Die Schulpflicht in Deutschland gilt auch für geflüchtete Kinder und Jugendliche. In einigen Bundesländern (Berlin, Bremen, Hamburg, Saarland und Schleswig-Holstein) setzt die Schulpflicht mit dem Asylantrag ein. In anderen hingegen beginnt sie nach drei (wie in Bayern und Thüringen) oder sechs Monaten (wie in Baden-Württemberg). Oft gilt die die Schulpflicht erst, wenn die Kinder die Erstaufnahmeeinrichtung verlassen haben und einer Kommune zugewiesen wurden. In manchen Erstaufnahmeeinrichtungen erhalten die Kinder gesonderten Unterricht. Unabhängig davon gilt das Recht auf einen Schulbesuch nach Artikel 28 UN-Kinderrechtskonvention.Quelle
Es gibt keine Zahlen dazu, wie viele geflüchtete Kinder und Jugendliche eine Schule besuchen. Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) schätzt, dass rund 130.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche zwischen Januar 2015 und März 2018 neu in das Schulsystem eingetreten sind.Quelle
Aus einer Kurzanalyse des BAMF geht hervor, dass 93 Prozent der 6- bis 10-jährigen Geflüchteten eine Schule besuchen, unter gleichaltrigen ohne Fluchthintergrund sind es 98 Prozent. Unter den 15- und 16-Jährigen sind es 87 Prozent der Geflüchteten und 98 bis 99 Prozent der Jugendlichen ohne Fluchthintergrund.Quelle
Laut einer Studie des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe 2021 warten geflüchtete Kinder im Durchschnitt 7,1 Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland darauf, am Schulunterricht teilzunehmen. Sie werden öfter in nicht-altersgemäßen Klassenstufen unterrichtet: 40,2 Prozent der 15-Jährigen mit Fluchterfahrung besuchen die Klassenstufen 6-8. Unter den 15-Jährigen ohne Flucht- oder Migrationshintergrund sind es 6,5 Prozent. Für geflüchtete Jugendliche hängt viel davon ab, an welchen Schulen die "Zuwandererklassen" stattfinden, die sie auf den Übergang in andere Klassen vorbereiten sollen. Finden sie an Haupt- oder Realschulen statt, schaffen sie es seltener, ans Gymnasium zu wechseln.Quelle
Nachteile von Willkommensklassen
Eine Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (2025) zeigt: Junge Geflüchtete verbessern ihr Deutsch am ehesten, wenn sie schnell in reguläre Schulklassen kommen. In den Vorbereitungsklassen gelinge es dagegen nicht ausreichend, bei den Sprachkenntnissen aufzuholen - vor allem, weil in dieser Zeit der Kontakt zu gleichaltrigen Schüler*innen fehlt, die Deutsch als Muttersprache sprechen. Auch lange Wartezeiten bis zur Einschulung und ein unsicherer Asylstatus erschweren das Deutschlernen. Die Forschenden analysierten Daten von mehr als 1.000 Jugendlichen.Quelle
Eine Studie des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung zeigte 2022: Der Bildungserfolg von geflüchteten Kindern im Grundschulalter sinkt deutlich, wenn sie eine Vorbereitungsklasse/Willkommensklasse anstelle einer Regelklasse besuchen. Insbesondere in den Fächern Deutsch und Mathematik sind Unterschiede sichtbar, aber auch in Englisch und den Naturwissenschaften. Außerdem schafften Kinder in Vorbereitungsklassen mit geringerer Wahrscheinlichkeit den Sprung auf ein Gymnasium. Sie landeten häufiger in einer weiterführenden Schule mit einem hohen Migrant*innenanteil. Für die Untersuchung analysierten die Forscherinnen Daten aus den Jahren 2013 bis 2019 aus Hamburg.Quelle
Bildungswissenschaftler*innen wiesen schon 2016 auf organisatorische Probleme in Willkommensklassen hin, darunter beispielsweise eine hohe Fluktuation. Basierend auf einer Untersuchung von 18 Willkommensklassen in Berlin empfahlen Sie, geflüchtete Kinder möglichst schnell in Regelklassen zu integrieren und separaten Deutschunterricht anzubieten.Quelle