In welchem Bundesland Asylsuchende ihren Antrag stellen und auf die Entscheidung warten müssen, wird nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel entschieden. Ein weiteres Kriterium für die Verteilung ist die Herkunft der Asylsuchenden, da nicht jede Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge jedes Herkunftsland bearbeitet.Quelle
Asylsuchende werden in der Regel zunächst in einer (Erst-)Aufnahmeeinrichtung untergebracht. Dort müssen sie bis zum Ende ihres Asylverfahrens bleiben – längstens allerdings 18 Monate. Abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die bei der Beschaffung von Reisedokumenten nicht ausreichend kooperieren, können verpflichtet werden, länger als 18 Monate in den Einrichtungen zu bleiben.Quelle
In den Flächenländern werden Asylsuchende anschließend auf die Stadt- und Landkreise entsprechend der Bevölkerungszahl verteilt und kommen dort in einer Gemeinschaftsunterkunft oder in einer Wohnung unter. Die Stadt- und Landkreise sind für die Unterbringung zuständig.
Zu Zeiten von hohen Zuzügen steigt die Zahl der Geflüchtete in Aufnahmeeinrichtungen und in Gemeinschaftsunterkünften. 2015 – und wieder 2023 – war die größte Gruppe unter den Empfängern von Asylbewerberleistungen in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Tendenziell wohnen aber die meisten von ihnen in dezentralen Unterbringungen wie Wohnungen und kleineren Wohneinheiten.Quelle
Privat angemietete oder kommunale Wohnungen sind die Unterbringungsformen, die Kommunen am meisten nutzen – wie mehrere Befragungen im Zeitraum 2023-2024 gezeigt haben. Eine Unterbringung in einer Wohnung bedeutet nicht immer, dass diese auch wie eine private Wohnung genutzt werden kann: Es ist möglich, dass mehrere Familien sich eine Wohnung teilen müssen.Quelle
Zur Situation der Flüchtlingsaufnahme in den Kommunen haben die Forschungsgruppe Migrationspolitik der Universität Hildesheim und der Mediendienst Integration zwei bundesweiten Online-Umfragen unter deutschen Kommunen und Landkreisen durchgeführt.
- Ergebnisse der Kommunen-Befragung Juni 2024 >>> LINK
- Ergebnisse der Kommunen-Befragung November 2023 >>> LINK
Eine vertiefte Analyse der Unterbringungssituation von Geflüchteten in den Kommunen haben Boris Kühn und Julian Schlicht in einer Expertise im Auftrag des Mediendienstes durchgeführt. >>> Zur STUDIE
Residenzpflicht undWohnsitzauflage
Residenzpflicht:Solange sie in einer Aufnahmeeinrichtung leben, dürfen Asylbewerber nicht ohne Genehmigung den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde verlassen (sogenannte Residenzpflicht). In einer solchen Einrichtung bleiben Asylbewerber sechs Wochen bis maximal 18 Monate, je nachdem, wie viele Plätze verfügbar sind. Danach werden sie in der Regel in eine Anschlussunterbringung vermittelt. Damit endet die Residenzpflicht. Selbst wenn das nicht geschieht, sind sie nach 18 Monaten von der Residenzpflicht befreit. Für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten gilt die Residenzpflicht bis zum Ende des Asylverfahrens.Quelle
Wohnsitzauflage:Für anerkannte Flüchtlinge gilt eine Wohnsitzauflage: Sie müssen drei Jahre lang in dem Bundesland wohnen bleiben, in dem ihr Asylverfahren durchgeführt wurde, sofern sie nicht einen Job oder Ausbildungsplatz nachweisen können. Darüber hinaus kann ihnen innerhalb eines Bundeslands ein Wohnort zugewiesen werden (Wohnsitzzuweisung) oder der Zuzug in einen bestimmten Wohnort untersagt werden (Zuzugssperre). Nur sieben Bundesländer haben die Wohnsitzauflage durchgesetzt (Stand: Januar 2020). Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ist umstritten. Experten des SVR-Forschungsbereichs fordern zum Beispiel, dass die Bundesländer bei der Verteilung stärker als bislang auf die Situation am Arbeits-, Ausbildungs- und Wohnungsmarkt vor Ort achten sollten.
Mindeststandards für die Unterbringung von Flüchtlingen
In Deutschland gibt es keine Mindeststandards für die Unterbringung von Flüchtlingen, die für alle Bundesländer gleichermaßen gelten. In den Aufnahmegesetzen einzelner Bundesländer ist lediglich von einem "menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen" (Baden-Württemberg) beziehungsweise einem "menschenwürdigen Aufenthalt ohne gesundheitliche Beeinträchtigung" (Hessen) die Rede.
Mindeststandards für die Unterbringung von Geflüchteten in den Bundesländern (Stand: Juli 2023)
Baden-Württemberg
Das baden-württembergische Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) verordnet seit dem 1. Januar 2016 mindestens sieben Quadratmeter durchschnittliche Wohn- und Schlaffläche pro Person in den vorläufigen Unterbringungen der Landkreise. Außerdem soll aufgrund der Lage und Beschaffenheit der Unterkünfte eine Beteiligung der Bewohner*innen am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden. „In besonderen Zugangssituationen“, so das Gesetz weiter, könne die oberste Aufnahmebehörde (das Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg) von dieser Regelung abweichen41. Tatsächlich gilt seit dem Juni 2022 eine Mindestgröße von 4,5 Quadratmetern als ausreichend.
Bayern
Das Land Bayern hat keine bindenden Mindeststandards für Unterkünfte. Das Bayrische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration gibt aber Leitlinien zur Art, Größe und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünften und vergleichbaren dezentralen Unterkünften für Asylbewerber aus. Diese geben laut Präambel „den Rahmen vor für eine nach zeitgemäßen humanitären Maßstäben angemessene Unterbringung von Asylbewerbern“. Nach den Leitlinien soll die durchschnittliche Wohn- und Schlafraumfläche von sieben Quadratmetern pro vorgehaltenen Platz nicht unterschritten, und nicht mehr als vier Personen pro Raum untergebracht werden.
Berlin
Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten in Berlin (LAF) hatte Mindeststandards in seinen Leistungs- und Qualitätsbeschreibungen geregelt. Noch 2021 wurde in einer mehrsprachigen Broschüre zu Rechten Pflichten und Ansprüchen von Bewohner*innen in LAF-Unterkünften unter anderem Mindestgröße von Zimmern benannt45. Die Größe für ein Ein-Bett-Zimmer beträgt neun Quadratmeter und steigt pro weiteres Bett im Zimmer um sechs Quadratmeter bis zu einer Größe von vier Betten und 27 Quadratmetern. In einem Raum sollen dabei nicht mehr als vier Personen leben. Bereits im Juli 2022 erklärte die damalige Sozialsenatorin Kipping jedoch, Qualitätsabstriche nicht ausschließen zu können. Im Frühjahr 2023 ist der Platz in Berliner Gemeinschaftsunterkünften so knapp geworden, dass Geflüchtete sogar im Schnitt vier Monate im Ukraine-Ankunftszentrum am Flughafen Tegel leben bleiben müssen, oder Menschen in Tempohomes genannten Wohncontainern unterkommen.
Brandenburg
In Paragraf 5 Abs. 6 seiner Landesaufnahmegesetz-Erstattungsverordnung (LaufnGErstV) räumt das Land Brandenburg sich die Möglichkeit ein, die Erstattung von Unterbringungskosten der Kommunen zu kürzen, wenn diese bestimmte Mindestbedingungen für Gemeinschaftsunterkünfte nicht umsetzen. Die Mindeststandards sehen unter anderem vor, dass für jede Person mindestens sechs Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung stehen sollen, wobei „nach Möglichkeit“ nicht mehr als vier Personen in einem Wohnraum untergebracht werden sollen. Um die Kommunen zu entlasten, plant das Land jedoch, zukünftig weniger Menschen auf die Kommunen zuzuweisen und Geflüchtete stattdessen länger in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen des Landes unterzubringen. Ab Juli 2023 könnten Geflüchtete in Brandenburg ohne sichere Bleibeperspektive 18 statt wie bisher sechs Monate in einer Landeserstaufnahmeeinrichtung untergerbacht werden, „geprüft wird, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um auch die nach Bundesrecht möglichen in Einzelfällen 24 Monate ausschöpfen zu können“, sagte außerdem Innenminister Michael Stübgen Anfang Juni.
Bremen
Im Land Bremen existieren keine festgeschriebenen Standards für die Unterbringung von Geflüchteten. „Im Idealfall verfügt jede Wohneinheit über eigene Sanitäreinrichtungen“ so der Senat im Jahr 2015 in seiner Antwort auf eine große Anfrage der Fraktion Die Linke. Der Flüchtlingsrat Bremen beklagt, die Unterbringungssituation sei in Bremen „schon seit Jahren katastrophal schlecht“.
Hamburg
Die Hansestadt Hamburg hat keine bindenden Standards für die Qualität von Unterbringungen in öffentlich-rechtlicher Unterbringung veröffentlich, regelt aber bestimmte Qualitätsansprüche in einer Leistungsvereinbarung mit der Anstalt öffentlichen Rechts f & w – Fördern und Wohnen. Danach stehen pro Person mindestens sieben Quadratmeter zur Verfügung. Soweit möglich werden Zimmer mit zwei Personen belegt. Dies geht aus der Antwort des Senats auf eine große Anfrage mehrerer Abgeordneten im Jahr 2009 hervor, welche der Senat im Jahr 2019 in seiner Antwort auf eine weitere Anfrage als weiterhin gültig bezeichnet hat. Auch in Hamburg waren die Plätze in Unterkünften jedoch im Zuge der Zuwanderung aus der Ukraine nicht ausreichend, sodass neu angekommene Geflüchtete in Notunterkünften unterkommen.
Hessen
Das Land Hessen legt keine verbindliche Mindeststandards fest. Das Aufnahmegesetz des Landes spricht von „Unterkünften, die einen menschenwürdigen Aufenthalt ohne gesundheitliche Beeinträchtigung gewährleisten“ (§3 Abs. 1). Im Jahr 2020 bemängelte der Hessische Flüchtlingsrat die hohe Zahl der Personen, die in großen Gemeinschaftsunterkünften untergerbacht sind.Mecklenburg-Vorpommern
In Mecklenburg-Vorpommern schreibt die Gemeinschaftsunterkunftsverordnung – GUVO M-V vom 6. Juli 2021 eine ganze Reihe von Ausstattungsmerkmalen für kommunale Unterbringungen vor. Ziel ist dabei, eine „menschenwürdige“ Unterbringung, in der „insbesondere Gesundheit und sittliches Empfinden der Bewohner […] nicht beeinträchtig werden [dürfen]“ (§2). Der Paragraf 3 Abs. 1 -2 regelt: „Pro Bewohner soll die Wohn- und Schlafraumfläche von sechs Quadratmetern nicht unterschritten werden. In einem Raum sollen nicht mehr als sechs Bewohner untergebracht werden“. Paragraf 9 der GUVO M-V räumt schließlich dem Landesamt für Asyl- und Flüchtlingsangelegenheiten Mecklenburg-Vorpommern Entscheidungsfreiheit über Ausnahmen von den Mindestanforderungen nach der Verordnung ein.
Niedersachsen
Es gibt in Niedersachsen keine landesweiten bindende Mindeststandards für die Unterbringung von Geflüchteten. Die Stadt Hannover hat in einer Verwaltungsvorschrift Standards für verschiedene Unterbringungsformen geregelt. Es gilt eine Mindestgröße pro Person von 10 Quadratmetern mit Ausnahme von Notunterkünften, in denen eine Größe von sechs Quadratmetern ausreicht. Auch die Stadt Osnabrück regelt einige Standards in ihrem Konzept zur Wohnraumversorgung und Integration von Flüchtlingen und strebt beispielsweise eine maximale Anzahl von zwei Personen pro Wohn- und Schlafraum in Gemeinschaftsunterkünften an. Im Zuge der Zuwanderung von Geflüchteten aus der Ukraine eröffnete auch die Stadt Osnabrück Notunterkünfte.Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen gibt es keine bindenden Mindeststandards für die Unterbringung von Geflüchteten. Die Stadt Köln hat im Juli 2017 Mindeststandards zur Flüchtlingsunterbringung beschlossen, in denen vor allem Betreuungsschlüssen und eine bessere Koordinierung ehrenamtlicher Unterstützer*innen vor Ort geregelt sind.
Rheinland-Pfalz
Das Land macht keine Vorschriften für Mindeststandards in der Unterbringung von Geflüchteten und argumentierte in der Vergangenheit damit, das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen nicht einschränken zu wollen.
Saarland
Im Saarland existieren keine Vorgaben oder Empfehlungen zu Mindeststandards.
Sachsen
Das Land gibt einige Vorschriften und Empfehlungen in einer Verwaltungsvorschrift Unterbringung. Dazu gehört die soll-Empfehlung von mindestens sechs Quadratmeter Schlaf- und Wohnraum pro Person. Es sollen außerdem nicht mehr als fünf Personen pro Raum untergebracht werden.
Sachsen-Anhalt
In Sachsen-Anhalt geben Leitlinien von 2013 Empfehlungen bezüglich der Lage und Größe von Gemeinschaftsunterkünften. Die empfohlene Mindestgröße beträgt darin sieben Quadratmeter pro Person. Jedoch wurden die Mindeststandards nach diesen Leitlinien sowohl 2015 und 2016 als auch ab 2022 ausgesetzt.
Schleswig-Holstein
In einem Erlass des Innenministeriums Schleswig-Holstein vom Februar 2014 sind Mindeststandards für Gemeinschaftsunterkünfte verbindlich geregelt. Danach stehen jeder Person sechs Quadratmeter für den persönlichen Gebrauch zu.
Thüringen
In Thüringen regelt die Verordnung über Mindestbedingungen von Gemeinschaftsunterkünften verbindliche Vorgaben. Darin ist eine Wohn- und Schlaffläche von mindestens sechs Quadratmetern pro Person geregelt. Außerdem sollen „in der Regel“ nicht mehr als vier Personen pro Zimmer untergebracht werden.
Schutzkonzepte
Einige Bundesländer oder Städte verfügen ergänzend oder anstelle von gesetzlichen
Mindeststandards über ein Schutzkonzept für ihre Unterkünfte. Grundlage bietet dabei zumeist die Bundesinitiative Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften aus dem Jahr 2016.