Wie viele postsowjetische Migranten leben in Deutschland?

Knapp fünf Millionen Migranten aus dem Raum der ehemaligen Sowjetunion leben in Deutschland. Unter ihnen sind 2,7 Millionen Spätaussiedler und rund 220.000 jüdische Kontingentflüchtlinge. Zuletzt kamen viele Ukraine-Flüchtlinge hinzu.

Postsowjetische Migrant*innen sind Personen, die aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion zugewandert sind und ihre Nachkommen. 2024 waren es etwa 4,7 Millionen Personen. Rund 3,8 Millionen von ihnen sind selbst zugewandert und haben hauptsächlich Bezüge zur Ukraine (ca. 30 Prozent), zur Russischen Föderation (ca. 28 Prozent) und zu Kasachstan (ca. 26 Prozent).Quelle Statistisches Bundesamt (2025): Statistischer Bericht - Bevölkerung nach Migrationshintergrund - Erstergebnisse 2024, Tabelle 12211-05, LINK.

Statistisch werden Personen aus der Ukraine zur Gruppe hinzugezählt. Seit der Ausweitung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sind viele Geflüchtete aus dem Land hinzugekommen. Mehr zu ukrainischen Geflüchteten finden Sie hier.

Neben ukrainischen Geflüchteten sind laut Migrationsforscher Jannis Panagiotidis in einer Expertise aus dem Jahr 2021 zwei weitere Gruppen zentral:

  1. Russlanddeutsche (Spät-)Aussiedler*innenLaut Definition des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sind sie "Personen deutscher Herkunft, die in Ost- und Südosteuropa sowie in der Sowjetunion unter den Folgen des Zweiten Weltkriegs gelitten haben (...) (und die) aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit noch Jahrzehnte nach Kriegsende massiv verfolgt" wurden. und ihre Familienangehörigen: Laut Mikrozensus lebten 2024 rund 2,7 Millionen Das Statistische Bundesamt ging 2016 noch davon aus, dass ca. 3.2 Millionen (Spät-)Aussiedler*innen in Deutschland lebten. Seit 2017 wird die Gruppe genauer erfasst, etwa weil das Geburtsland der Eltern neuerdings mit abgefragt wird. Dadurch wurde deutlich, dass viele Menschen zuvor mitgewählt wurden, die nicht unter die Definition von Aussiedler*innen und Spätaussiedler*innen fallen - etwa weil sie ihren Geburtsort außerhalb von Europa und Asien haben. (Spät-)Aussiedler*innen in Deutschland, bis Ende 2023 wurden laut Bundesverwaltungsamt knapp über 2,4 Millionen von ihnen registriert.Quellen BAMF (2025): Migrationsbericht der Bundesregierung 2023. S. 113, LINK; Panagiotidis, Jannis (2021): Postsowjetische Migration in Deutschland: Expertise für den MDI. S. 2, LINK; Statistisches Bundesamt (2025): Statistischer Bericht - Bevölkerung nach Migrationshintergrund - Erstergebnisse 2025. Tabelle 12211-05, LINK.

  2. Jüdische Kontingentflüchtlinge und ihre Familienangehörigen: Seit den 1990ern Jahren erhielten den Status als Kontingentflüchtling rund 221.000 eingewanderte Jüd*innen aus der ehemaligen Sowjetunion. Die meisten von ihnen kamen bis 2004 nach Deutschland, 2023 waren es noch 868 Personen.Quellen BAMF (2025): Migrationsbericht der Bundesregierung 2023. S. 113, LINK; Panagiotidis, Jannis (2021): Postsowjetische Migration in Deutschland: Expertise für den MDI. S. 2, LINK

(Spät-)Aussiedler*innenerhalten seit der frühen Nachkriegszeit einen besonderen Schutz in der Bundesrepublik. Die Bundesregierung unter Konrad Adenauer bot ihnen ab 1953 mit dem Bundesvertriebenengesetz an, gemeinsam mit ihren Familien einzuwandern und hier volle Bürger*innenrechte zu genießen. Laut Definition des Bundesinnenministeriums handelt es sich um "Personen deutscher Herkunft, die in Ost- und Südosteuropa sowie in der Sowjetunion unter den Folgen des Zweiten Weltkrieges gelitten haben (...) (und die) aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit noch Jahrzehnte nach Kriegsende massiv verfolgt" wurden. Bis Ende 1992 eingewanderte postsowjetische Migrant*innen erhielten den Rechtsstatus "Aussiedler". Seit 1993 erhalten sie den rechtlichen Status "Spätaussiedler", nach der Anerkennung erhalten sie umgehend die deutsche Staatsangehörigkeit.QuellenBAMF (2013): (Spät-)Aussiedler in Deutschland. Eine Analyse aktueller Daten und Forschungsergebnisse, S. 18, LINK; BMI (o. J.): Spätaussiedler, LINK; BMI (2020): Willkommen in Deutschland. Zusatzinformationen für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern, S. 12, LINK; BMJ (o. J.): Gesetz über die Angelegenheiten von Vertriebenen und Flüchtlinge, BVFG, LINK; BMJ (o. J.): §4 Bundesvertriebenengesetz, BVFG, LINK.

Jüdische Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion erhielten in der DDR sowie später im wiedervereinigten Deutschland Schutz vor zunehmendem Antisemitismus in der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten. Gesonderte Asylanträge waren nicht nötig, der Nachweis einer jüdischen Identität genügte. Damit ging eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis einher. Die damalige Bundesregierung verstand die Aufnahme dieser Menschen auch als symbolische Wiedergutmachung für die Shoah.QuellenBundeszentrale für politische Bildung (2017): Jüdische Kontingentflüchtlinge und Russlanddeutsche, LINK; Bundeszentrale für politische Bildung (2005): Shoa und Antisemitismus, LINK; Panagiotidis, Jannis (2021): Postsowjetische Migration in Deutschland. Eine Einführung, S. 47f; Panagiotidis, Jannis (2021): Postsowjetische Migration in Deutschland. Expertise für den MDI, S. 2, LINK

Das änderte sich mit der Reform des Zuwanderungsgesetzes im Jahr 2005. Seitdem müssen sie belegen, dass eine jüdische Gemeinde sie aufnehmen würde. Zudem müssen sie Deutschkenntnisse sowie – bis auf wenige Ausnahmen – eine "positive Integrationsprognose" vorweisen. Rechtliche Grundlage ist §23 Abs. 2 AufenthG sowie eine Anordnung des BMI. Durch die Änderung sind seit 2005 jährlich viel weniger jüdische Kontingentflüchtlinge aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen als zuvor.Quellen BAMF (2019): Jüdische Zuwandernde, LINK; Zentralrat der Juden in Deutschland (o. J.): Herausforderung und Chancen - Integration der jüdischen Zuwanderer, LINK; BAMF (2022): Anordnung des Bundesministeriums des Innern in der Fassung vom 18. März 2022, LINK; BPB (2017): Jüdische Kontingentflüchtlinge und Russlanddeutsche, LINK; Bundesjustizministerium (o. J.): Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet, LINK