Rassismus auf dem Wohnungsmarkt

Rassismus auf dem Wohnungsmarkt ist in Deutschland Alltag. Menschen mit Migrationsgeschichte haben oft schlechtere Chancen auf Wohnungen, zahlen höhere Mieten und leben auf weniger Fläche.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2024) dokumentiert von 2021 bis 2023 insgesamt 1.168 Beschwerden wegen Diskriminierung im Bereich Miete und Wohnen. Davon bezogen sich 5,6 Prozent auf rassistische Diskriminierung.QuelleAntidiskriminierungsstelle des Bundes (2024): "Diskriminierung in Deutschland. Erkenntnisse und Empfehlungen" S. 137; LINK.

In einer Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2019 berichten Betroffene besonders häufig davon, dass sie keine Wohnung bekommen haben.QuelleAntidiskriminierungsstelle des Bundes (2020): "Rassistische Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt", S.9, LINK

Eine Testing-StudieTesting-Studien gelten als eine Methode, um Fälle von Diskriminierung bei der Wohnungssuche aufzudecken und dem im AGG festgelegten Ziel der Vermeidung und Beseitigung von Benachteiligungen zu dienen. der Beratungsstelle gegen Alltagsrassismus 2022 zeigte Diskriminierung von migrantisierten Personen bei einer Besichtigungsanfrage für eine 3-Zimmer-Wohnung: 50 Prozent der Anbieter*innen reagierten ausschließlich auf Anfragen deutscher Personen.QuelleBeratungsstelle gegen Alltagsrassismus im Kreis Mettmann (2022): "Testingstudie. Rassistische Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt im Kreis Mettmann", S.8, LINK

Eine qualitative Studie über die Situation in Berlin, Düsseldorf und Hamburg 2018-2019 hat gezeigt, dass Wohnungsunternehmen und -verwaltung keine transparente Kriterien für die Wohnungsvergabe haben – und sich stattdessen auf Konzepte wie "gesunde Mischung" beziehen. Das erschwere den Zugang von Migrantinnen und Migranten zum Wohnungsmarkt. Zudem ist der Zugang zu Informationen über freie Mietwohnungen begrenzt, besonders für Menschen mit eingeschränkten Sprach- und Systemkenntnissen.Quelle Immobilienwirtschaft - Hanhörster, H. Ramos Lobato, I. et al. (2020): Faire Wohnraumversorgung und „gesunde Mischung“? s. 98-99, LINK.

Weniger Wohnfläche, höhere Mietsteigerung

Ausländer*innen in Deutschland zahlen im Durchschnitt höhere Mieten und leben auf weniger Wohnfläche als Deutsche – das zeigen sowohl Daten des Zensus 2022 als auch von Eurostat.

  • Ausländer*innen zahlten 2022 durchschnittlich ca. 9,5 Prozent mehr Miete pro Quadratmeter als deutsche Mieter*innen – auch bei einer Wohndauer von mehr als 20 Jahren zahlten sie im Schnitt 9,1 Prozent mehr.
  • 25 Prozent der Menschen ohne deutschen Pass lebten in Wohnungen mit weniger als 60 Quadratmeter - bei Menschen mit deutschen Pass  waren es 12 Prozent.Quelle Statistisches Bundesamt (2025): "Pressemitteilung Nr. N026 vom 21. Mai 2025," LINK

Auch Haushalte mit Migrationshintergrund haben im Schnitt weniger Wohnfläche zur Verfügung und geben einen höheren Anteil ihres Einkommens für Miete aus (Mietbelastungsquote).QuelleStatistische Ämter des Bundes und der Länder (2024). "Wohnen in Deutschland 2022", LINK

Der FRA-Bericht "Being Muslim in the EU" zeigt, dass 2022 EU-weit 40 Prozent der befragten Muslim*innen in überbelegten Wohnungen lebten, im Vergleich zu 17 Prozent in der allgemeinen Bevölkerung. In Deutschland betrifft es 39 Prozent der Muslim*innen, besonders hoch ist der Wert unter befragten Muslim*innen aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara (54 Prozent) und Syrien (53 Prozent).QuelleEuropean Union Agency for Fundamental Rights (2024): "Bein Muslilm in the EU - Experiences of Muslims".S. 107, LINK.

Eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (2025) zeigt, dass sich die MietbelastungsquotenBerechnung basiert auf Individuen, nicht auf Haushalten, Kosten der Warmmiete und ihrem Nettoeinkommen. von Zugewanderten und Einheimischen mit niedrigem und hohem Einkommen angenähert haben – und sich aktuell auf ähnlichem Niveau befinden:

  • Bei hohem Einkommen lag die Quote 2020 bei 18 Prozent für Zugewanderte und 17 Prozent für Einheimische.
  • Bei niedrigem Einkommen lag sie bei 45 Prozent für Zugewanderte und bei 44 Prozent für Einheimische.

Unter Zugewanderten sind die Mietkosten zwischen 1990 und 2020 dennoch deutlich stärker angestiegen als bei Einheimischen: Die Mietsteigerung lag bei Zugewanderten – je nach Einkommensgruppe – bei 50 bis 80 Prozent, bei Einheimischen bei 25 bis 40 Prozent.Quelle Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (2025): "Zunehmend ungleiche Mietkostenbelastung." S. 5 -7, LINK.

Laut dem letzten Statistikbericht des Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe sindMenschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit und mit Migrationshintergrund überproportional häufig von Wohnungsnot betroffen. Rund 40 Prozent der Personen, die Hilfeeinrichtungen wegen Wohnungsnot aufsuchten, hatten 2023 einen Migrationshintergrund. 38,3 Prozent hatten nicht die deutsche Staatsbürgerschaft, die meisten kamen aus Staaten außerhalb der EU (61,7 Prozent).Quelle Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe:"Statistikbericht - Zu Lebenslagen wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen in Deutschland -Leenlagenbericht," s. 18-19; LINK

FehlenderSchutz vor Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll Betroffene vor Diskriminierung unter anderem auf dem Wohnungsmarkt schützen. Verbände kritisieren, dass das Gesetz unzureichend sei: Betroffene Personen können oft keine angemessenen rechtlichen Schritte gegen Diskriminierung unternehmen. Es wird auch darauf hingewiesen, dass Vermieter*innen mit weniger als 50 Wohnungen weniger strengen Regeln unterliegen:QuelleMEDIENDIENST INTEGRATION (2023):"Mehr Klarheit für Betroffene", LINK

  • Kritik gibt es an §19 (3) AG, der unterschiedliche Behandlung bei der Vermietung von Wohnraum ermöglicht, um "ausgeglichene wirtschaftliche, soziale und kulturelle Verhältnisse" zu schaffen. Diese Bestimmung könne jedoch auch als Rechtfertigung für Diskriminierung dienen.QuelleDeZIM Working Papers +(2023): "Diskriminierungsschutz zwischen Kontinuität und Wandel", S.17, LINK
  • Weiterhin lässt §19 (5) AGG Ungleichbehandlung in Ausnahmen zu. Vermieter*innen könnten etwa eine*n Mieter*in aufgrund eines "besonderen Nähe- oder Vertrauensverhältnisses" aussuchen, ohne klare Kriterien dafür festzulegen.QuelleAntidiskriminierungsstelle des Bundes (2015): "Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt Strategien zum Nachweis rassistischer Benachteiligungen", S. 17, LINK

Dies ist besonders relevant, da kommunale oder landeseigene Wohnungsunternehmen lediglich knapp 12 Prozent der Wohnungen in Deutschland verwalten, während zwei Drittel aller Mietwohnungen von privaten Kleinvermietern vermietet werden.Quelle Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2024): "Diskriminierung in Deutschland. Erkenntnisse und Empfehlungen" S. 145; LINK.