Voraussichtlich werden immer mehr Menschen wegen Extremwetterereignissen ihre Heimat verlassen oder verlassen müssen. Die Klimakrise und ihre Folgen führen aber nicht automatisch zu Migration, so die gängige Forschungsmeinung. Ein Überblick:
- Der Klimawandel und dadurch bedingte Umweltveränderungen (z.B. Dürren) oder Extremwettereignisse (z.B Stürme) bedrohen die Lebensgrundlage vieler Menschen. Das kann zu Vertreibung und Migration führen. Veränderte Umweltbedingungen können zudem bestimmte Faktoren, die zu Migration führen, verstärken – wie etwa eine angespannte Versorgungslage. Migration sei aber häufig schwer nur auf die Klimakrise zurückzuführen, so Fachleute. Denn auch berufliche, soziale und politische Faktoren spielen bei der Entscheidung zu migrieren eine Rolle. Quelle
- Laut einer Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung 2023 verstärkt der Klimawandel grundsätzlich Migration. Dieser Effekt werde aber stark verringert, weil der Klimawandel auch das Wirtschaftswachstum in Ländern des globalen Südens schwächt und sich Menschen somit die Ausreise nicht leisten können.Quelle
- Ob Menschen migrieren oder nicht hängt auch davon ab, wie gut sie sich an veränderte Umweltbedingungen anpassen oder davor schützen können – und auch insbesondere davon, welche politischen Maßnahmen zum Schutz und zur Risikominimierung getroffen werden. Darüber hinaus zeigen Studien, dass es Bevölkerungsgruppen gibt, die durch den Klimawandel so arm werden, dass sie keine Mittel haben, um zu migrieren.Quelle
- Unterschiedliche Umweltereignisse können zu unterschiedlichen Formen von Migration führen: Schleichende Umweltveränderungen (wie der Anstieg des Meeresspiegels) führen eher zu geplanter und langfristiger Migration; Extremwetterereignisse wie Stürme häufig zu kurzfristigen Vertreibungen. Die Menschen bleiben dabei zu einem großen Teil innerhalb ihres Landes, bis sie wieder in ihre Heimat zurückkehren können.Quelle
- Bei allem ist schwer zu unterschieden, welche Umweltereignisse direkt mit dem Klimawandel zusammenhängen und welche nicht – auch wenn unumstritten ist, dass Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen und Stürme mit dem Klimawandel deutlich zunehmen. Hinzu kommen menschengemachte Umwelteingriffe, die die Folgen der Klimakrise vielerorts verstärken.Quelle
Ob Menschen wegen veränderter Umweltbedingungen migrieren, ist regional sehr unterschiedlich. Das zeigt eine Meta-Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), die 30 Studien zum Thema analysiert hat:
- Eine Entscheidende Rolle spiele das Wohlstandsniveau: In Ländern mit mittlerem Einkommen migrieren besonders viele Personen. In Ländern mit niedrigen Einkommen weniger, unter anderem fehlen dort die Ressourcen. In reichen Ländern haben Menschen mehr Möglichkeiten, sich an die Umweltveränderungen anzupassen oder davor zu schützen.
- Migration findet vor allem innerhalb der Länder oder in Länder mit geringem oder mittlerem Wohlstandsniveau statt.
- Klimabedingte Migration ist vor allem dort stark ausgeprägt, wo viele Menschen von der Landwirtschaft abhängig sind, unter anderem in Regionen mit vielen Kleinbäuer*innen.
- Regionen, die besonders stark betroffen sind, sind Sub-Sahara-Afrika, Lateinamerika, die Karibik, zudem Ostafrika sowie Süd- und Südostasien. Länder, die besonders für hohe Emissionen verantwortlich sind, sind weniger betroffen.Quelle
Einer Analyse 2023 von Daten für die Jahre 2000-2019 zufolge spielt das Wohlstandsniveau – Menschen brauchen wirtschaftliche Ressourcen, um migrieren zu können – eine wichtigere Rolle für Migrationsbewegungen als klimatische Faktoren.Quelle
Klimaflüchtlinge, Klimavertriebene oder Umweltmigranten? Begriffe & Definitionen
Es gibt unterschiedliche Bezeichnungen für Menschen, die wegen der Folgen des Klimawandels ihre Heimat verlassen:
- Häufig wird von "Umwelt- oder Klimaflüchtlingen" gesprochen. Die Begriffe sind nicht immer passend, denn nicht alle betroffenen Personen sind gezwungen, ihre Heimat zu verlassen.Quelle
- Andere Bezeichnungen sind "Klimamigrant*innen oder Umweltmigrant*innen". Umweltmigranten kann geeigneter sein da nicht alle Umweltveränderungen auf den Klimawandel zurückgeführt werden können. Jedoch hängt die Entscheidung zu migrieren selten allein von Umweltveränderungen ab.Quelle
- AlsUmweltvertriebene gelten Personen, die wegen Umweltveränderungen – häufig Wetterextremen oder Naturkatastrophen – gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen oder evakuiert werden. Quelle
Wichtige Quellen
• IPCC (2022): "Climate Change 2022, Impacts, Adaptation and Vulnerability", LINK
• Hoffmann et al (2021): "A meta-analysis of country-level studies on environmental change and migration" Nat. Clim. Chang. 10, 904-912, LINK• Sachverständigenrat für Integration und Migration (2023): "Klimawandel und Migration: was wir über den Zusammenhang wissen und welche Handlungsoptionen es gibt", LINK
• LpB Baden-Württemberg: "Auf der Flucht vor dem Klima", Dossier, LINK
• Hillmann et al. (2022): "Forschungsstand und Forschungsbedarfe zum Zusammenhang von Klimawandel, Migration und Sozialpolitik", LINK
• Cattaneo et al. (2019): "Human Migration in the Era of Climate Change", European Institute on Economics and the Environment, Working Paper 19-13 LINK
• Migration und Klimawandel, Dossier der bpb, LINK