Migration und Flucht in der BRD und der DDR bis 1989

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Fluchtbewegungen sowohl von Opfern der NS-Diktatur als auch von deutschen Vertriebenen. Schon bald warben die BRD und die DDR Arbeitskräfte aus dem Ausland an, die sie für die Wirtschaft benötigten.

Vertriebene

Zum Ende des Krieges kam es wegen Gebietsabtretungen und neuen Grenzen zu großen Fluchtbewegungen, größtenteils nach Westen. Rund 14 Millionen Deutschstämmige flohen vor der vorrückenden sowjetischen Armee oder Vertreibungsaktionen in Ost-, Mittel- und Südosteuropa. Hunderttausende überlebten die Vertreibung, Flucht oder Deportation nicht. Rund 12,5 Millionen von ihnen gelangten in die BRD und die DDR, andere etwa nach Österreich. Innerhalb der Besatzungszonen variierte der Anteil der zugezogenen Vertriebenen stark: Die französischen Besatzungsbehörden weigerten sich, Vertriebene aufzunehmen, ihr Bevölkerungsanteil lag dort 1947 bei nur einem Prozent, in der sowjetischen Besatzungszone war es ein Viertel.QuelleBerlinghoff (2018): Geschichte der Migration in Deutschland, LINK; Bade et al (Hrsg.): Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. 3. Auflage. 2010. S. 158

"Displaced Persons"

Nach Kriegsende nahmen die Alliierten zehn bis zwölf Millionen "Displaced Persons" (DP) in Obhut, hauptsächlich Überlebende der Arbeits-, Konzentrations- und Vernichtungslager. In den ersten Monaten konnten rund fünf Millionen in ihre Heimatländer, vor allem in die Sowjetunion, Polen und Frankreich, zurückkehren. Bürger*innen der Sowjetunion wurden teilweise zur Rückkehr gezwungen, obwohl sie dort als vermeintliche Kollaborateure mit Verfolgung zu rechnen hatten. 1950 lebten noch etwa 150.000 DPs in Aufnahmelagern in Deutschland. Sie waren gesetzlich nicht mit deutschen Flüchtlingen und Vertriebenen gleichgestellt und erhielten meist keine Entschädigung für das, was sie unter der nationalsozialistischen Herrschaft erlitten hatten.QuelleBade et al (Hrsg. 2010): "Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart", 3. Auflage, S. 155-157

"Flucht in den Westen" aus der DDR

Zwischen 1949 und 1961 überquerten 2,7 Millionen Menschen die deutsch-deutsche Grenze Richtung Westen. Um diese Binnenmigration zu stoppen, ließ die DDR-Regierung 1961 die Mauer rund um West-Berlin bauen und schirmte die Grenzen zu Westdeutschland ab. Bis zum Mauerfall gelang es dennoch rund 700.000 weiteren Menschen, die DDR zu verlassen, etwa indem sie nach Besuchen nicht zurückkehrten, als politische Häftlinge von der BRD freigekauft wurden oder erfolgreich die Ausreise beantragten. Darüber hinaus gelang es 5.000 DDR-Bürgern, die Mauer zu überwinden, oft unterstützt von Fluchthelfer*innen. Mindestens 138 Menschen kamen an der deutsch-deutschen Grenze ums Leben.QuelleBade et al (Hrsg. 2010): "Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart", 3. Auflage, S.159, Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam e.V., bpb und DLF: "Chronik der Mauer", LINK

Flucht in die BRD und die DDR

Auch Menschen aus anderen Ländern flohen in das geteilte Deutschland: 1973 und 1974 kamen etwa Geflüchtete aus Chile in die BRD und die DDR, ab 1978 vietnamesische "Boat People" in die BRD. Andere größere Fluchtbewegungen kamen in den 1980er Jahren aus Polen, der Türkei oder dem Iran. In der DDR lebten nur wenige politische Flüchtlinge, so etwa Personen aus Chile. In den 1950er Jahren wurden griechische Kinder und Jugendliche aufgenommen, deren Eltern Kommunisten oder Partisanen waren, sowie Lehrer und Parteifunktionäre. Auch spanische Bürgerkriegsflüchtlinge wurden aufgenommen.QuelleBerlinghoff (2018): Geschichte der Migration in Deutschland, LINK; Bade und Oltmer (2005): "Migration, Ausländerbeschäftigung und Asylpolitik in der DDR", bpb, LINK

Gastarbeiter*innen und Vertragsarbeiter*innen

Mit dem Ausbau des Außenhandels brauchte die Bundesrepublik mehr Arbeitskräfte, als zur Verfügung standen. Der Bau der Mauer stoppte die Migration aus der DDR. Ab 1955 schloss die BRD mit Italien, Spanien, der Türkei und anderen Ländern AnwerbeabkommenAnwerbeabkommen wurden mit Italien (1955), Spanien (1960), Griechenland (1960), der Türkei (1961), Marokko (1963), Portugal (1964), Tunesien (1965) und Jugoslawien (1968) abgeschlossen ab. Von den 14 Millionen sogenannten Gastarbeiter*innen kehrten 11 Millionen nach dem Anwerbestopp 1973 in ihre Heimat zurück. Besonders Menschen aus der Türkei, Italien und Jugoslawien blieben jedoch und holten Familienangehörige nach.QuelleBade et al (Hrsg. 2010): "Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart", 3. Auflage, S.159 ff."

Auch die DDR warb seit Mitte der 1960er Jahre ausländische Arbeiter*innen aus Partnerstaaten an. 1989 lebten 93.600 Vertragsarbeiter*innen in der DDR. Sie kamen aus Vietnam (59.000) und Mosambik (15.000).QuelleBade et al (Hrsg. 2010): "Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart", 3. Auflage, 1078f.; vgl. Mediendienst (2019): "Welche Migration gab es in der DDR?", LINK; Bade, K. J. et al (Hrsg. 2010): Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. 3. Auflage, Bade und Oltmer (2005): "Migration, Ausländerbeschäftigung und Asylpolitik in der DDR", bpb, LINK; Bundesregierung (2015): "Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter haben unsere Geschichte geprägt und ihre Leistungen sind zu würdigen", LINK