Die meisten Fußballfans vertreten keine rechten oder menschenfeindlichen Positionen. Viele Vereine setzen sich gegen Rassismus und für Integration ein: So gaben zum Beispiel mehr als zwei Drittel der Fußballvereine in einer Befragung von 2020 an, sich für die Integration von Migrant*innen zu engagieren (69 Prozent). Dennoch berichten besonders Schwarze Fußballspieler immer wieder von rassistischen Angriffen im Netz und im Stadion.Quelle
Rassistische Einstellungen etwas häufiger
Rassistische Einstellungen sind in Fußballvereinen etwas häufiger vorzufinden, wie eine Sonderauswertung der Mitte-Studie von 2023 zeigte. So stimmen 16 Prozent der befragten Fußballvereinsmitglieder der Aussage zu "Die Weißen sind zu Recht führend in der Welt", weitere 17 Prozent stimmen hier teilweise zu. Zum Vergleich: Nur rund 4 Prozent der Befragten anderer Sportvereine stimmten dieser offen rassistischen Aussage zu. Quelle
Auch "positiv rassistische" Einstellungen sind unter Fußballvereins-Mitgliedern etwas mehr verbreitet. Rund die Hälfte stimmten eher oder ganz der Aussage zu: "Schwarze Menschen sind im Sport besonders talentiert." Unter Menschen, die nicht in Sportvereinen sind, bejahen das rund 40 Prozent. Quelle
Immer wieder sorgen Fan-Aktionen oder sogenannte "Choreos" im Stadion für Diskussionen. Eine Choreografie der Fans von Hansa Rostock Ende 2023 wurde zum Beispiel viel diskutiert, weil sie Anspielungen auf rassistische Pogrome in den Neunzigerjahren enthielt.Quelle
Rassistische Gewalttaten nach Spielen
Forschende zeigten einen Zusammenhang zwischen den Leistungen von Schwarzen Profispielern und dem Auftreten rassistisch motivierter Gewaltdelikte. Ein Beispiel: Nachdem drei Schwarze Spieler der englischen Auswahl ihre Elfmeter im Endspiel der Euro 2020 vergeben hatten, stieg in den darauffolgenden Wochen die Zahl rassistisch motivierter Gewalttaten in London um rund 30 Prozent.Quelle
Bislang wurde noch kein Bundesliga-Spiel wegen Rassismus abgebrochen. In der Geschichte der Liga kam es seit 1963 zu acht Spielabbrüchen. Keiner davon aufgrund von Gewalt- oder Diskriminierungsvorfällen. Im europäischen Fußball gibt es immer wieder Spielunterbrechungen oder -abbrüche wegen rassistischer Vorfälle.Quelle
Im Profifußball wurde im Dezember 2021 erstmals ein Drittliga-Spiel abgebrochen, nachdem der Spieler Aaron Opoku von rassistischen Beleidigungen durch einen Fan berichtet hatte. Der Vorwurf ließ sich nach polizeilichen Ermittlungen jedoch nicht erhärten.Quelle
Im Amateurfußball werden vergleichsweise häufig Vorfälle zu Spielabbrüchen aufgrund von Gewalt- oder Diskriminierung, so Zahlen des DFB. In der Saison 2022/2023 gab es bei bei 1,5 Millionen Spielen:
• 961 Spielabbrüche wegen Gewalt oder Diskriminierung
• rund 2.700 Diskriminierungsvorfälle (2.679 Fälle, 0,2 Prozent) und
• rund 3.900 Gewaltvorfälle (3.907, 0,3 Prozent aller Spiele).Quelle
In den vergangenen Jahren hat der DFB in allen Bundesländern Anlaufstellen für Betroffene von Gewalt und Diskriminierung eingerichtet. Erste Zahlen aus deren Arbeit legen nahe, dass die tatsächlichen Zahlen solcher Fälle höher liegen könnten. Im zweiten Halbjahr 2022 wurden allein in Nordrhein-Westfalen 543 Fälle gemeldet, davon 140 wegen Rassismus. Im ersten Halbjahr 2023 gab es bereits 850 Meldungen. Quelle
Mit dem Erstarken des Rechtspopulismus in Deutschland diskutieren Fußballverbände, wie sie sich dazu positionieren. Zum Beispiel wird darüber gesprochen, ob Mitglieder ausgeschlossen werden können, die rechtspopulistische Positionen vertreten, die nicht mit den Werten im Sport vereinbar sind. Gleichzeitig fürchten sie um ihre Gemeinnützigkeit.Quelle
Einzelne Vereine, zum Beispiel Eintracht Frankfurt oder der SC Freiburg haben sich klar gegen die AfD positioniert. Große Sportverbände, wie der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), haben sich in einem Positionspapier 2020 gegen Rechtspopulismus ausgesprochen. Die "parteipolitische Neutralität von Sportvereinen" sei durch so ein Vorgehen nicht bedroht, so ein Rechtsgutachten von 2021.Quelle
Struktureller Rassismus im Fußball
Der organisierte Fußball engagiert sich stark gegen Rassismus im Stadion und für die Integration von Migrant*innen in Vereinen. Dennoch legen Untersuchungen nahe, dass einzelne Strukturen und Abläufe im Fußball nicht-weiße Menschen benachteiligen ("struktureller Rassismus"). Zwei Bereiche machen das deutlich: Die Leitungsgremien der Fußballverbände und die Team-Aufstellungen von Spielern.
Gremien: In der Nationalmannschaft spielen viele Profis mit Migrationshintergrund. Und in Fußballvereinen treiben deutlich mehr Menschen mit Einwanderungsgeschichte Sport als in andern Sportarten. Aber: Sie sind sehr selten vertreten in den Vorständen, Gremien und Kommissionen der Fußballvereine und -verbände. Hier zeige sich eine "soziale Exklusivität" von Fußball, so ein Forschungsbericht von 2020. Unter den 372 Mitgliedern der höchsten DFB-Gremien hatten im Jahr 2020 nur rund 4 Prozent einen Migrationshintergrund (oder 13 Personen). Zum Vergleich: In der Bevölkerung hatten 2020 rund 27 Prozent einen Migrationshintergrund.Quelle
Spieler-Aufstellung:Es gibt Hinweise darauf, dass Schwarze Spieler und People of Colour häufiger auf bestimmten Positionen im Profi-Fußball eingesetzt werden. In der englischen Forschung wird das als "racist stacking" beschrieben. Bislang gibt es nur wenig Forschung zum Thema in Deutschland und es ist unklar, ob rassistische Zuschreibungen der Grund für das Phänomen sind. Forscher*innen des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) haben anhand von Aufstellungslisten der 1. und 2. Bundesliga in der Saison 2020/2021 festgestellt, dass Schwarze Fußballprofis häufiger als offensive Spieler auf den Außenbahnen spielen. Das ist eine Spielerposition, die besonders mit "Körperlichkeit, Aggressivität und Schnelligkeit" verbunden werde, so die Forscher*innen. Im Tor gab es keinen Schwarzen Profi-Torwart in der ersten und zweiten Bundesliga.Quelle
Im englischsprachigen Raum ist das Phänomen zum Beispiel von der Besetzung des Quarterbacks im American Football bekannt. Über die Ursachen gibt es in der Wissenschaft noch keine Einigkeit. Der Sportwissenschaftler Ansgar Thiel von der Uni Tübingen sagt, es brauche noch weitere Forschungen, um auszuschließen, dass es sich bei den kleinen Fallzahlen etwa bei Torwarten um zufällige Phänomene handelt.Quellen
Rassismus in Sportkommentaren
Es kommt es immer wieder zu Rassismus-Vorwürfen gegenüber TV-Kommentatoren. Eine Studie des dänischen Forschungsunternehmens RunRepeat in Zusammenarbeit mit der englischen Spielergewerkschaft PFA untersuchte 2021 erstmals den sogenannten Racial Bias ("rassistische Verzerrung") in Fußball TV-Kommentaren. Das Ergebnis: Lob in Bezug auf die Intelligenz und Arbeitsmoral war zu 63 Prozent an weiße Spieler gerichtet, Kritik zu 63 Prozent an Spieler of Colour und Schwarze Spielern. Die Kommentatoren brachten weiße Spieler eher mit Intelligenz und Arbeitsmoral in Verbindung. Hingegen wurden Schwarze Spielern und Spielern of Colour eher auf ihre körperlichen und athletischen Fähigkeiten reduziert. Die Forscher gehen bei dieser groben Stichprobe von keinen fairen Kommentaren und einem Racial Bias aus.Quelle
Vorurteile auch in Computerspielen
Im Computerspiel "FIFA" werden vermeintliche Eigenschaften und Kompetenzen von realen Spielern ihren digitalen Versionen zugeschrieben, so eine Studie von 2022. So werden Schwarze Spieler bei den körperlichen Kompetenzen besser bewertet als weiße Spieler. Dies zeigt sich am deutlichsten in den Kompetenzen Sprungkraft (78 zu 71 Punkten), Sprintgeschwindigkeit (79 zu 71) und Stärke (77 zu 72). Während weiße Spieler besser bei technischen Fähigkeiten abschneiden, wie dem Passspiel, oder Freistößen (68 zu 65).Quelle
Was unternehmen Fußballverbände gegen Rassismus?
Der Deutsche Fußball-Bund engagiert sich laut Satzung für die "Förderung von Integration" und er will die "Beseitigung von Diskriminierung". Dazu organisiert er seit Jahren mehrere Maßnahmen und Projekte, zum Beispiel die jährliche Verleihung des Julius-Hirsch-Preises, die Ernennung von Botschafter*innen gegen Rassismus, oder Monitoring von Diskriminierungs-Vorfällen im Amateurfußball.Quelle
Eine Maßnahme sind die Anlaufstellenfür Betroffene von Gewalt und Diskriminierung. Diese wurden in den vergangenen Jahren in allen 21 Landesverbänden eingerichtet. Erste Zahlen zeigen, dass es einen großen Bedarf gibt: Im ersten Halbjahr 2023 gab es bereits 850 Meldungen wegen Diskriminierung alleine bei der Meldestelle in Nordrhein-Westfalen.Quelle
Auch die Bundesregierung fördert Projekte gegen Rassismus und Rechtsextremismus im Fußball, zum Beispiel mit der Koordinierungsstelle Fanprojekte (Kos), und fördert Forschungsprojekte zum Thema.Quelle
Was tun Fußballfans gegen Rassismus?
Es gibt zahlreiche Fanprojekte, die die Themen Rassismus, Antisemitismus oder Sexismus in den Fankurven in den letzten Jahren immer wieder zum Thema gemacht haben. Zum Beispiel mit Aktionen gegen Rassismus im Stadion oder Ausstellungen zu "Fußball im Nationalsozialismus". Es gibt auch eine Übersicht von 31 Fanprojekten gegen Rassismus mit Kontakten.Quelle
Die Kompetenzzentrum Fankulturen (KOS) bietet Beratung und Vernetzung zum Thema "Fanprojekte". Hier können antisemitische Vorfälle gemeldet werden und es gibt ein Siegel für Fanprojekte mit professioneller Sozialarbeit.Quelle