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ÜBER DIESE FOLGE
Folge 4: "Die 10 größten Migrationsmythen"
mit dem Soziologen Hein de Haas (Universität Amsterdam)
Diese Folge gibt es auch auf Englisch / Episode in English here >> Link
Mehr zum Buch "Migration - 22 populäre Mythen" hier >> Link
Der Podcast "Einwanderungsland" richtet sich an alle, die das große Ganze verstehen wollen, wenn es um Migration geht. In 20 Minuten bieten wir Einblicke, Fakten und Zahlen zu polarisierten Migrationsdebatten. In dieser Folge sprechen wir mit dem niederländischen Soziologen Hein de Haas (Universität Amsterdam), einem renommierten Migrationsforscher, über sein neues Buch "Wie Migration wirklich funktioniert". Er hat einige überraschende Antworten auf die "Top 10 Migrationsmythen".
Im Gespräch betont de Haas, dass es "keinen Grund zur Panik" gebe. Die Welt stecke nicht in einer Migrationskrise. Trotz vieler dramatischer Berichte und Bilder von Migration in den Medien. Die tatsächlichen Zahlen der internationalen Migration seien überraschend stabil: 3 Prozent der Weltbevölkerung seit Jahrzehnten.
Er betont auch, dass es eine Kluft gebe zwischen dem, was einige Politiker über Migration sagten – und dem, was sie tun. Zum Beispiel sagten einige eher rechte Regierungen, sie würden "hart" gegen die Migration vorgehen und versprächen strenge Gesetze. Gleichzeitig vermieden sie es, irreguläre Arbeitskräfte und Arbeitgeber stärker zu kontrollieren. Zum Beispiel in der Fleischindustrie, im Transportwesen oder in Restaurants. Denn Migranten, auch irreguläre, hätten als Arbeitskräfte eine wichtige Funktion. Seine Schlussfolgerung: "Um Migration wirklich zu stoppen, müsste man die Wirtschaft aus dem Weg räumen. Und man könnte auch sagen, dass eine höhere Zuwanderung fast ein Zeichen für wirtschaftlichen Erfolg ist."
DIE 10 GRÖßTEN MYTHEN
- Mythos Nr. 1: Unsere Grenzen sind nicht mehr sicher.
- Mythos Nr. 2: Noch nie gab es so viel Migration wie heute.
- Mythos Nr. 3: Harte Politik kann die Migration eindämmen.
- Mythos Nr. 4: Die Festung Europa schottet sich ab.
- Mythos Nr. 5: Die Rechte ist gegen und die Linke für Migration.
- Mythos 6: Ausländer nehmen Arbeitsplätze weg und senken die Löhne.
- Mythos Nr. 7: Wir brauchen qualifizierte Arbeitskräfte, keine unqualifizierten Arbeiter aus armen Ländern.
- Mythos Nr. 8: Migration gefährdet unseren Sozialstaat.
- Mythos Nr. 9: Migration ist die Lösung für die Überalterung der Gesellschaft.
- Mythos Nr. 10: Der Klimawandel wird Massenmigration verursachen.
ZU DEN MYTHEN
"Wenn man die Medien verfolgt und Politikern zuhört, ensteht der Eindruck, dass die Migration in absoluten Zahlen einen neuen Höchststand erreicht hat – das stimmt. Aber wenn wir uns die relativen Zahlen ansehen, dann sehen wir, dass die weltweite Migration überraschend stabil geblieben ist. Vor 50 Jahren waren etwa 3 Prozent der Weltbevölkerung internationale Migranten, und dieser Prozentsatz ist im Wesentlichen gleich geblieben."
"(...) Die Migration aus afrikanischen Ländern nach Europa ist größtenteils eine kontrollierte und legale Einwanderung. Zum Beispiel kommen 9 von 10 Personen aus afrikanischen Staaten auf legalem Wege nach Europa. Das zeigt, wie sehr die Bilder in den Medien die Dinge verzerrt darstellen und uns nicht erlauben, das Gesamtbild zu sehen."
"Bedenken über die irreguläre Einwanderung sind völlig berechtigt. Ich teile diese Bedenken. Das Einzige, was ich beobachte, ist, dass die Politik nicht funktioniert hat. Denn was wir tun, ist immer mehr vom Gleichen, und es hat offensichtlich versagt."
"Und wenn man sich die Menschen mit niedrigen Einkommen ansieht, zeigt sich auch, dass sie wirtschaftlich kaum von der Migration profitieren. Es stimmt also nicht, dass die Zuwanderer ihre Löhne drücken, aber sie profitieren auch nicht besonders von der Zuwanderung. Und das sind oft genau die gleichen Menschen, die in den Vierteln leben, in denen viele Zuwanderer leben... Man könnte also sagen, dass die Vorteile der Migration nicht gleichmäßig verteilt sind."
"Wir sehen oft eine enorme Diskurslücke oder, wenn man so will, eine enorme Heuchelei, wenn es darum geht, was Politiker versprechen und was sie nicht tun ... Das sieht man zum Beispiel sehr deutlich in Ungarn und Italien, wo wir jetzt Politiker rechts außen haben, die versprechen, die Einwanderung einzuschränken, die viel über die Bekämpfung der irregulären Einwanderung reden, aber gleichzeitig eine Rekordzahl von Arbeitsmigranten zulassen, und zwar von weniger qualifizierten Arbeitsmigranten, weil sie wirtschaftlich gebraucht werden."
Der Podcast "Einwanderungsland" wird von Robert Bosch Stiftung gefördert.
Weitere Quellen:
> Zahlen zur Weltmigration, Hein de Haas, Link
> Zur Behauptung, Flüchtlinge würden die Löhne drücken, Mediendienst, Link
> Zahlen & Fakten zur Migration in Deutschland, Mediendienst, Link
> Über die Auswirkungen von Migranten auf den Sozialstaat ("fiscal balance"), OECD; Link
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