Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Zahl und Vermisste

Über 40.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge befinden sich in Deutschland. Sie stehen unter dem Schutz der Jugendhilfe. Viele werden als vermisst gemeldet.

Alleinreisende Flüchtlinge unter 18 Jahren werden von den Jugendämtern in Obhut genommen. Das Jugendamt organisiert die Betreuung und Unterbringung. Ende 2024 befanden sich rund 42.900 unbegleitete Minderjährige und junge Volljährige in Zuständigkeit der Jugendhilfe (Stand: 31.12.2024). Das sind etwa 2,6 Prozent mehr junge unbegleitete Geflüchtete als im Vorjahr.

Rund 7.412 unbegleitete Minderjährige kamen seit März 2022 aus der Ukraine (Stand: 06.03.25). Es ist allerdings nicht klar, wie viele von ihnen in Deutschland geblieben sind.

Seit Ende 2015 ist die Zahl der Minderjährigen und jungen Volljährigen in Zuständigkeit der Jugendhilfe stark zurückgegangen: Damals waren es etwa 66.000. Viele dürften inzwischen so alt geworden sein, dass die Jugendhilfe nicht mehr für sie zuständig ist.QuelleAnfrage des MEDIENDIENSTES beim Bundesfamilienministerium (Stand: Dezember 2024); Zahlen für 2015 finden sich in der Bundestags-Drucksache, Nr. 18/11540, März 2017,Seite 23; Zahlen für 2016 und 2017 finden sich in der Bundestags-Drucksache, Nr. 19/4517, September 2018, Seite 13

Viele Personen, die als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ("UMF" oder "UMA", "unbegleitete minderjährige Ausländer") nach Deutschland kamen, sind inzwischen volljährig. Damit gehören sie zur Gruppe der "unbegleiteten jungen Ausländer". Grundsätzlich ist es möglich, dass sie auch als Volljährige weiterhin von der Jugendhilfe betreut werden - unter Umständen bis sie 27 Jahre alt sind.QuelleBundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Bericht der Bundesregierung zur Situation von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen, Drucksache 18/11540, März 2017, S. 23; Anfrage des MEDIENDIENSTES beim Bundesfamilienministerium (Stand: 1. Januar 2021)

Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gelten als vermisst?

Im Laufe des Jahres 2024 wurden rund 4.300 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge als vermisst gemeldet. Allerdings sind die Vermisstenzahlen bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen nicht verlässlichEine genaue Erhebung der tatsächlich vermissten UMF sei nicht möglich, so das Bundeskriminalamt, "aufgrund verschiedener Problematiken, wie beispielsweise der Mehrfacherfassungen bedingt durch unterschiedliche Schreibweisen eines Namens, fehlende Personalpapiere oder eine fehlende erkennungsdienstliche Behandlung".QuelleWebsite des Bundeskriminalamts zur Vermisstensachbearbeitung, darauf weist das Bundeskriminalamt hin. Die Zahlen sind vermutlich zu hoch, schätzen Expert*innen. Die meisten Meldungen (etwa 3.400) wurden noch im Jahresverlauf aufgeklärt.QuelleBundeskriminalamt (2025) Die polizeiliche Bearbeitung von Vermisstenfällen in Deutschland LINK

Dass verhältnismäßig viele minderjährige Flüchtlinge als vermisst gemeldet werden, kann technische Gründe haben, zum Beispiel weil Personen aufgrund unterschiedlicher Schreibweisen eines Namens mehrfach erfasst werden und andernorts ebenfalls als vermisst gelten.QuelleBundeskriminalamt, Website zur "Vermisstensachbearbeitung", Unterpunkt "Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (bis 17 Jahre)"

Oder Geflüchtete werden als vermisst gemeldet, weil sie selbstständig umziehen - zu ihren Bezugspersonen in Deutschland oder im EU-Ausland. Manche erhoffen sich auch bessere Aufnahmebedingungen in einer anderen Stadt. Wenn sie angekommen sind, werden die Vermisstenmeldungen häufig nicht gelöscht.QuelleBundestags-Drucksache, Nr. 18/11540, März 2017, Seite 60; Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Pressemitteilung von April 2016

Vermisste minderjährige Geflüchtete in Europa

Das investigative Projekt "Lost in Europe" schätzt die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, die zwischen 2021 und 2023 in der Europäischen Union als vermisst gemeldet wurden, auf rund 51.000 Personen. Die meisten Meldungen gab es in Italien (ca. 22.900), Österreich (20.000), Belgien (2.200), Deutschland (2.000) und der Schweiz (1.200).QuelleLost in Europe (2024), More than 50.000 unaccompanied child migrants have gone missing after arriving in Europe LINK

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Einreisen, Inobhutnahmen und Asylverfahren
Es gibt verschiedene Statistiken, in denen die UMF bzw. UMA erfasst werden. In den Bestandszahlen des Bundesverwaltungsamtes werden alle ausländischen Kinder und Jugendlichen zu bestimmten Stichtagen erfasst, die von Jugendämtern betreut werden ("Jugendhilfe-Statistik"). Eine Statistik dazu, wie viele neu einreisen, gibt es nicht. Häufig wird auf die Zahlen der Inobhutnahmen oder der Asylanträge verwiesen. Daraus lassen sich aber die neuen Einreisen nicht ablesenDas liegt unter anderem daran, dass einige nach einer Altersfeststellung für volljährig erklärt werden oder sie ziehen zu Angehörigen und fallen deshalb aus der Obhut heraus. Oder sie werden zwar in Obhut genommen, stellen aber keinen Asylantrag.QuelleBundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Bericht der Bundesregierung zur Situation von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen, Bundestags-Drucksache, 18/11540, März 2017, ab Seite 20