Die Kultusministerkonferenz erkennt Mehrsprachigkeit als Ressource an, die gefördert werden soll. Mittlerweile gibt es vieleKonzepte, die andere Sprachen im Unterricht mit einbeziehen – etwa mit mehrsprachigen Arbeitsblättern oder der Möglichkeit, in der Familiensprache zu recherchieren. Wie Schulen mit Mehrsprachigkeit umgehen und wie die Forschungslage zum Thema ist, haben die Mehrsprachigkeitsforscherinnen Galina Putjata und Melanie David-Erb von der Goethe-Universität Frankfurt am Main in einer Expertise für den Mediendienst zusammengefasst.Quelle
Laut der Forscherinnen ist das Schulsystem trotz der vielen mehrsprachigen Schüler oft einsprachig orientiert. Das zeigt sich unter anderem an:
- Konzepten zu Mehrsprachigkeit im Unterricht: Sie hätten bisher meist nur Projektcharakter, Materialien gebe es kaum. Zuweilen komme es gar zu Sprachverboten, die Schülern untersagten, ihre Familiensprachen im Unterricht oder den Pausen zu verwenden.
- Schuleingangsuntersuchungen, die in allen Bundesländern vor der Grundschule durchgeführt werden. Es werde zwar erfasst, ob Kinder weitere Sprachen neben Deutsch sprechen, die Kenntnisse in den Sprachen würden aber nur in Ausnahmen erhoben. Dadurch würden die Sprachkenntnisse und der Lernstand von Kindern unterschätzt.
- Unterricht in den Familiensprachen (herkunftssprachlicher Unterricht, mehr dazu hier). Er ist of nur ein freiwilliges Angebot am Nachmittag und häufig nur für Grundschüler, dadurch habe er eine schulische Randständigkeit.
- Lehrkräften:Sie seien zu wenig auf die unterschiedlichen sprachlichen Voraussetzungen der Kinder und Jugendlichen vorbereitet, es fehle an Aus- und Fortbildung. Das könne mitunter zu Überforderungen führen.Quelle
In der Expertise bereiten die Forscherinnen 2025 die Studienlage zur Mehrsprachigkeit auf und zeigen:
- Kinder profitieren von Vorkenntnissen in anderen Sprachen bei Denk- und Lernprozessen. Wenn mehrsprachige Schüler auf all ihre Sprachkenntnisse zugreifen können, begünstigt das das Lernen auch in anderen Fächern.
- Eine negative Bewertung von Sprachen, insbesondere von Sprachen gesellschaftlicher Minderheiten, kann negative Folgen auf die Selbstwahrnehmung und Persönlichkeitsentwicklung von Kindern haben.
- Weitere Studien zeigen, dass der Einbezug von Mehrsprachigkeit im Unterricht förderlich für Lernprozesse aller Schüler*innen, auch der einsprachigen, sein kann und etwa ihre Lese- und Schreibfähigkeiten sowie ihr Sprachbewusstsein fördern kann.Quelle
Welchen Einfluss haben die Deutschkenntnisse auf den Schulerfolg?
Einfluss auf den Bildungserfolg von Schüler*innen in Deutschland haben vor allem sozioökonomische Faktoren, wie das Bildungsniveau der Eltern. Mehrsprachigkeit in der Familie wirkt sich an sich nicht negativ auf den Bildungserfolg aus: Wenn Eltern mindestens gute Deutschkenntnisse haben, hat dies keinen Einfluss, zeigt die Auswertung des SOEP: Kinder besuchen dann genauso häufig ein Gymnasium wie Kinder ohne Migrationshintergrund.Quelle
Es hat aber einen Einfluss, wenn kaum oder wenig Deutsch zu Hause gesprochen wird – was etwa bei vielen neu zugewanderten Kindern der Fall ist. Laut IQB Bildungstrend 2022 haben Schüler*innen dann weniger Kompetenzen beim Lesen und Zuhören im Fach Deutsch. Bei Rechtschreibung – die in der Schule vermittelt wird – hat die Familiensprache hingegen keinen Einfluss. Im Fach Englisch zeigen sie sogar bessere Kompetenzen.Quelle