Antidiskriminierungsgesetze in den Bundesländern

Als einziges Bundesland hat Berlin ein Landesantidiskriminierungsgesetz verabschiedet. Es soll Bürger vor Diskriminierung durch den Staat schützen – etwa durch Schulbehörden oder Polizei. Einige Bundesländer wollen nachziehen.

2020 verabschiedete Berlin als erstes Bundesland ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG). Ziel des Gesetzes ist es, Personen vor Diskriminierung durch Behörden zu schützen: etwa vor Racial Profiling durch Polizist*innen, vor Diskriminierung durch Schulbehörden oder das Jugendamt. Zwar gibt es auf Bundesebene das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das gilt aber nur unter Privatpersonen, zum Beispiel zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, und nicht zwischen dem Bürger und dem Staat.QuelleSenatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung: "Materialien rund um das LADG"; Zum Gesetzestext

Mit dem Berliner LADGsteht Betroffenen Schadenersatz zu und sie müssen nicht selbst klagen, sondern Verbände können das für sie übernehmen (Verbandsklagerecht). Zudem gilt eine Beweislasterleichterung (keine Beweislastumkehr): Die betroffene Person muss vor Gericht glaubhaft machen – und nicht vollständig beweisen –, dass sie Diskriminierung erlebt hat. Wenn das gelingt, muss die andere Seite beweisen, dass sie nicht diskriminiert hat. Es wurde eine Ombudsstelle eingerichtet, die Betroffene berät und in Streitfällen  vermittelt.

Zivilgesellschaftliche Organisationen lobten das LADG. Kritik kam etwa von Polizeigewerkschaften, sie warnten vor Klagewellen. Die ersten Erfahrungen aus Berlin zeigen: die Klageflut bleibt aus: Der Ombudsstelle sind sieben Gerichtsverfahren bekannt, in denen zuvor eine Beschwerde bei ihr eingereicht wurden, so die zuständige Senatsverwaltung auf Anfrage des Mediendienstes (Stand Ende Juni 2025). Die Polizeiarbeit wurde durch das LADG nicht beeinträchtigt, so der Pressesprecher der Berliner Polizei 2021 auf einem Pressegespräch des Mediendienstes.QuelleAntwort der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung auf Anfrage des Mediendienstes Juni 2025

Zahlen: Beschwerden mit Bezug zum LADG

In den ersten fünf Jahren nach Verabschiedung des LADG 2020-2025 gingen bei der Ombudsstelle 1.785 Beschwerden mit Bezug zum Gesetz ein. Über ein Drittel der Beschwerden bezog sich auf rassistische Diskriminierung (669 Beschwerden). 382 Beschwerden betrafen Bezirksämter, 295 das Bildungswesen sowie 191 die Polizei. Insgesamt erhielt die Ombudsstelle rund 4.000 Beschwerden, einige bezogen sich auf das AGG oder waren sonstige Beschwerden (Stand Juni 2025).QuelleAntwort der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung auf Anfrage des Mediendienstes Juni 2025; Omudsstelle auf Anfrage August 2023

Antidiskriminierungsgesetze in den Bundesländern

Die Regierung in Baden-Württemberg brachte im Dezember 2023 ein LADG auf den Weg, das "Gleichbehandlungsgesetz Baden-Württemberg" (zum Entwurf). Medienberichten zufolge gibt es jedoch Unstimmigkeiten in der Koalition um das Gesetz (Stand Oktober 2024). Die Regierung in Nordrhein-Westfalen hat im November 2025 einen Entwurf für ein LADG vorgestellt. Das Gesetz soll im zweiten Halbjahr 2026 in Kraft treten. Vier weitere Landesregierungen haben im Koalitionsvertrag vereinbart, ein LADG einzuführen: Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Bremen.QuelleUmfrage des Mediendienstes unter den zuständigen Ministerien, August 2023 sowie Unabhängige Beauftragte für Antidiskriminierung: "Zur rechtlichen Notwendigkeit von Landesgesetzen für Antidiskriminierung", LINK; Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (2025):"Landesregierung bringt Landesantidiskriminierungsgesetz auf den Weg," LINK.

Sachsen, Brandenburg, Hamburg und Hessen haben ein Gutachten durchgeführt: Sachsen hat im Anschluss Abstand von der Einführung eines LADG genommen. In Hessen wurde 2023 das Gutachten veröffentlicht. Die neue Landesregierung in Hessen hat sich im Koalitionsvertrag Ende 2023 erneut darauf geeinigt, zu prüfen, ob es Gesetzeslücken gibt. Auch Schleswig-Holstein will eine Prüfung durchführen.QuelleUmfrage des Mediendienstes unter den zuständigen Ministerien, August 2023 sowie Unabhängige Beauftragte für Antidiskriminierung: "Zur rechtlichen Notwendigkeit von Landesgesetzen für Antidiskriminierung", LINK 

Bayern, das Saarland, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen planen keine LADGs.QuelleUmfrage des Mediendienstes unter den zuständigen Ministerien, August 2023 sowie Unabhängige Beauftragte für Antidiskriminierung: "Zur rechtlichen Notwendigkeit von Landesgesetzen für Antidiskriminierung", LINK

Gibt es gesetzliche Schutzlücken?

Laut Fachleuten bestehen Schutzlücken zu EU-Vorgaben im Bildungsbereich: Die Antirassismusrichtlinie der EU sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten rassistische Diskriminierung bekämpfen müssen – unter anderem im Arbeitsleben und in der Bildung. Das Arbeitsleben ist durch das AGG abgedeckt, das Bildungssystem aber nicht. Ein weiteres Defizit zu EU-Vorgaben bestehe in der Beweislasterleichterung. Betroffene müssen demnach allein bestimmte Indizien glaubhaft machen, dass die Diskriminierung vorliegt. Gelingt das, muss die andere Seite das Gegenteil belegen, nämlich das keine Diskriminierung gegeben ist.QuelleAntirassismusrichtlinie (2000/43/EG), LINK; Mediendienst (2021): "Ziehen andere Bundesländer beim LADG nach?", LINK

Wichtige Quellen
>> Gesetzestext des Berliner LADG, LINK
>> Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung: "Materialien rund um das LADG; LINK
>> Antirassismusrichtlinie der EU, LINK>> Unabhängige Beauftragte für Antidiskriminierung (2025): "Zur rechtlichen Notwendigkeit von Landesgesetzen für Antidiskriminierung", LINK
>> Mediendienst (2021): "Ziehen andere Länder beim LADG nach?", LINK
>> Mediendienst (2021): "LADG hat Polizeiarbeit in keiner Weise behindert", LINK