Bezahlkarte für Asylbewerber

Seit 2025 erhalten Personen im Asylverfahren ihre Leistungen grundsätzlich auf eine Bezahlkarte und nicht mehr als Überweisung oder Bargeld. Das gilt zwar für alle Bundesländer, einige Kommunen wenden die Bezahlkarte aber nicht an.

Asylbewerber*innen und Geduldete in fast ganz Deutschland bekommen seit Anfang 2025 ihre Sozialleistungen über eine Bezahlkarte – und nicht mehr als Bargeld oder per Überweisung wie bislang. Darauf haben sich die meisten Bundesländer Anfang 2024 geeinigt.
Die neue Karte ist eine "Debitkarte" mit Guthaben, das monatlich "aufgeladen" wird. Überweisungen ins Ausland sind nicht möglich, Überweisungen innerhalb Deutschlands, Bargeld-Abhebungen sowie Online-Käufe nur teilweise. Jedes Bundesland kann selbst entscheiden, welche Funktionen die neue Karte hat und welche nicht.Quelle Öffentliche Ausschreibungen (2024), Dataport Ausschreibung "Bezahlkarte" (28.2.2024) LINK;Staatskanzlei Hessen, Länder einigen sich auf gemeinsame Standards für eine Bezahlkarte (31.1.2024) LINK; Bundesregierung (November 2023): Beschlüsse der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder, LINK.

Eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes Ende Juli 2025 zeigt: mittlerweile haben alle Länder außer Berlin die Bezahlkarte eingeführt, sie wird aber in vielen Kommunen nicht angewendet. Manche melden technische Probleme, andere wollen die Karte nicht einführen. Unter anderem haben sich folgendeKommunen gegen die Bezahlkarte entschieden: Potsdam hat die Bezahlkarte bereits abgelehnt. In Nordrhein-Westfalen stimmten die Stadträte von Duisburg, DüsseldorfMünster und Krefeld gegen die Einführung. Auch in anderen Städten wie KölnDortmund und Mönchengladbach soll es noch Abstimmungen geben, ob Ausnahmen zur Bezahlkarte-Regelung möglich sind bzw. die Bezahlkarte nicht eingeführt wird (Opt-Out).Quelle Mediendienst Integration (2024): Anfragen bei den 16 zuständigen Ministerien der Bundesländer sowie dem Betreiber "SocialCard" im Januar 2025, LINK.

In welchem Bundesland gelten welche Regeln?

Die Bezahlkarte ist in fast allen Bundesländern gestartet – nur in Berlin ist sie zwar beschlossen, aber der genaue Termin der Einführung steht noch nicht fest.

Der Mediendienst Integration hat bei den zuständigen Ministerien der 16 Bundesländer nachgefragt. >> Zur gesamten Recherche (Stand: Februar 2025).

Die Nutzungsregeln unterscheiden sich zum Teil deutlich (zur Tabelle):

  • In 13 von 16 Bundesländern gibt es ein Bargeld-Limit von 50 Euro pro Person und Monat. Nur in Thüringen (bis 120 Euro, je nach Region), Bremen (120 Euro), Rheinland-Pfalz (Empfehlung von 130 Euro) können Geflüchtete mehr Geld abheben. Für Kinder und Jugendliche gelten vereinzelt niedrigere Beträge, etwa in Brandenburg (25 Euro). In Berlin soll das Limit nur in den ersten sechs Monaten gelten.
  • Überweisungen ins Auslandsind in allen Bundesländern ausgeschlossen.
  • Auch Geldtransfers ins Ausland über spezielle Dienstleister, wie zum Beispiel Western Union oder MoneyGram, sind in keinem Bundesland möglich.
  • In Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen gilt das auch für Überweisungen innerhalb Deutschlands. Hamburg, Hessen und Niedersachsen erlauben Überweisungen weitgehend, in anderen Bundesländern sind sie teilweise oder nach Prüfung möglich (Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt).
  • In 11 von 16 Bundesländern sind Online-Käufe ganz oder teilweise erlaubt. Bayern, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen erlauben sie nicht.Quelle Mediendienst Integration (2024): Anfragen bei den 16 zuständigen Ministerien der Bundesländer sowie dem Betreiber "SocialCard" im Januar 2025, LINK.

Bezahlkarte im internationalen Vergleich

International gibt es nur wenige Beispiele zu Bezahlkarten-Systemen. In FrankreichAsylum in Europe: Forms and levels of material reception conditions, LINK erhalten Geflüchtete eine Debitkarte mit Guthaben, mit der sie in Geschäften bezahlen können. Geld-Abhebungen sind nicht möglich. In GroßbritannienUK Government: Asylum Support, What you'll get, LINK bekommen anerkannte Geflüchtete eine Debitkarte, die wöchentlich um rund 55 Euro pro Person aufgeladen wird. Abgelehnte Asylbewerber können damit nur bestimmte Dinge kaufen. Auch in GriechenlandUNHCR: Access to Cash Assistance, LINK existiert eine Geldkarte für Geflüchtete.

Was sagen Experten zur Bezahlkarte?

Befürworter der Bezahlkarte verweisen auf die praktischen Vorteile: Das monatliche "Abholen" des Geldes beim Amt entfällt. Geflüchtete könnten einfacher bezahlen, auch wenn sie noch kein Bankkonto besäßen, so etwa die Stadtverwaltung Hannover. Kritiker hingegen argumentieren, durch die Beschränkungen bei der Bezahlkarte werde das alltägliche Leben von Geflüchteten erschwert.

Welche Auswirkungen die Bezahlkarte auf Integration und Teilhabe haben wird, hängt laut Migrationsforscher Herbert Brücker von der Ausgestaltung ab. Je ähnlicher diese einem allgemeinen Zahlungsmitel wie einer Kredit- oder Scheckkarte sei, desto geringere negative Effekte seien zu erwarten. Besonders kritisch seien hingegen lokale und regionale Beschränkungen des Einsatzes von Bezahlkarten, denn weniger Mobilität erschwere auch die Arbeitsmarktintegration.QuellenDeutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (2024): Wissenschaftliche Einschätzung der Bezahlkarte für Geflüchtete, Link

Flüchtlingsorganisationen kritisieren, dass die Karte im Alltag zu vielen praktischen Problemen führe: Überweisungen oder Online-Käufe wären nicht möglich. Viele Asylbewerber*innen könnten unter anderem die Rechnungen ihrer Anwält*innenFrankfurter Allgemeine Zeitung, So wird das nichts mit der Bezahlkarte für Flüchtlinge (25.2.2024) LINK nicht mehr begleichen.

Initiativen gegen die Bezahlkarte

In einigen Kommunen in Bayern, Hamburg oder Hessen haben Initiative begonnen, Gutscheine, die mit Bezahlkarten erworben wurden, in Bargeld umzutauschen. Das niedersächsische Innenministerium erklärt laut Medienberichten, das sei rechtlich zulässig und könne auch technisch nicht verhindert werden. Im Zusammenhang mit der Einführung der Bezahlkarte gab es Versuche, etwa von NGOs, juristisch gegen die Karte vorzugehen. Eine kurze Übersicht über Verfahren und Urteile finden Sie hier.QuellePro Asyl (2024): Die lange Liste der Probleme mit der Bezahlkarte, Link, NDR (2024): Bezahlkarte für Geflüchtete: Über Umwege an mehr Bargeld, Link sowie Gesellschaft für Freiheitsrechte (2024): Mit der Bezahlkarte unter das Existenzminimum, Link.