Zahl antisemitischer Straftaten

Antisemitische Straftaten in Deutschland haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. 2024 erreichten sie einen Höchststand. Viele der Straftaten stehen im Zusammenhang mit dem Krieg in Nahost.

Im ersten Halbjahr 2025 erfassten die Behörden 2.044 antisemitische Straftaten, darunter 50 Gewalttaten. 2024 wurden 6.236 antisemitische Straftaten erfasst, 173 davon Gewalttaten. Das ist ein neuer Höchststand antisemitischer Straftaten. Bereits von 2022 auf 2023 hatten sich die antisemitischen Straftaten im Zusammenhang mit dem Krieg im Nahost fast verdoppelt.QuelleDeutscher Bundestag (2025): Drucksache 21/1489, S. 2-3, LINK; BMI (2025): Bundesweite Fallzahlen 2024 Politisch motivierte Kriminalität, S. 13, LINK; Deutscher Bundestag: Drucksache 20/14419, eigene Berechnung; Deutscher Bundestag: Drucksache 20/13559, S. 2, 5, LINK, eigene Berechnung; BMI (2024): Factsheet Politisch Motivierte Kriminalität 2023, LINK; Deutscher Bundestag (2024): Drucksache 20/11116, S. 2.; Deutscher Bundestag (2024): Drucksache 20/11066, S. 15ff., eigene Berechnung, LINK;

Die registrierten antisemitischen Straftaten umfassen Volksverhetzung nach §130 StGB, Sachbeschädigungen, Beleidigungen bis hin zu körperlichen Attacken gegen Jüdinnen und Juden. Aktuell registriert die Polizei viele Fälle, die sie als Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach §86a StGB einstuft. Darunter fällt auch die Parole „From the river to the sea”. Ob die Parole tatsächlich strafbar ist, dazu urteilen Gerichte unterschiedlich. Laut Zivilgesellschaftlichen Organisationen gibt es zunehmend Angriffe auf Gedenkstätten und Erinnerungsorte.Quellevgl. Deutscher Bundestag 20/13559, LINK vgl. Amadeu Antonio Stiftung: Angriffe auf die Erinnerung, Zivilgesellschaftliches Lagebild Antisemitismus, LINK

Vom wem werden die antisemitischen Straftaten begangen?

Rund 50 Prozent der Straftaten 2024 waren auf das rechte Milieuzurückzuführen, rund 31 Prozent einer "ausländischen Ideologie". Vor 2023 waren meist über 80 Prozent der Straftaten dem rechten Spektrum zuzuordnen. Der Anteil könnten aber zu hoch gelegen haben, da Straftaten bisher dem rechten Spektrum zugeordnet wurden, wenn es keine "gegenteiligen Anhaltspunkte" gab. Das ändert sich im Jahr 2024, nicht klar zuordenbare Straftaten werden jetzt in der Kategorie "Sonstige Zuordnung" erfasst.QuelleQuelleBMI (2025): Factsheet Politisch Motivierte Kriminalität 2024, S. 12, LINK; Deutscher Bundestag 2024: Drucksache 20/10926, S. 36ff., LINK

Bei den Vorfällen, die die Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus 2023 erfassten waren etwa 61 Prozent der Vorfälle keinem Milieu zugeordnet – u.a. da viele Schmierereien oder Beschädigungen mit unbekannten Täter*innen unter den Vorfällen waren. 9 Prozent wurden einem rechtsextremen Hintergrund zugeordnet.QuelleBundesverband RIAS (2023): "Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023", S. 30, 32, LINK

Antisemitische Straftaten und Vorfälle seit dem 7. Oktober 2023

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und der folgenden israelischen Gegenoffensive ist ein deutlicher Anstieg antisemitischer Vorfälle und Übergriffe zu verzeichnen:

  • Rund 15.900 politisch motivierte Straftaten erfasste das BKA bis Ende September 2025 im Zusammenhang mit dem Nahost-Krieg. Davon wurden rund 6.400 als antisemitisch motiviert eingestuft. 2023 und 2024 wurden die meisten einer "ausländischen IdeologieLaut BKA Straftaten bei denen die Tat und/oder die Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür geben, dass eine „aus dem Ausland stammende nichtreligiöse Ideologie“ entscheidend für die Tat war; z.B. sie darauf gerichtet ist politische Ereignisse im In- und Ausland zu beeinflussen.“ oder "religiösen Ideologie" zugeordnet. Insgesamt hat sich die Zahl antisemitischer Straftaten von 2022 auf 2023 verdoppelt und erreichte 2024 einen weiteren Höchststand.QuelleBMI (2025): Bundesweite Fallzahlen 2024 Factsheet Politisch motivierte Kriminalität, S. 24, LINK; Antwort des BKA auf Anfrage des MEDIENDIENSTES; Anfrage des MEDIENDIENSTES beim Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung; Deutscher Bundestag (2024): Drucksache 20/11066, S. 15ff. LINK, eigene Berechnung
  • Von den antisemitischen Straftaten, die 2024 im Zusammenhang mit dem Krieg in Nahost erfasst wurden, standen rund 27 Prozent im Zusammenhang mit Demonstrationen, 32 Prozent waren Volksverhetzung nach §130 StGB, 29 Prozent das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach §86a StG. Es wurden 21 Angriffe auf Gedenkstätten registriert. Die Zahlen für das laufende Jahr 2025 liegen dazu noch nicht vor.QuelleBundeskriminalamt auf Anfrage des Mediendienstes (September 2025).
  • Zwischen Oktober 2024 und September 2025 hat die Beratungsstelle OFEK 1.108 Beratungsanfragen erhalten, 1.068 wegen antisemitischer Vorfälle. Das sind weniger Vorfälle als im ersten Jahr nach dem 7. Oktober (1.858 Beratungsfälle insgesamt). Die Zahlen liegen allerdings deutlich über den Werten aus den Jahren vor dem Angriff der Hamas auf Israel.QuelleOFEK (2025): "Beratungsstatistik 2024-2025", S. 2, 5, LINK
  • 42 Prozent der jüdischen Gemeinden in Deutschland waren 2024 von antisemitischen Vorfällen betroffen, darunter Beleidigungen, Zuschriften, Drohanrufe und Schmierereien. Das zeigt eine Umfrage des Zentralrats der Juden in Deutschland unter Vorsitzenden jüdischer Gemeindenüber 90 Prozent haben geantwortet (98 Gemeinden). 63 Prozent der Gemeinden geben an, dass der Krieg in Nahost negative Auswirkungen auf die Gemeinden habe – es gibt Angst vor Angriffen und einen spürbaren Anstieg von Antisemitismus. 43 Prozent der Gemeinden sagen, dass weniger Mitglieder am Gemeindeleben teilnehmen.QuelleZentralrat der Juden in Deutschland (2024): „Lagebild: Auswirkungen des Krieges in Israel auf die jüdischen Gemeinden in Deutschland“, LINK
  • Laut BMI haben seit dem 7. Oktober antisemitische Beiträge auf den sozialen Medien deutlich zugenommen.QuellePressemitteilung des BMI, 13. Februar 2024, LINK

Wie werden antisemitische Straftaten erfasst?
Die Landeskriminalämter übermitteln dem Bundeskriminalamt alle politisch motivierten Straftaten. Die Länder ordnen sie ausgehend von den Motiven zur Tatbegehung und den Tatumständen verschiedenen „Themenfeldern" zu (u. a. Hasskriminalität, eine Unterkategorie davon ist Antisemitismus) sowie einem „Phänomenbereich“ (-links-, -rechts-, -ausländische Ideologie-, -religiöse Ideologie-, -sonstige Zuordnung-), abhängig von den ideologischen Hintergründen und Ursachen der Tatbegehung.
Die PMK ist eine Eingangsstatistik, im Gegensatz zur Polizeilichen Kriminalstatistik. Straftaten werden also schon zu Beginn der polizeilichen Ermittlungen in die PMK aufgenommen. Bis Ende 2023 wurden antisemitische Straftaten automatisch der Kategorie -rechts- zugeordnet, wenn es keine anderen Anhaltspunkte gab. Das wurde für die Erfassung 2024 geändert: Straftaten, fallen unter -sonstige Zuordnung-, falls der Phänomenbereich unklar ist.Quellevgl. Bundeskriminalamt (2024): "Bundesweite Fallzahlen 2023", S. 3, LINK; QuelleDeutscher Bundestag 2024: Drucksache 20/10926, S. 36ff., LINK
Mehr zur Schwächen der PMK-Statistik hier

Welche weiteren Statistiken gibt es neben der polizeilichen Kriminalstatistik?
Die polizeiliche Erfassung antisemitischer Straftaten steht in der Kritik: Viele Übergriffe würden nicht registriert, sagen Fachleute. Eine Untersuchung der Universität Bielefeld zeigt: Nur rund ein Viertel der Betroffenen antisemitischer Vorfälle hat diese gemeldet. Betroffene haben oft kein Vertrauen darin, dass die Behörden sie ernst nehmen oder sich durch die Anzeige etwas ändere.

Verschiedene Organisationen führen daher eigene Zählungen durch:

  • Die Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) erfassten 2024 bundesweit 8.627 antisemitische VorfälleDazu zählen extreme Gewalt, Angriffe, gezielte Sachbeschädigungen, Bedrohungen, verletzendes Verhalten, antisemitische Massenzuschriften und Versammlungen mit antisemitischen Inhalten., das ist ein Anstieg um knapp 77 Prozent gegenüber 2023 (4.886 Vorfälle). Die Daten basieren auf Meldungen beim Bundesverband oder einem der Landesverbänden von RIAS. Die Erfassung durch RIAS wird teilweise kritisiert mit der Begründung, dass der israelbezogene Antisemitismus zu weit gefasst würde.QuelleBundesverband RIAS (2025): "Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2024", S. 8, 10, 61 f., LINK; Diaspora Alliance (2025): "Biased: Antisemitismus-Monitoring in Deutschland auf dem Prüfstand", Link
  • Der Verband VBRG veröffentlicht jährlich Zählungen von Opferberatungsstellen, darunter Zahlen zu antisemitischen Gewalttaten nach dem Strafgesetzbuch: Für 2024 erfasste der Verband 354 Angriffe (2023: 318). Davon waren 112 Körperverletzungen.QuelleVBRG (2025): Pressemitteilung zur Jahresbilanz rechter Gewalt 2024, LINK
  • Die Amadeu Antonio Stiftung führt eine Chronik antisemitischer Straftaten.QuelleRIAS (2023): Antisemitische Vorfälle in Berlin, S. 8; RIAS (2023): Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2022, S. 8, S. 36; Amadeu Antonio Stiftung (2019): "Chronik antisemitischer Vorfälle"; RIAS (2021) "Antisemitische Vorfälle in Berlin 2020", S. 4; Universität Bielefeld (2017): "Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in Deutschland", S. 30; Deutscher Bundestag (2017): "Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus", Drucksache 18/11970, S. 31.