abschiebungen könnten nicht so leicht erhöht werden. Es würden einige Behauptungen getroffen, die an der Realität vorbeigehen. Damit wirklich mehr Menschen kämen, müssten Vorhaben wie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz richtig umgesetzt werden – ganz ohne Abkommen: Aktuell seien die Ausländerbehörden vollkommen überlastet und auch die Erteilung von Visa dauere oft sehr lange.
Reguläre Migration aus den Ländern überwiegt
Ein Blick auf die Zahlen für die Partnerländer zeigt: Die Zahl der Personen, die 2022 hier ein nationales Visum – also etwa für eine Arbeit, ein Studium oder Familienzusammenführung – bekommen haben, ist für die meisten Länder viel höher als die Zahl der Asylantragstellenden. Ausnahmen sind Georgien und Moldau.
Vergleicht man die Jahre 2018 und 2022, haben sich die Einwanderungszahlen aus den acht Ländern insgesamt erhöht; die Zahl der nationalen Visa ist dabei stärker gewachsen als die Zahl der Asylanträge.
Gemessen am Gesamtanteil der Asylanträge 2023 machte der Anteil der Anträge von Staatsbürger*innen, die aus Indien, Kolumbien, Kenia, Marokko, Georgien, Moldau, Usbekistan und Kirgisistan kamen, insgesamt lediglich 5,9 Prozent aus.
Bürokratischen Hürden verhindern Fachkräftemigration
Und wie stehen die Partnerländer überhaupt zu den Abkommen? Der MEDIENDIENST hat mit Fachleuten gesprochen, die in und zu den Ländern arbeiten. Die Abkommen könnten etwas Bewegung in die Fachkräftemigration nach Deutschland bringen, derzeit seien die bürokratischen Hürden aber noch sehr hoch. Neben Deutschland gebe es viele weitere Länder, mit denen Abkommen abgeschlossen werden und die als Ziel für Migrant*innen in Frage kommen.
In vielen Ländern seien die Abkommen mit Deutschland eine Möglichkeit, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Für andere stelle sich die Frage, ob Auswanderung von qualifizierten Personen gefördert und im Gegenzug mehr Menschen zurückgenommen werden sollten. Dabei gebe es auch einen Widerspruch: Einerseits brauche Deutschland dringend Migrant*innen, andererseits versuche es andere Länder dazu zu bringen, Migration zu verhindern und Migrant*innen zurückzunehmen. Zu den Statements.
Weitere Bemühungen, um Fachkräfte zu werben, sind die "Zentren für Migration und Entwicklung", vor kurzem wurde eines in Nigeria eröffnet. Dort können sich Interessierte über Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland informieren. Solche Zentren gibt es in Ägypten, Ghana, Indonesien, Irak, Jordanien, Marokko, Nigeria, Pakistan und Tunesien, ein weiteres öffnet voraussichtlich in Indonesien im Sommer 2024. In weiteren Ländern – Albanien, Serbien, Kosovo, Gambia und Senegal – gibt es solche Zentren, sie werden aber langsam zurückgefahren.Quelle
Abkommen zur Migrationskontrolle auf EU-Ebene
Auf EU-Ebene wurden seit 2007 eine Reihe von Abkommen abgeschlossen. Eine Übersicht gibt es hier. Fachleuten zufolge waren diese aber weitgehend wirkungslos. Sie fokussierten sich auf irreguläre Migration und ließen die Interessen der Herkunftsstaaten unberücksichtigt. Jüngst hat die EU mit Tunesien und Ägypten Abkommen geschlossen, beide Länder sollen Migrant*innen an der Flucht nach Europa hindern. Forscher*innen zufolge wird das Menschen nicht an der Migration hindern, sondern eher auf gefährlichere Routen treiben.
Von Andrea Pürckhauer, Carsten Wolf und Martha Otwinowski
Sie sind Journalist*in und haben weitere Fragen oder suchen Fachleute zum Thema? Dann können Sie uns gern kontaktieren. Wir helfen schnell und unkompliziert. Unsere Texte und Grafiken können kostenfrei unter den Regeln der Creative Commons und unserer Namensnennung verwendet werden. Dies gilt nicht für Bilder und Fotos, die wir von Dritten erworben haben.