Im Dezember sorgte ein Fall in Hessen bundesweit für Aufregung: Beamte der Frankfurter Polizei sollen in einer Chatgruppe rechtsextremistische Bilder und Videos ausgetauscht haben. Zudem stehen sie im Verdacht, eine türkeistämmige Rechtsanwältin bedroht zu haben. Sechs Polizisten wurden vom Dienst suspendiert, die Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt ermitteln.
"Für die hessische Polizei ist das eine sehr einschneidende Situation", sagte Eva Hertel von der Polizeiakademie Hessen bei einem Pressegespräch des MEDIENDIENSTES. Innerhalb der Behörde bestehe ein großes Interesse, den Fall aufzuarbeiten und die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Das Problem dürfe aber auch nicht überschätzt werden: "Wir sprechen hier von sehr, sehr wenigen Kolleginnen und Kollegen", so Hertel.
Rafael Behr von der Akademie der Polizei Hamburg hingegen glaubt nicht, dass es sich um Einzelfälle handelt. Geschlossene Whatsapp-Gruppen, in denen fragliche Inhalte ausgetauscht werden, seien keine Seltenheit. Behr sieht die Politik in der Pflicht, das Ausmaß von Rechtsextremismus bei der Polizei zu erfassen: "Ich würde mich sehr freuen, wenn der Hessische Innenminister von sich aus sagen würde: Ich erkenne da ein Problem und möchte wissen, wie es genau zugeht."
Was tut die Polizei, um Rassismus vorzubeugen?
Um Rassismus in der Belegschaft vorzubeugen, sei die hessische Polizei im Auswahlverfahren "sehr hellhörig", betonte Hertel. Fällt jemand negativ auf – beispielsweise durch einen rassistischen Kommentar – werde er nicht eingestellt.
Was aber, wenn Polizisten während der Ausbildung entsprechende Haltungen entwickeln? Kathrin Hartmann von der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung versucht, mit Fachwissen zu intervenieren. "Im ersten Semester schaue ich mir mit den Studierenden die Polizeiliche Kriminalstatistik an und frage: Warum ist der Anteil von ausländischen Tatverdächtigen vergleichsweise hoch? Hat Kriminalität etwas mit Migration zu tun? Wir sehen dann ganz schnell, dass der Zusammenhang nicht dieser, sondern ganz häufig ein sozialer ist."
Auch nach der Ausbildung versucht die hessische Polizei, die Belegschaft für Rassismus zu sensibilisieren – etwa mit Seminaren zu interkultureller Kompetenz. Zuständig dafür sind die 19 Migrationsbeauftragten. Sie beraten Beamte in soziokulturellen Fragen, nehmen Kontakt zu Migrantenorganisationen auf und versuchen, Barrieren im Kontakt zur Polizei abzubauen, erklärte Necati Benli, der als Landesmigrationsbeauftragter die Arbeit der Kollegen koordiniert.
Beim Pressegespräch ging es auch um die Frage, ob ein höherer Anteil von Beamten mit Migrationshintergrund vor Rassismus schützen kann. Eva Hertel ist zuversichtlich: "Wenn ich buntere Dienstgruppen habe, führt das zu einer Sozial- und Sprachhygiene." Bei der hessischen Polizei ist die Vielfalt in den letzten sechs Jahren deutlich gestiegen: 2017 kamen mehr als 21 Prozent der neu eingestellten Beamten aus Einwandererfamilien – 2011 waren es noch rund 12 Prozent.
Rafael Behr zeigte sich skeptischer: Beamte mit Migrationshintergrund seien "kein Bollwerk gegen Rechtsextremismus". Das Problem dürfe nicht auf Kollegen aus Einwandererfamilien abgewälzt werden, sondern sei Aufgabe der Behörden.
Von Jennifer Pross
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