Wie oft erfahren Muslime Rassismus?

Repräsentative Studien zeigen, dass Muslime in Deutschland häufig Rassismus erleben – in der Öffentlichkeit, bei Behörden oder der Jobsuche. In Deutschland werden Muslime öfter diskriminiert als in den meisten anderen EU-Staaten.

Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass Muslim*innen oft Diskriminierung erleben:

Der repräsentative Nationale Diskriminierungs- und Rassismusmonitor des DeZIM-Instituts (2025) zeigt: 21 Prozent der muslimischen Frauen und 16 Prozent der muslimischen Männer haben in den letzten 12 Monaten mindestens einmal im Monat offene Diskriminierung erlebt. Dazu zählen etwa Beleidigungen oder Drohungen. Subtile Diskriminierung erlebten 61 Prozent der Muslimas und 52 Prozent der muslimischen Männer mindestens einmal monatlich. Dazu gehört, dass andere sie unfreundlich behandeln oder nicht ernst nehmen. Besonders häufig erleben Muslim*innen Diskriminierung in der Öffentlichkeit oder bei Behörden, rund ein Drittel der Befragten hat dort im letzten Jahr Rassismus erlebt.QuelleDeZIM (2025): "Verborgene Muster, sichtbare Folgen", S. 25, 27, 31, LINK

In einer nicht-repräsentativen Umfrage von Claim gaben 2023 78 Prozent der BefragtenBefragt wurden 740 volljährige Muslim*innen und Menschen in Deutschland, die als mulimisch wahrgenommen werden. an, dass sie von antimuslimischen Übergriffen und Diskriminierung betroffen sind. Die häufigste Diskriminierungsform ist, dass die Menschen für das Verhalten von anderen Muslim*innen mitverantwortlich gemacht werden, etwa für das Verhalten des türkischen Präsidenten Erdogan (56 Prozent). Die Mehrheit der Betroffenen meldet Übergriffe nicht und nimmt keine Beratungsangebote in Anspruch (57 Prozent).QuellePerry, S., Göcmen, I., Hanano, R., Ceyhan, G (2023): "Erfahrungen und Umgangsstrategien von Betroffenen von antimuslimischem Rassismus", S. 17, 18, 24f, LINK

Zwischen 2006 und 2022 haben sich 1.026 Personen an die Beratung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gewandt, die sich wegen ihrer muslimischen Religionszugehörigkeit benachteiligt fühlten. 2022 und 2021 waren es jeweils rund 150 PersonenIm Vergleich zu den vorherigen Jahren sind die Beratungsanfragen 2022 und 2021 gestiegen. Laut Antidiskriminierungsstelle sind Menschen immer häufiger bereit, sich gegen Diskriminierung zu wehren. (2022: 153, 2021: 154). Die meisten Betroffenen berichteten von Diskriminierungen im Bereich ArbeitBeispielsweise beim Zugang zur Beschäftigung oder bei Kündigungen. Darauf folgten Diskriminierungserfahrungen bei Dienstleistungenz.B. Bankgeschäfte oder Zutritt zu Fitnesszentren sowie im Bereich Bildung.QuelleBundestagsdrucksache 19/17069: "Antimuslimischer Rassismus und Diskriminierung von Muslimen in Deutschland", S. 21, LINK; Antidiskriminierungsstelle des Bundes auf Anfrage des MEDIENDIENSTES, August 2023; eigene Berechnungen

Muslim*innen sind häufig von Mehrfachdiskriminierungen betroffen. Das heißt, dass sie sowohl wegen ihrer Religion als auch etwa ihrer Herkunft, Hautfarbe oder ihres Geschlechts diskriminiert werden. Zahlen zur Diskriminierung von Muslim*innen findet man hauptsächlich in Studien zur Diskriminierung von Migrant*innen oder Menschen mit Migrationshintergrund, die auch die Religionszugehörigkeit erfassen.QuelleAntidiskriminiserungsstelle des Bundes (2010): "Diskriminierung aufgrund der islamischen Religionszugehörigkeit im Kontext Arbeitsleben - Erkenntnisse, Fragen und Handlungsempfehlungen", S. 13ff., LINK; Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) (2018): "'Wo kommen Sie eigentlich ursprünglich her?'. Diskriminierungserfahrungen und phänotypische Differenz in Deutschland", S. 4, LINKhttps://www.svr-migration.de/wp-content/uploads/2023/01/SVR-FB_Diskriminierungserfahrungen-8.pdf#page=4

  • Besonders häufig erleben Muslim*innen Diskriminierung bei der Arbeitssuche. Laut einer Studie des WZB Berlin 2018 bekommen Muslim*innen deutlich weniger positive Rückmeldungen auf ihre Bewerbungen als andere Bewerber*innen. Eine Studie des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) von 2016 zeigte, dass besonders Frauen mit einem türkisch klingenden Namen benachteiligt werden, die ein Kopftuch tragen. Auch andere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen.QuelleKoopmans, R.; Veit, S., Yemane, R. (2018): "Ethnische Hierarchien in der Bewerberauswahl: Ein Feldexperiment zu den Ursachen von Arbeitsmarktdiskriminierung". Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Discussion Paper SP VI 2018-104, S. 23f., LINK; Weichselbaumer, D. (2016): "Discrimination against Female Migrants wearing Headscarves." IZA Discussion Paper 10217, S. 12, LINK; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.) (2018): „Türkeistämmige Personen in Deutschland“, S. 50, LINK; Antidiskriminierungsstelle des Bundes (Hrsg.) (2017): „Diskriminierungserfahrungen in Deutschland“, S. 167, LINKhttps://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Expertisen/expertise_diskriminierungserfahrungen_in_deutschland.pdf?__blob=publicationFile&v=8#page=167
  • Laut einer Umfrage (durchgeführt 2022, veröffentlicht 2024) der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) erlebte rund die Hälfte der muslimischen Personen (47%) in der EU rassistische Diskriminierung in den letzten fünf Jahren. Das sind deutlich mehr als bei der Befragung 2016. In Deutschland ist der Wert mit 68% besonders hoch. EU-weit haben rund 40 Prozent der Befragten Muslim*innen Diskriminierung bei der Arbeitssuche erlebt. Jeweils 35 Prozent haben Diskriminierung auf dem Arbeitsplatz und bei der Wohnungssuche erlebt. Nur 6 Prozent der Befragten, die angaben, Diskriminierung erlebt zu haben, meldeten den Vorfall.QuelleEuropean Union Agency for Fundamental Rights (2024): "Being Muslim in the EU", S. 44, 45, 53 und 57, LINK; für Deutschland vgl. Pressemitteilung zur Studie, LINK
  • Die zweite Generation muslimischer Zuwanderer*innen berichtet häufiger von Diskriminierung als die erste Generation: Während sich in der ersten Zuwanderungsgeneration 15 Prozent aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit diskriminiert fühlen, sind es in der Nachfolgegeneration 22 Prozent. Dies geht aus einer Studie der FRA von 2018 hervor. Unterschiede in der Wahrnehmung von Diskriminierung können laut einer Studie aus dem Jahr 2017 darauf zurückgeführt werden, dass die Angehörigen der zweiten Generation einen stärkeren Gleichheitsanspruch entwickelt haben und stärker für Diskriminierung sensibilisiert sind.QuelleEuropean Union Agency for Fundamental Rights (2018): "Zweite Erhebung der Europäischen Union zu Minderheiten und Diskriminierung. Muslimas und Muslime – ausgewählte Ergebnisse", S. 14 und 15, LINK; Uslucan, Hacı-Halil (2017): "Diskriminierungserfahrungen türkeistämmiger Zuwanderer_innen" In: Karim Fereidooni/Meral El (Hrsg.): Rassismuskritik und Widerstandsformen, S. 130, LINK

Beratungsstellen für Betroffene

Es gibt kaum BeratungsstellenEine Liste mit Ansprechpartner*innen hat CLAIM zusammengestellt, eine interaktive Karte mit Beratungstellen in allen Bundesländern bietet der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt., die sich direkt an Betroffene von antimuslimischem Rassismus und Islamfeindlichkeit richten. Das geht aus einer 2021 veröffentlichten Kurzstudie der Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit CLAIM hervor. Die Studienautor*innen fordern mehr spezialisierte Beratungsangebote.QuelleCLAIM - Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit (2020):"Beratungsangebote für Betroffene von antimuslimischem Rassismus, S. 17, 42

Antimuslimische Stereotype in den Medien

Studien zeigen, dass die Berichterstattung über den Islam und Muslim*innen oft stereotyp und negativ ist. "Der Islam" taucht häufig in Zusammenhang mit Terrorismus als Bedrohung auf. Muslim*innen werden oft als rückschrittlich, fremd oder bedrohlich dargestellt.

>> Zahlen und Fakten dazu finden Sie in unserer Rubrik "Der Islam" und Muslim*innen in den Medien.