Flughafenverfahren: Zahlen und Rechtslage

Wenn Schutzsuchende per Flugzeug nach Deutschland einreisen, kann das BAMF in bestimmten Fällen über ihren Asylantrag in einem Eilverfahren im Transitbereich des Flughafens entscheiden. 2024 gab es rund 350 Flughafenverfahren.

Wenn Schutzsuchende über den Luftweg nach Deutschland einreisen, kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über ihren Asylantrag in einem Eilverfahren im Transitbereich des Flughafens entscheiden. Das geschieht, wenn

  • die einreisende Person aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt,
  • oder sie keine gültigen Reisedokumente hat.

Das Verfahren

Bei einreisenden Schutzsuchenden, die sich im Transitbereich eines Flughafens befinden, gilt die sogenannte Fiktion der NichteinreiseSiehe hierzu Wissenschaftliche Dienste des deutschen Bundestags (2018), Zur Fiktion der Nichteinreise nach § 13 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz und zum Flughafenverfahren nach § 18a Asylgesetz LINK. Das heißt: Die Personen werden so behandelt, als wären sie noch nicht nach Deutschland beziehungsweise in die Europäische Union eingereist. Für sie gilt ein besonderes Asylverfahren (AslyG §18a). Dieses Prinzip ist rechtlich sehr umstrittenSiehe Dana Schmalz (2018) Die Fiktion der Nichteinreise ist ein Instrument der Entrechtung LINK.QuelleBundesamt für Migration und Flüchtlinge (2024), Flughafenverfahren LINK, Dana Schmalz (2018) Die Fiktion der Nichteinreise ist ein Instrument der Entrechtung LINK, Pro Asyl (2021), Abgelehnt im Niemandsland LINK

Das BAMF muss die Schutzsuchenden unverzüglich anhören und innerhalb von zwei Tagen über ihren Asylantrag entscheiden. Wenn der Antrag bewilligt wird, darf die Person einreisen. Wenn er abgelehnt wird, wird sie entweder zu ihrem Abflugort oder in ihr Herkunftsland zurückgewiesen. Asylbewerber*innen im Flughafenverfahren können gegen einen negativen Beschluss klagen und haben dabei (wie andere Antragstellende) Anspruch auf Rechtsberatung. Das zuständige Verwaltungsgericht muss dann innerhalb von 14 Tagen über die Klage urteilen.QuelleBundesamt für Migration und Flüchtlinge (2024), Flughafenverfahren LINK

Bis zur endgültigen Entscheidung müssen die Asylbewerber*innen im Transitbereich des Flughafens bleiben. Flughafenverfahren können deshalb nur an Flughäfen stattfinden, die Asylbewerber*innen unterbringen könnenDerzeit sind das die Flughäfen Berlin-Brandenburg, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Hamburg und München.. Das Flughafenverfahren dauert maximal 19 Tage. Wenn keine rechtskräftige Entscheidung innerhalb dieser Frist getroffen wird, kann die einreisende Person den Transitbereich verlassen.QuelleBundesamt für Migration und Flüchtlinge (2024), Flughafenverfahren LINK

Laut einem PraxisberichtPro Asyl (2021), Abgelehnt im Niemandsland LINK der Flüchtlingshilfsorganisation "Pro Asyl" können Beschlüsse in derartigen Grenzverfahren kaum Rücksicht auf den psychischen und physischen Zustand der Schutzsuchenden nehmen und führen oftmals zu mangelhaften Urteilen.

Flughafenverfahren im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem

Nach der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) plant die BundesregierungSiehe Bundesinnenministerium (2024), Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Rechts an die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems LINK, dieses "Grenzverfahren" auch auf alle Schutzsuchenden auszuweiten, die

  • Falschangaben über ihre Identität machen,
  • aus Herkunftsstaaten kommen, für die eine durchschnittliche EU-weite "Schutzquote" von 20 Prozent oder weniger vorliegt.

Asylanträge von Personen, die aus "sicheren Drittstaaten" oder "sicheren Herkunftsstaaten" kommen, können als unzulässig abgelehnt werden. "Grenzverfahren" nach der neuen EU-Asylverfahrensrichtlinie können bis zu 12 Wochen dauern (VO 2024/1348, Artikel 51). Das Gesetzesvorhaben wurde von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen stark kritisiert.QuelleEntwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Rechts an die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems 6.11.2024 LINK

Die Zahlen

2024 hat die Bundespolizei rund 13.500 "unerlaubte Einreisen" über die Luftgrenze festgestellt – 2023 waren es etwa 14.000 Einreisen. Zwischen Januar und Oktober 2024 gab es 365 "Flughafenverfahren".QuelleBundespolizei auf Anfrage des MEDIENDIENSTES, Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken-Gruppe BT-Drs. 20/14272, Seite 26 LINK

Für Personen ohne reguläre Reisedokumente ist es sehr schwierig, über den Luftweg einzureisen, denn ohne ein Visum ist es in der Regel nicht möglich, ein Flugzeug zu besteigen. Nach EU-RechtRichtlinie 2001/51/EG LINK gilt in dem Fall die Fluggesellschaft als "Beförderungsunternehmen", das sich als solches strafbar macht und eine entsprechende Geldstrafe zahlen muss.