Welche Parteien wählen Menschen mit Migrationshintergrund?

Lange Zeit gab es stabile Partei-Präferenzen je nach Herkunftsgruppe. Das hat sich inzwischen geändert. Wie CDU, SPD oder AfD bei Menschen mit Einwanderungsgeschichte abschneiden, zeigen die wichtigsten Umfragen im Überblick.

Lange Zeit galt, dass Menschen mit MigrationshintergrundWer die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt oder mindestens einen Elternteil hat, der oder die mit deutscher Staatsbürgerschaft geboren wurde, hat einen "Migrationshintergrund". Quelle: Statistisches Bundesamt (2022): Mikrozensus; siehe zum Hintergrund: '"Migrationshintergrund", einfach erklärt' (2021); zur Kritik des Begriffs: "Wer hat einen Migrationshintergrund"? und "Alternativen zum Migrationshintergrund" MEDIENDIENST, 2020. spezielle Parteibindungen haben je nachdem, aus welchem Herkunftsland sie oder ihre Vorfahren eingewandert sind: ehemalige Gastarbeiter*innen (aus der Türkei, dem ehem. Jugoslawien, Portugal, Italien Spanien und Griechenland) und deren Nachkommen wählten demnach eher die SPD. (Spät-)Aussiedler hingegen wählten eher die CDU/CSU.QuelleKroh; Tucci (2009) "Parteibindungen von Migranten: Parteien brauchen erleichterte Einbürgerung nicht zu fürchten", DIW, S. 1.

Aktuellere Studien deuten darauf hin, dass sich alte Parteibindungen teilweise auflösen. Ein Überblick über Untersuchungen der vergangenen Jahre:

2025

Insgesamt liegt die Union bei Migranten vorn, sowohl bei Ausländern als auch bei Menschen mit Migrationshintergrund. Bei den einzelnen Communities ergibt sich aber ein anderes Bild, so die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung von Anfang 2025 (MethodeRepräsentative Telefon-Umfrage mit Festnetz- und Handynummern im Zeitraum von Oktober 2024 bis Januar 2025. Mit insgesamt 3.015 Personen auf Basis einer Zufallsstichprobe befragt.). Bei Türkei- und Russlandstämmigen ist die SPD stärkste Kraft, und die Linke schneidet stark ab. Bei Spätaussiedlern liegt inzwischen die AfD vorn, und die Union liegt dahinter.QuelleKonrad-Adenauer-Stiftung (2025): Wahlverhalten von Menschen mit Migrationshintergrund, Seiten 1,5,7,10,12,15, Link

Wichtig: In den migrantischen Communities gab ein großer Teil (zwischen 30 und 50 Prozent) an, keine Parteipräferenz zu haben. Diese Personen wurden in dieser Auswertung nicht gezählt.

 

2021

Befragung in Duisburg: Eine Forschungsgruppe der Universitäten Duisburg-Essen, Bamberg und Düsseldorf untersucht, wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte bei der Bundestagswahl 2021 gewählt haben. Dazu wurden rund 1.500 Personen aus Duisburg befragt. Erste Ergebnisse zeigen, dass Wahlberechtige mit Migrationshintergrund ähnlich wählen wie Menschen ohne Einwanderungsgeschichte.QuelleUniversität Duisburg-Essen (2022): Wählerinnen und Wähler mit Einwanderungsgeschichte im Bundestagswahlkampf, S. 3

Die Forscher*innen vergleichen vier Gruppen: Türkeistämmige, Russlanddeutsche, Deutsche mit anderer Einwanderungsgeschichte und Deutsche ohne Einwanderungsgeschichte. Die SPD erhielt die meisten Stimmen der türkeistämmigen Wähler (39 Prozent) und der Russlanddeutschen (30 Prozent). Im Vergleich zur bundesweiten Erhebung von 2017 (siehe unten) wählten mit 20 Prozent deutlich weniger Russlanddeutsche die CDU.QuelleUniversität Duisburg-Essen (2022): Wählerinnen und Wähler mit Einwanderungsgeschichte im Bundestagswahlkampf, S. 14

Die Wahlbeteiligung lag bei türkeistämmigen Deutschen (67 Prozent) und Russlanddeutschen (66 Prozent) geringfügig niedriger als bei Deutschen mit anderem oder ohne Migrationshintergrund (jeweils 69 Prozent).QuelleUniversität Duisburg-Essen (2022): Wählerinnen und Wähler mit Einwanderungsgeschichte im Bundestagswahlkampf, S. 2

2019

Laut einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) erhielt die SPD 15 Prozent Zustimmung von Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund (bei einer Untersuchung aus dem Jahr 2015 waren es 32 Prozent). Zustimmungswerte zur CDU/CSU zwischen 2015 und 2019 hingegen seien zwischen 2015 und 2019 bei rund 40 Prozent weitgehend stabil geblieben.QuelleKonrad Adenauer-Stiftung (2021) "Demokratische Einstellungen und Wahlverhalten", Seite 14f

2018

Eine größer angelegte, repräsentative Untersuchung des SVR-Forschungsbereichs aus dem Jahr 2018 stellte fest, dass CDU und CSU mit 43,2 Prozent erst mals die beliebtesten Parteien unter Menschen mit Migrationshintergrund waren.QuelleSVR-Forschungsbereich (2018): "Parteipräferenzen von Zuwanderinnen und Zuwanderern: Abschied von alten Mustern", S. 1 f.

Laut der Untersuchung hat die SPD von 2016 auf 2018 rund 15 Prozentpunkte verloren und kam auf 25 Prozent. Die Grünen und Linken landeten bei jeweils rund 10 Prozent, FDP und AfD bei etwa 5 Prozent.QuelleSVR-Forschungsbereich (2018): "Parteipräferenzen von Zuwanderinnen und Zuwanderern: Abschied von alten Mustern", S. 3 f.

Unter den (Spät-)Aussiedler*innen gaben rund 41 Prozent an, dass ihnen die Unions-Parteien am besten gefallen – rund 5 Prozentpunkte weniger als 2016. 15 Prozent favorisierten die SPD, das waren etwa 10 Prozentpunkte weniger als 2016. Die Linke landete bei knapp 16 Prozent Zustimmung, die AfD bei 12 Prozent.QuelleSVR-Forschungsbereich (2018): "Parteipräferenzen von Zuwanderinnen und Zuwanderern: Abschied von alten Mustern", S. 5

Der Untersuchung zufolge wenden sich viele Türkeistämmige von der SPD ab und der Union zu. 37 Prozent der befragten Türkeistämmigen gaben an, dass ihnen die SPD am besten gefällt – 2016 waren es noch knapp 70 Prozent. Rund 33 Prozent favorisierten die Unions-Parteien, 27 Prozentpunkte mehr als 2016.QuelleSVR-Forschungsbereich (2018): "Parteipräferenzen von Zuwanderinnen und Zuwanderern: Abschied von alten Mustern", S. 6

2017

Ein Forschungsteam der Universitäten Duisburg-Essen und Köln hat rund 500 Türkeistämmige und 500 Russlanddeutsche zu ihrem Wahlverhalten befragt. Aus der UmfrageErste Auswertung der Immigrant German Election Study, E. Goerres, D. Spies, S.J. Mayer, Deutsche mit Migrationshintergrund bei der Bundestagswahl 2017, März 2018, Seiten 6 und 7 ging hervor: Die SPD war unter Türkeistämmigen mit 35 Prozent die beliebteste Partei. Fast ein Drittel der Russlanddeutschen stimmten hingegen für die CDU/CSU (siehe Grafik).QuelleE. Goerres, D. Spies, S.J. Mayer (2018): Deutsche mit Migrationshintergrund bei der Bundestagswahl 2017. Erste Auswertung der Immigrant German Election Study zu Deutschtürken und Russlanddeutschen