Die Zahlen der Inhaftnahmen in Abschiebehafteinrichtungen haben in den vergangenen Jahren erhebliche geschwankt. So wurden im Jahr 2008 noch rund 8.800 Personen in Haft genommen. Bis 2014 ging die Zahl auf etwa 2.100 Personen im Jahr zurück. Zwischen 2015 und 2019 stieg die Zahl der Inhaftnahmen wieder.Quelle
2020 sank die Zahl der Inhafnahmen aufgrund der Präventionsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie. Seitdem steigt sie wieder. Betrachtet man nur die Zahl der Inhaftnahmen in größeren Hafteinrichtungen (zu den Problemen bei der Datenerhebung s. unten), so zeigt sich: Sie stieg zwischen 2021 und 2024 um rund 63 Prozent von rund 3.800 auf etwa 6.200.
Hier finden Sie eine umfangreiche Expertise zum Thema Abschiebungshaft von Hannah Franz.
Führen mehr Inhaftierungen zu mehr Abschiebungen?
Nach den vorhandenen Daten kann man kein proportionales Verhältnis zwischen der Zahl der Inhaftierungen und der Zahl der Abschiebungen feststellen. Tendenziell sind in den vergangenen fünf Jahren sowohl die Zahl der Inhaftnahmen als auch die der Abschiebungen gestiegen.
Ein Grund ist, dass die Zahl der Asylbewerber*innen zwischen 2021 und 2023 deutlich gestiegen ist - und damit auch die absolute Zahl der abgelehnten Asylanträge. Wenn mehr Asylbewerber*innen abgelehnt, zur Ausreise aufgefordert und eventuell abgeschoben werden, steigt mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Zahl der Personen, die in Haft genommen werden.Quelle
Ein proportionaler Einfluss der Inhaftnahmen auf die Zahl der Abschiebungen lässt sich aber nicht feststellen, wie eine Analyse der Daten der einzelnen Bundesländer zeigt.
In Bayern stieg etwa die Zahl der Inhaftnahmen zwischen 2021 und 2022 um 74 Prozent, die Zahl der Abschiebungen um 7 Prozent. In Hamburg ging im selben Zeitraum die Zahl der Abschiebungen zurück – trotz mehr Inhaftnahmen. Die Zahl der Abschiebungen kann auch bei rückgängigen Inhaftnahmen steigen: So etwa in Nordrhein-Westfalen zwischen 2021 und 2022 (ca. 16 Prozent weniger Inhaftnahmen, sieben Prozent mehr Abschiebungen) – und in Sachsen zwischen 2023 und 2024 (25 Prozent weniger Inhaftnahmen, 11 Prozent mehr Abschiebungen).Quelle
Auch im historischen Rückblick lässt sich kein direktes Verhältnis zwischen der Zahl der Inhaftnahmen und der Zahl der Abschiebungen feststellen. So stieg etwa im Jahr 2019 die Zahl der Inhaftierungen bundesweit um 25 Prozent, während die Zahl der Abschiebungen um 6,4 Prozent zurückging.
Werden alle inhaftierten Personen auch abgeschoben?
Nicht alle Inhaftierungen führen auch zu einer Abschiebung. Das Verhältnis zwischen Inhaftierungen und Abschiebungen aus der Haft beziehungsweise Entlassungen ohne Abschiebung variiert je nach Jahr und Bundesland. In Bayern (dem Land mit dem höchsten Anteil an Haftplätzen) wurden zum Beispiel 2024 rund 400 Personen ohne Abschiebung aus der Haft entlassen – das sind knapp 20 Prozent der Inhaftnahmen für das Jahr.Quelle
Ein ähnliches Verhältnis lässt sich auch für Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen feststellen. Im Schnitt kann man sagen, dass für den untersuchten Zeitraum (2021-2025) in fast allen Bundesländern mit Hafteinrichtungen Abschiebungen aus der Haft in einem Verhältnis von 4 zu 5 (80 Prozent) zu den Inhaftnahmen stehen.
Was ist die Abschiebehaft?
Wenn ein ausländischer Staatsbürger unmittelbar ausreisepflichtig ist und Deutschland nicht freiwillig verlässt, kann er in Abschiebehaft genommen werden. Ein Gericht darf das aber in der Regel nur dann anordnen, wenn es keine andere Möglichkeit sieht, die Ausreise durchzusetzen beziehungsweise wenn eine "erhebliche Fluchtgefahr" besteht. In Abschiebehaft können auch Ausreisepflichtige genommen werden, von denen eine "Gefahr für Leib und Leben Dritter" ausgeht.Quelle
Es gibt verschiedene Haftformen: