Viele Menschen erfahren Rassismus am Arbeitsmarkt – sie werden etwa seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen oder machen Rassismuserfahrungen am Arbeitsplatz. Das zeigen Befragungen von Betroffenen sowie Experimente, bei denen fiktive Bewerbungen verschickt werden.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) zählte 2023 insgesamt 2.646 Beratungsanfragen wegen Diskriminierung am Arbeitsmarkt. Davon hatten 30 Prozent der Personen (798 Anfragen) rassistische Diskriminierung erlebt.Quelle
Aus Befragungsstudien geht hervor, dass sich viele Menschen mit Migrationshintergrund bei der Jobsuche benachteiligt fühlen – vor allem türkeistämmige Personen. Auch Muslim*innen und Schwarze Menschen berichten häufig von Diskriminierung im Arbeitsleben:
- In einer Studie der Bertelsmann Stiftung 2022 gaben 58 Prozent der Befragten mit Migrationshintergrund an, dass es für sie schwieriger sei, eine passende Arbeitsstelle zu finden als für die meisten anderen Menschen. Unter Befragten mit einem türkischen Migrationshintergrund und muslimischen Befragten waren es sogar jeweils 70 Prozent. Auch eine Befragung des BAMF 2023 stellte fest, dass sich Muslim*innen und türkeistämmigen Personen häufiger bei der Stellensuche benachteiligt fühlen.Quelle
- Laut einer Umfrage der EU-Grundrechteagentur (FRA) 2024 erlebten mehr als die Hälfte (55 Prozent) der befragten Muslim*innen in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren rassistische Diskriminierung bei der Arbeitssuche. Laut einer Studie des DeZIM 2022 berichten kopftuchtragende Musliminnen häufiger davon, eine Arbeitsstelle nicht bekommen zu haben als Musliminnen ohne Kopftuch und muslimische Männer. Zudem gab knapp die Hälfte (48 Prozent) der Musliminnen mit Kopftuch an, dass sie häufig auf Bewerbungen verzichten, weil sie erwarten, wegen ihrer Religion benachteiligt zu werden.Quelle
- Im SVR-Integrationsbarometer 2022 gaben mehr als zwei Drittel (68,6 Prozent) der befragten türkeistämmigen Personen an, dass Deutsche und Migrant*innen auf dem Arbeitsmarkt bei gleicher Qualifikation nicht die gleichen Chancen hätten. Dies war unter allen befragten Gruppen der höchste Anteil.Quellehttps://www.svr-migration.de/wp-content/uploads/2022/12/SVR_Integrationsbarometer_2022_Barrierefrei.pdf
- Befragungen von Schwarzen Menschen zeigen, dass sie häufig rassistische Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt erfahren: In der repräsentativen Studie "Being Black in the EU" der EU-Grundrechteagentur 2023 gaben 58 Prozent an, dass sie in den letzten 5 Jahren bei der Arbeit rassistisch diskriminiert wurden, 56 Prozent hatten dies bei der Jobsuche erlebt. Im Afrozensus 2020 gaben rund 81 Prozent der Befragten an, dass sie in den vergangenen zwei Jahren im Arbeitsleben aus rassistischen Gründen diskriminiert wurden.Quelle
- Auch Fachkräfte aus dem Ausland berichten von Rassismus: In einer OECD-Befragung 2023 unter ausländischen Fachkräften gaben 28 Prozent der Befragten an, dass sie bei der Arbeit aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert werden. Rund die Hälfte (48 Prozent) stimmte der Aussage zu, dass Menschen aus dem Ausland es in Deutschland schwerer haben, einen Arbeitsplatz zu finden und beruflich erfolgreich zu sein als Deutsche.Quelle
Menschen mit Migrationshintergrund haben ein erhöhtes Armutsrisiko. Auch Rassismuserfahrungen spielen dabei eine Rolle. Mehr dazu finden Sie hier.
Auch Experimente, wie beispielsweise Korrespondenztests, zeigen, dass bestimmte Bewerber*innen von Unternehmen benachteiligt werden:
- Besonders stark von Diskriminierung betroffen sind Musliminnen, die ein Kopftuch tragen: Eine Studie mehrerer Forschungsinstitute 2023 zeigt, dass sie seltener positive Rückmeldungen auf Bewerbungen erhalten als Bewerberinnen anderer Gruppen. Das betrifft besonders Berufe mit viel Kundenkontakt. Aus einer Studie von 2016 geht hervor, dass Musliminnen mit türkischem Namen, die ein Kopftuch tragen, sich viermal so oft bewerben müssen, um für ähnlich viele Bewerbungsgespräche eingeladen zu werden wie Bewerberinnen mit deutschem Namen, die kein Kopftuch tragen.Quelle
- Laut einer Studie 2018 erhalten Menschen mit Migrationshintergrund deutlich seltener eine positive Rückmeldung auf ihre Bewerbungen als Menschen ohne Migrationshintergrund. Die Chancen variierten je nach Herkunftsland: Besonders schlechte Chancen hatten Menschen mit einem albanischen, marokkanischen oder äthiopischen Migrationshintergrund. Etwas bessere Chancen hatten Bewerber*innen mit Migrationshintergrund aus einem westeuropäischen Land sowie aus Japan oder China.Quelle
- Ausländische Bewerber*innen werden in höherqualifizierten Berufen stärker diskriminiert als in geringqualifizierten Berufen: Zu diesem Ergebnis kam 2019 eine Studie, in der Schweizer Hotelbetriebe fiktive Bewerbungen von Menschen unterschiedlicher Herkunft beurteilen sollten. Während die Betriebe Schweizer Staatsangehörige für die Arbeit an der Hotelrezeption deutlich bevorzugten, wurde bei Bewerber*innen für Reinigungsberufe kaum nach Herkunft unterschieden.Quelle
- Auch bei der Jobvermittlung kommt es zu rassistischer Diskriminierung. Das zeigt ein Experiment aus dem Jahr 2017, für das Wissenschaftler*innen fiktive E-Mails mit deutsch, türkisch und rumänisch klingenden Namen an Jobcenter verschickt haben. Die Behörden antworteten zwar auf alle Mails, schickten den Fragesteller*innen mit ausländischen Namen aber häufiger unzureichende und weniger detaillierte Informationen.Quelle