Islamischer Religionsunterricht in Deutschland

In mehreren Bundesländern können muslimische Schüler islamischen Religionsunterricht besuchen. Es gibt mehrere Modelle, teils in Kooperation mit islamischen Organisationen. Der Bedarf ist bei Weitem nicht gedeckt.

In elf Bundesländern gibt es an öffentlichen Schulen einen islamischen Religionsunterricht beziehungsweise Angebote für muslimische Schüler. Das geht aus einer Recherche des Mediendienstes 2025 hervor. Es gibt unterschiedliche Modelle: 

  • In Berlinwird islamischer Religionsunterricht in alleiniger Verantwortung eines islamischen LandesverbandsDie "Islamische Föderation Berlin" (IFB) erteilt den Unterricht seit 2001. erteilt. Religionsunterricht ist in Berlin weder ordentliches Unterrichtsfach noch verpflichtend. Quelle Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf Anfrage des Mediendienstes (2025).
  • In Niedersachsen und Baden-Württemberg gibt es islamischen Religionsunterricht als reguläres Angebot. In Niedersachsen wird die Zusammenarbeit zwischen Land und den religiösen Gemeinden durch ein BeiratsmodellIm Beirat für den islamischen Religionsunterricht in Niedersachsen sind die SCHURA Niedersachsen (Landesverband der Muslime in Niedersachsen e.V.) und die DITIB Niedersachsen-Bremen vertreten. organisiert. In Baden-Württemberg gibt es sunnitisch geprägten Unterricht, dafür wurde 2019 unter dem Dach des Landes die Stiftung Sunnitischer SchulratDer Landesverband der Islamischen Kulturzentren Baden-Württemberg (LVIKZ) und die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland (IGBD) sind darin eingebunden. DITIB und die Islamische Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg (IGBW) lehnen eine Mitarbeit ab. Hier sind auch islamische Gemeinden vertreten, zugleich muss der Staat bei drei der fünf Kommissionsmitglieder und der Besetzung der Schiedskommission zustimmen. gegründet.Quelle Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg auf Anfrage des Mediendienstes (2025); Niedersächsisches Kultusministerium auf Anfrage des Mediendienstes (2025, 2023).
  • In Hessengibt es zum einen allein staatlich verantworteten Islamkundeunterricht (mehr dazu unten). Zum anderen wird ein bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht in staatlicher Kooperation mit islamischen VerbändenDiese sind der hessische Landesverband der DITIB und die Ahmadiyya-Gemeinde, sie bieten jeweils getrennte Unterrichtsangebote an. angeboten. Die Lehrpläne für letzteren entwickeln die Religionsgemeinschaften und die staatlichen Stellen gemeinsam. Hessen beendete die Zusammenarbeit mit DITIB wegen fehlender Unabhängigkeit vom türkischen Staat zum Schuljahr 2020/21. Der Verband klagte erfolgreich dagegen, seit 2022/23 findet wieder von DITIB verantworteter Unterricht stattund wird auch nach einer Begutachtung weiter fortgeführt. DITIB sieht in dem rein staatlichen Islamkundeunterricht ein Konkurrenzangebot und hat dagegen geklagt. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat die Klage im Juli 2025 abgewiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, DITIB hat dagegen Berufung eingelegt.QuelleVerwaltungsgericht Wiesbaden (2025): "Klage gegen staatlichen Islamunterricht in Hessen abgewiesen", LINK; Hessisches Kultusministerium auf Anfrage des Mediendienstes (2025, 2023); Hessisches Kultusministerium (2024): Umfassende Begutachtung: Islamischer Religionsunterricht in Kooperation mit DITIB Hessen wird bis auf Weiteres fortgeführt, LINK; Hessisches Kultusministerium (2022): Religionsunterricht: Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, LINK.https://www.hessenschau.de/gesellschaft/land-setzt-nach-urteil-kooperation-mit-ditib-fort,ditib-islamunterricht-102.html
  • In Rheinland-Pfalz soll bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht zukünftig als ordentliches Unterrichtsfach eingeführt werden. Dazu unterzeichnete das Land im Dezember 2024 Verträge mit vier islamischen ReligionsgemeinschaftenDiese sind Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland KdöR, DITIB Rheinland-Pfalz e. V., der Landesverband der Islamischen Kulturzentren Rheinland-Pfalz e. V. und SCHURA Rheinland-Pfalz Landesverband der Muslime e. V.. Einen konkreten Zeitplan gibt es noch nicht. Es müssen noch ein Lehrplan und Unterrichtsmaterialien entwickelt werden, so das Bildungsministerium auf Anfrage. Der Unterricht soll in deutscher Sprache und unter staatlicher Aufsicht erfolgen. Bisher erprobte das Land den islamischen Religionsunterricht modellhaft in den Klassenstufen 1 bis 10. Islamische Verbände oder lokale Moscheegemeinden wurden dabei auf unterschiedliche Weise einbezogen.QuelleMinisterium für Bildung Rheinland Pfalz auf Anfrage des Mediendienstes (2025); Landesregierung Rheinland-Pfalz (2024): Ein Meilenstein für die Zusammenarbeit: Land unterzeichnet Verträge mit vier islamischen Religionsgemeinschaften, LINK.
  • In Nordrhein-Westfalen und im Saarland wird islamischer Religionsunterricht in Zusammenarbeit mit islamischen Partnern als Modell angeboten. Nordrhein-Westfalen hat dafür im Mai 2021 eine ständige KommissionBisher hat ein Beirat den islamischen Religionsunterricht in NRW organisiert. In ihm waren zur Hälfte Vertreter*innen, die das Schulministerium in NRW ernennt, und zur Hälfte Entsandte der islamischen Verbände vertreten. eingerichtet, in der sechs islamische VerbändeBündnis Marokkanische Gemeinde (BMG), Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland (IGBD), Islamische Religionsgemeinschaft NRW (IRG NRW), Union der Islamisch-Albanischen Zentren in Deutschland (UIAZD), Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ). vertreten sind. Derzeit wird der islamische Religionsunterricht evaluiert, ein Abschlussbericht soll voraussichtlich Ende 2025 vorliegen. Im Saarland wird der islamische Religionsunterricht als Modell mit sechs Kooperationspartnern DITIB-Landesverband (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V., Verband der Islamischen Kulturzentren e. V. (VIKZ), Islamische Gemeinschaft Millî Görüš e. V. (IGMG), die Islamische Gemeinde Saar e. V. (IGS), das Bosnische Kulturzentrum Saarbrücken e. V. (BKS) und die Islamischen Kulturzentren Saarbrücken e. V. (IKS). verantwortet. Der Unterricht findet derzeit an vier Grundschulen statt, soll jedoch auf weitere Grundschulen ausgeweitet werden, wenn der Bedarf steigt und es genug geeignete Lehrkräfte gibt. Bei einer Prüfung 2023 bewerteten die beteiligten Schulen den islamischen Religionsunterricht positiv. Der Modellversuch wurde daraufhin um weitere vier Jahre verlängert.QuelleMinisterium für Bildung und Kultur Saarland auf Anfrage des Mediendienstes (2025); Ministerium für Schule und Bildung Nordrhein-Westfalen auf Anfrage des Mediendienstes (2025); Ministerium für Schule und Bildung Nordrhein-Westfalen (2021): Neue Kommission nimmt ihre Arbeit auf, LINK; Sunnitischer Schulrat (2020): "Stiftung Sunnitischer Schulrat", LINK.
  • In Bayern, Schleswig-Holstein und auch in Hessen wird das Fach "Islamkunde" in staatlicher Verantwortung angeboten. Bayern hat das Fach seit 2009 als Modellprojekt erprobt. Seit dem Schuljahr 2021/2022 wird es als Wahlpflichtfach angeboten. Islamische Gemeinden kritisieren diese Praxis, ihrer Auffassung nach müssten sie selbst über die Inhalte und die Lehrkräfte entscheiden. In Schleswig-Holstein wird der islamkundliche Unterricht seit 2013 ausschließlich an Grundschulen angeboten. Bei Bedarf soll das Angebot ausgeweitet werden. Hessen hat seinen Versuch 2023 um drei Jahre verlängert.QuelleBayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus auf Anfrage des Mediendienstes (2025, 2023); Hessisches Kultusministerium auf Anfrage des Mediendienstes (2025); Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur in Schleswig-Holstein auf Anfrage des Mediendienstes (2025); Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (o. J.): Islamischer Unterricht am Gymnasium, LINK; Süddeutsche Zeitung (2021):"Wir können nicht Dankeschön sagen", LINK.https://cdn.website-editor.net/4379ad49be8a43a2b15a515b3ff7455f/files/uploaded/02-DITIB%2520Hessen_Anlage%2520zur%2520PM%2520vom%252022.01.21.pdf
  • In Bremen wird Religionsunterricht generell als Religionskunde, also staatlich, erteilt. Das Bremer Modell ist konfessionsübergreifend. In Hamburg gibt es den "Religionsunterricht für alle" (RUfa). Der RUfa ist ein weltanschaulicher Unterricht. Verschiedene religiöse Gemeinden und Gemeinschaften verantworten diesen gemeinsam. Die Kooperation zwischen der Stadt und islamischen Gemeinden basiert hier auf einem Staatsvertrag. Zum Schuljahr 2023/24 wurde dieser flächendeckend eingeführt.QuelleFreie und Hansestadt Bremen - Die Senatorin für Kinder und Bildung auf Anfrage des Mediendienstes (2025, 2023), Mediendienst Integration (2022): "Zehn Jahre Staatsvertrag mit muslimischen Verbänden", LINK.

In fünf Bundesländern gibt es keinen islamischen Religionsunterricht:

  • In den fünf östlichen Bundesländern ThüringenBrandenburgSachsenSachsen-Anhaltund Mecklenburg-Vorpommern gibt es kein Angebot für muslimische Schüler*innen. Als Alternative zum christlichen Religionsunterricht stehen dort Fächer wie Ethik, Lebenskunde oder Philosophie zur Auswahl.QuelleBildungsministerien der jeweiligen Bundesländer auf Anfrage des Mediendienstes (2025, 2023).

Wie viele Schüler*innen nehmen am islamischen Religionsunterricht teil?

Im Schuljahr 2024/25 nehmen bundesweit mindestens 81.000 Schüler*innen am islamischen ReligionsunterrichtAktuelle Zahlen liegen für Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland vor. Für Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein wurden die Vorjahreszahlen verwendet. Aus Bremen und Hamburg gab es keine Angaben zu Zahlen. teil. Im Schuljahr 2015/16 waren es nach einer Auswertung der Kultusministerkonferenz rund 43.000 Schüler*innen.Quelle Bildungsministerien der jeweiligen Bundesländer auf Anfrage des Mediendienstes (2025, 2023).

Die Nachfrage nach islamischem Religionsunterricht ist damit bei Weitem nicht gedeckt: Die Deutsche Islam Konferenz (DIK) kam bereits 2009 zu dem Ergebnis, dass etwa 580.000 Schüler*innen im Alter von 6 bis 18 Jahren einen islamischen Religionsunterricht besuchen würden. Stand 2023 sind mehr als eine Million Schüler*innen in Deutschland islamischen Glaubens.QuelleMediendienst Integration (2023): Islamischer Religionsunterricht: "Es besteht ein massiver Ausbaubedarf", LINK; Mediendienst Integration (2018): Islamischer Religionsunterricht in Deutschland, LINK.