Fluchtrouten: Wie viele Flüchtlinge kommen über das Mittelmeer?

Die Flucht über das Mittelmeer ist lebensgefährlich. Dennoch wagen viele Menschen die riskante Überfahrt nach Europa. Eine Übersicht, wie viele Menschen über die wichtigsten Fluchtrouten kommen und wer für die Seenotrettung zuständig ist.

2025

Rund 101.500 Menschen erreichten zwischen Januar und September 2025 die Grenzen der Europäischen Union über das Mittelmeer (Stand: 11.9.2025). Das sind rund 12 Prozent weniger Ankünfte als im Vorjahreszeitraum.QuelleUNHCR, Europe Sea Arrivals (abgerufen am 11.9.2025), IOM auf Anfrage des MEDIENDIENSTES

  • Rund 45.000 Personen kamen nach Italien über die sogenannte zentrale Mittelmeer-Route, etwa 7 Prozent mehr als im Vorjahr. Sie kamen vor allem aus Bangladesch (33 Prozent), Eritrea (14 Prozent) und Ägypten (12,Prozent). Weitere 111 Personen haben die Insel Malta erreicht.
  • Rund 30.200 Personen erreichten Griechenland über die sogenannte östliche Mittelmeer-Route(etwa 26.700 über Seewege und 3.500 über Landeswege). Etwa 8 Prozent weniger als im Vorjahr. Sie kamen vor allem aus Afghanistan (26 Prozent), Ägypten (25 Prozent) und dem Sudan (17  Prozent). Weitere 1.600 Personen erreichten die Insel Zypern.
  • Rund 25.000 Menschen erreichten Spanien über die westliche Mittelmeer-Route (rund 30 Prozent weniger als im Vorjahr). Von ihnen erreichten rund 12.200 Menschen die kanarischen Inseln. 600 Personen kamen über die Landesroute zu den Exklaven Ceuta und Melilla. Die Haupt-Herkunftsländer waren Mali (27 Prozent), Algerien (21 Prozent) und Senegal (13 Prozent).QuelleUNHCR, Mediterranean Situation (abgerufen am 11.9.2025), IOM auf Anfrage des MEDIENDIENSTES

2024

Im Gesamtjahr 2024 erreichten 199.400 Menschen die Europäische Union über das Mittelmeer.

  • Zentrale Mittelmeer Route (Italien und Malta): etwa 66.500 – vor allem aus Tunesien, Ägypten und Bangladesh.
  • Westliche Mittelmeer-Route: rund 63.300 Menschen – von ihnen 46.500 Personen über die Kanarischen Inseln.
  • Östliche Mittelmeer-Route: rund 62.000 Personen – aus Palästina, Afghanistan  und Somalia. Weitere 6.100 Personen erreichten die Insel Zypern.QuelleUNHCR, Mediterranean Situation (abgerufen am 01.01.2025), IOM auf Anfrage des MEDIENDIENSTES

Seenotrettung im Mittelmeer

Das Mittelmeer – insbesondere das Gebiet zwischen der libyschen und italienischen Küste – gilt nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) als eine der gefährlichsten Grenze der Welt: Viele Menschen kommen bei der Überfahrt ums Leben.QuelleIOM (2017): "New Study Concludes Europe’s Mediterranean Border Remains 'World’s Deadliest'"; IOM (2021): "Missing Migrants"

Wer für die Seenotrettung von Geflüchteten zuständig ist, hängt von der Region im Mittelmeer ab:

Im westlichen Mittelmeer kümmert sich vor allem die staatliche "Sociedad de Salvamento y Seguridad Marítima" aus Spanien um die Rettung von Geflüchteten. Dabei wird sie von der spanischen "Guardia Civil" unterstützt. Seit Februar 2019 arbeitet sie auch mit der marokkanischen Küstenwache zusammen. Laut Medienberichten werden Geflüchtete seitdem verstärkt in Marokko, Algerien und Mauretanien an Land gebracht. Daten zur Zahl der Personen, die von den jeweiligen Küstenwachen aufgegriffen wurden, sind nicht verfügbar.QuelleAngaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) auf Anfrage des MEDIENDIENSTES

Im östlichen Mittelmeer sind Einheiten der griechischen und türkischen Küstenwache sowie die europäische Frontex-Operation "Poseidon" für die Seenotrettung zuständig. Von den rund 112.500 Menschen, die 2024 die Seereise über die östliche Mittelmeer-Route unternommen haben, wurden etwa die Hälfte von der türkischen Küstenwache aufgegriffen und zurück in die Türkei gebracht. Seit dem EU-Türkei-Abkommen werden alle Geflüchtete, die von der türkischen Küstenwache aufgegriffen werden, zurück in die Türkei gebracht.QuelleAngaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) auf Anfrage des MEDIENDIENSTES

Im zentralen Mittelmeer wurden 2024 etwa 40 Prozent der Menschen, die die Überfahrt versuchen, von der libyschen und tunesischen Küstenwache aufgegriffen. Die libysche Küstenwache bringt die Schutzsuchenden wieder nach Libyen, wo sie in der Regel wegen "illegaler Zuwanderung" inhaftiert werden. Zudem patrouillieren die italienische Küstenwache sowie vereinzelt Nichtregierungsorganisationen in diesem Gebiet.QuelleAngaben von IOM auf Anfrage des MEDIENDIENSTES; IOM (2025), United Nations Human Rights Council (2023), Independent Fact-Finding Mission on Libya LINK

Seenotrettung als Pull-Faktor?

Immer wieder wird diskutiert, ob Seenotrettung als Pull-Faktor wirkt – also ob mehr Menschen die Überfahrt über das Mittelmeer wagen, weil sie wissen, dass es Rettungsaktionen gibt. Eine Studie des DeZIM-Instituts 2023 zeigt, dass das nicht der Fall ist: Seenotrettung habe keinen Effekt auf die Überfahrten im Mittelmeer. Die Forscher*innnen haben dafür zahlreiche Daten von 2011 bis 2020 ausgewertet. Andere Faktoren hätten hingegen einen Einfluss: etwa Konflikte, Naturkatastrophen oder Rohstoffpreise. Pushbacks, wie von der libyschen Küstenwache, senken die Anzahl an Überfahrten.QuelleDeZIM (2023), Search‑and‑rescue in the Central Mediterranean Route does not induce migration, S. 1, 3 und 4, LINK.