Rechtliche Anerkennung von Klimaflüchtlingen

Für Klimaflüchtlinge gibt es kaum Möglichkeiten, in einem anderen Land Asyl zu bekommen. Denn sie erfüllen nicht die Voraussetzungen der Genfer Flüchtlingskonvention. Immer wieder gibt es Forderungen nach Alternativen, etwa einem Klimapass.

Es gibt kaum Möglichkeiten für Menschen, die wegen Umweltveränderungen ihre Heimat verlassen müssen, einen Schutzstatus zu erhalten: Sie erfüllen grundsätzlich nicht die Voraussetzungen, die in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vorgesehen sindDie meisten fliehen innerhalb ihres Landes, Verfolgungsgefahr nicht gegeben; Klima- und/oder Umweltveränderungen sind kein Anerkennungsgrund in der GFK. Es ist unwahrscheinlich, dass sich das ändern wird, auch wenn es immer wieder Diskussionen darum gibt. Unter anderem ist es schwer zu definieren, was unter Klimaflucht fällt. Einige Fachleute sprechen sich dagegen aus, einen neuen Fluchtgrund in die GFK mitaufzunehmen, um die Konvention nicht aufzuweichen. Einer Analyse der Richterin Camilla Schloss zufolge werden Naturkatastrophen bereits in Deutschland berücksichtigt, wenn Abschiebeverbote geprüft werden.QuelleIonesco (2019): "Let’s Talk About Climate Migrants, Not Climate Refugees", LINK; Schloss (2024): "Naturereignisse in deutschen Asylverfahren", LINK; Nümann (2019): "Rechtliche Schutzmöglichkeiten für 'Klimaflüchtlinge'", bpb, LINK

Aufgrund dieser Schwierigkeiten schlägt der Sachverständigenrat für Integration und Migration in seinem Jahresgutachten 2023 zum Umgang mit klimabedingter Migration drei Maßnahmen vor, die einzelne Staaten umsetzen können: 

1. Klimapass: Ermöglicht einen dauerhaften Aufenthalt ohne Konditionen, falls ein Land unbewohnbar wird,
2. Klimacard: Ist ein temporär befristeter Aufenthalt, falls ein Land nach einem Naturereignis sehr verwüstet ist und Menschen vorübergehend das Land verlassen müssen,
3. Klima-Arbeitsvisum,  falls schleichende Umweltveränderungen die Lebensbedingungen im Land erheblich verschlechtern.QuelleSachverständigenrat für Integration und Migration (2023): "Klimawandel und Migration: was wir über den Zusammenhang wissen und welche Handlungsoptionen es gibt", S. 116, LINK

2014 erhielt der Fall einer Familie aus Tuvalu viel Aufmerksamkeit, die in Neuseeland wegen den Auswirkungen des Klimawandels Schutz beantragt hatte. Die Familie erhielt jedoch keinen Flüchtlingsstatus, sondern ein Abschiebeverbot. 2020 erweckte der "Fall Kiribati" Aufsehen. Der UN-Menschenrechtsausschuss erkannte dabei an, dass das Recht auf Leben durch den Klimawandel ernsthaft bedroht sein kann und dann der Grundsatz der Nicht-Zurückweisung (Non-refoulement) greift. Internationale Organisationen sehen darin eine Chance für neue Standards bei Asylanträgen im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Theoretisch gäbe es auf EU-Ebene oder nationaler Ebene Möglichkeiten, subsidiären oder vorübergehenden Schutz zu erteilen, der jedoch nicht dem Schutzstatus gleichgestellt istQuelleDeutsche Klimastiftung (2020) "Klimawandel: Bedrohung für die Lebensgrundlage von Millionen", UNO-Flüchtlingshilfe Blog, LINK; Amnesty International (2020): "UN-Menschenrechtsausschuss stärkt Rechte von Klimaflüchtlingen" LINK; Nümann (2019): "Rechtliche Schutzmöglichkeiten für 'Klimaflüchtlinge'", bpb, LINK; Publikationen mehrerer Organisationen "Auf der Flucht vor dem Klima"; LINK; Umweltbundesamt (2010): "Rechtsstellung und rechtliche Behandlung von Umweltflüchtlingen", S.11, LINK

Relevante internationale Abkommen und Initiativen

Seit 2010 sind verschiedene internationale Abkommen und Initiativen zum Umgang mit klimabedingter Vertreibung entstanden:

  • Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen forderte 2018 einen internationalen Klimapass. Er soll Personen, die wegen der Folgen des Klimawandels fliehen müssen, ermöglichen in andere Staaten einzureisen und dort Staatsbürgerrechte wahrzunehmen.
  • DieGlobalen Pakte für Migration und Flüchtlinge (GCM) erkannten 2018 erstmals klimatische Veränderungen als Ursache für Vertreibung an. Die Bestimmungen enthalten aber Leitlinien, keine Verpflichtungen.
  • 2015 wurde die UN-Task Force on Displacement ins Leben gerufen, mit dem Ziel, klimabedingte Fluchtgründe zu bekämpfen und die damit verbundenen Vertreibungen einzudämmen.
  • Die Initiative des Internationalen Warschau Mechanismus (WIM) 2013 versucht, ein internationales finanzielles Kompensierungssystem für klimawandelbedingte Schäden einzurichten.
  • 2012 wurde die Nansen-Initiative gegründet, um Strategien für den Umgang mit Flucht im Kontext von Klimawandel und Naturkatastrophen auszuarbeiten. Aus ihr ging 2016 die Platform on Disaster Displacement hervor.
  • 2012 verabschiedete die Afrikanische Union die Kampala-Konvention, um Binnenvertriebenen einen angemessenen Schutz zu gewähren. Sie ist verbildlich und Vertreibungen aufgrund von klimabedingten Umweltveränderungen werden berücksichtigt.
  • Im Cancún Agreement haben die Vertragspartner der UN-Klimarahmenkonvention 2010 erstmals verbindliche internationale Maßnahmen zum Klimaschutz festgelegt und katastrophen- und klimabedingte Migration als politische Aufgabe anerkannt.