Wenn Schutzsuchende über den Luftweg nach Deutschland einreisen, kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über ihren Asylantrag in einem Eilverfahren im Transitbereich des Flughafens entscheiden. Das geschieht, wenn
- die einreisende Person aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt,
- oder sie keine gültigen Reisedokumente hat.
Das Verfahren
Bei einreisenden Schutzsuchenden, die sich im Transitbereich eines Flughafens befinden, gilt die sogenannte Fiktion der Nichteinreise. Das heißt: Die Personen werden so behandelt, als wären sie noch nicht nach Deutschland beziehungsweise in die Europäische Union eingereist. Für sie gilt ein besonderes Asylverfahren (AslyG §18a). Dieses Prinzip ist rechtlich sehr umstritten.Quelle
Das BAMF muss die Schutzsuchenden unverzüglich anhören und innerhalb von zwei Tagen über ihren Asylantrag entscheiden. Wenn der Antrag bewilligt wird, darf die Person einreisen. Wenn er abgelehnt wird, wird sie entweder zu ihrem Abflugort oder in ihr Herkunftsland zurückgewiesen. Asylbewerber*innen im Flughafenverfahren können gegen einen negativen Beschluss klagen und haben dabei (wie andere Antragstellende) Anspruch auf Rechtsberatung. Das zuständige Verwaltungsgericht muss dann innerhalb von 14 Tagen über die Klage urteilen.Quelle
Bis zur endgültigen Entscheidung müssen die Asylbewerber*innen im Transitbereich des Flughafens bleiben. Flughafenverfahren können deshalb nur an Flughäfen stattfinden, die Asylbewerber*innen unterbringen können. Das Flughafenverfahren dauert maximal 19 Tage. Wenn keine rechtskräftige Entscheidung innerhalb dieser Frist getroffen wird, kann die einreisende Person den Transitbereich verlassen.Quelle
Laut einem Praxisbericht der Flüchtlingshilfsorganisation "Pro Asyl" können Beschlüsse in derartigen Grenzverfahren kaum Rücksicht auf den psychischen und physischen Zustand der Schutzsuchenden nehmen und führen oftmals zu mangelhaften Urteilen.
Flughafenverfahren im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem
Nach der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) plant die Bundesregierung, dieses "Grenzverfahren" auch auf alle Schutzsuchenden auszuweiten, die
- Falschangaben über ihre Identität machen,
- aus Herkunftsstaaten kommen, für die eine durchschnittliche EU-weite "Schutzquote" von 20 Prozent oder weniger vorliegt.
Asylanträge von Personen, die aus "sicheren Drittstaaten" oder "sicheren Herkunftsstaaten" kommen, können als unzulässig abgelehnt werden. "Grenzverfahren" nach der neuen EU-Asylverfahrensrichtlinie können bis zu 12 Wochen dauern (VO 2024/1348, Artikel 51). Das Gesetzesvorhaben wurde von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen stark kritisiert.Quelle
Die Zahlen
2024 hat die Bundespolizei rund 13.500 "unerlaubte Einreisen" über die Luftgrenze festgestellt – 2023 waren es etwa 14.000 Einreisen. Zwischen Januar und Oktober 2024 gab es 365 "Flughafenverfahren".Quelle
Für Personen ohne reguläre Reisedokumente ist es sehr schwierig, über den Luftweg einzureisen, denn ohne ein Visum ist es in der Regel nicht möglich, ein Flugzeug zu besteigen. Nach EU-Recht gilt in dem Fall die Fluggesellschaft als "Beförderungsunternehmen", das sich als solches strafbar macht und eine entsprechende Geldstrafe zahlen muss.