Das deutsche Bevölkerungsstatistikgesetz (BevStatG) schreibt vor, dass Bundesstatistiken geführt werden müssen, um "die Zahl und die Zusammensetzung der Bevölkerung sowie ihre Veränderungen und deren Ursachen" festzustellen. Die derzeitige Bevölkerungsfortschreibung geht zurück auf die Ergebnisse der Volkszählung von 1987 (Westdeutschland) und 1981 (Ostdeutschland) sowie einer Auswertung des früheren Einwohnerregisters der DDR von 1990. Das soll sich bald ändern:
Mit dem "Zensus 2011" gibt es erstmals eine gemeinsame Volkszählung, die parallel in den EU-Mitgliedstaaten durchgeführt wird. Er soll eine möglichst genaue Momentaufnahme von Basisdaten zur Bevölkerung, Erwerbstätigkeit und Wohnsituation der Einwohner liefern. Nachdem 2013 die vorläufigen Ergebnisse des Zensus 2011 vorgestellt wurden, gibt das Statistische Bundesamt knapp drei Jahre nach der Erhebung nun die endültigen Ergebnisse bekannt.
Die wichtigsten Ergebnisse
Diese bestätigen: Zum Stichtag 9. Mai 2011 lebten 80,2 Millionen Menschen in Deutschland. Davon knapp 6,2 Millionen mit ausschließlich ausländischer Staatsangehörigkeit. Das sind 1,1 Millionen Ausländer weniger, als laut Bevölkerungsfortschreibung angenommen. Darunter stellen
- Türkinnen und Türken mit 1,5 Millionen die größte Gruppe dar (24,4 Prozent),
- gefolgt von knapp 490.000 Einwohnern mit italienischer Staatsangehörigkeit (7,9 Prozent),
- 380.000 mit polnischem (6,2 Prozent),
- 250.000 mit griechischem (4,1 Prozent) und
- 210.000 mit kroatischem Pass (3,4 Prozent).
Zudem zeigen die Zahlen, dass es bei der Verteilung der Ausländergruppen auf die Bundesländer große regionale Unterschiede gibt:
- So lebten die meisten türkischen Staatsbürger in Nordrhein-Westfalen (rund 510.000). Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung war mit 3,7 Prozent jedoch in Bremen am höchsten.
- Die größte Gruppe der Italiener wohnte in Baden-Württemberg (155.000), am stärksten vertreten waren sie im Saarland (1,6 Prozent).
- Die meisten polnischen Staatsbürger wurden in Nordrhein-Westfalen (fast 100.000) gezählt. Den höchsten Anteil in Relation zur Gesamtbevölkerung stellten sie dagegen in Hamburg (1,1 Prozent).
Doppelstaatler gesondert ausgewiesen
Zum ersten Mal wurde im Zensus 2011 auch die Zahl der Deutschen mit (mindestens) einem weiteren Pass registriert. Diese Gruppe wird in der Statistik zur deutschen Bevölkerung gezählt. Dem Zensus 2011 zufolge besaßen laut Melderegistereintrag
- knapp 4,3 Millionen Personen neben der deutschen (mindestens) eine weitere Staatsangehörigkeit,
- davon 690.000 die polnische,
- 570.000 die russische und
- 530.000 die türkische.
Zahlen durch neue Methode korrigiert
Im Unterschied zu den klassischen Volksbefragungen wurde für den Zensus 2011 eine neue Methode angewandt: Es wurden nicht mehr alle Bürger und Haushalte in Deutschland tatsächlich befragt, sondern stichprobenartig rund 10 Prozent der Bevölkerung. Darüber hinaus wurden Daten aus Melderegistern einbezogen.
Bereits im Mai 2013 hatte Destatis bekanntgegeben, dass die Einwohnerzahl Deutschlands am 9. Mai 2011 um rund 1,5 Millionen Einwohner niedriger war als bis zu diesem Zeitpunkt auf Basis der Bevölkerungsfortschreibung angenommen. Denn: Die Bevölkerungsfortschreibung beruht auf einer Fortschreibung der vorangegangenen Volkszählungen. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand wird diese immer ungenauer. Mit den jetzt veröffentlichten Zahlen aus dem Zensus 2011 liegen Destatis zufolge die endgültigen demografischen Grunddaten vor.
Abweichende Zahlen: Welche sind gültig?
Das vom Bundesverwaltungsamt geführte Ausländerzentralregister (AZR) kommt regelmäßig zu einem höheren Ausländeranteil in der Bevölkerung als die bisherige Bevölkerungsfortschreibung. Grund dafür sind "Unterschiede in den Erhebungsmethoden", wie das Statistische Bundesamt dem Mediendienst erklärt. Beim AZR werden rund 25 Millionen personenbezogene Datensätze über Ausländer mit Aufenthaltstitel oder Asylsuchende verwaltet. Die Zahl der registrierten Ausländer hat 2013 laut Angaben des Statistischen Bundesamts "ein Rekordniveau" erreicht: Mehr als 7,6 Millionen Menschen mit ausschließlich ausländischer Staatsangehörigkeit seien hier im vergangenen Jahr erfasst worden.
Hinzu kommt, dass parallel dazu auch jedes Jahr abweichende Zahlen zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund im "Mikrozensus" veröffentlicht werden. Sie werden bislang anhand der Bevölkerungsfortschreibung ermittelt und werden durch die neuen Ergebnisse des Zensus 2011 beeinflusst. Der Mikrozensus 2013, der voraussichtlich 2015 veröffentlicht wird, soll erstmals auf den Ergebnissen des Zensus basieren. Das bedeutet, die bisherigen Zahlen sind dann hinfällig und die Angaben zur Bevölkerung stehen auf der – nach unten korrigierten – neuen Grundlage. Bis dahin gelten die Angaben aus dem Mikrozensus 2012.
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Von Rana Göroğlu, MDI
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