Wie viele Personen sind in Abschiebehaft?

Die Zahl der Inhaftierungen in Abschiebehaft steigt, viele Bundesländer haben ihre Kapazitäten in Hafteinrichtungen erweitert. Ob mehr Haftplätze zu mehr Abschiebungen führen, ist unklar.

Nachdem sie während der Covid-19-Pandemie stark zurückgegangen war, steigt die Zahl der Inhaftierungen seit 2021 wieder. Fast alle Bundesländer haben zudem die Kapazitäten der Hafteinrichtungen erweitert: Bundesweit gibt es rund 800 Haftplätze in der Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam (Stand: März 2024).QuelleBundestagsdrucksache 20/10520, Seite 20

Mehr Inhaftierungen führen nicht unbedingt dazu, dass mehr Menschen abgeschoben werden: 2019 ist zum Beispiel die Zahl der Inhaftierungen gestiegen, während die Zahl der Abschiebungen zurückgegangen ist.

Nicht alle inhaftierten Personen werden abgeschoben. Da nicht alle Bundesländer über Abschiebehafteinrichtungen verfügen und Personen, die abgeschoben werden müssen, oftmals in andere Bundesländer überstellt werden, ist eine umfassende Statistik zu InhaftierungenUnterschiedliche Bundesländer erfassen Daten zu Abschiebehaft unterschiedlich: Einige wie etwa Bayern haben nur Daten zu Inhatierungen während andere wie Baden-Württemberg und Sachsen Daten zu Inhaftierungen und Abschiebungen aus der Haft haben. Andere erheben wiederum Zahlen zu Inhaftierungen, Abschiebungen aus der Haft sowie Entlassungen auzs der Haft (ohne Abschiebung). und Abschiebungen aus der Haft nicht möglich.

Ein Blick auf die Zahlen aus einigen Bundesländern, die über größere Hafteinrichtungen (40 Plätze oder mehr) verfügen, zeigt: Der Anteil der Personen, die aus der Abschiebungshaft abgeschoben werden, variiert sehr stark von Bundesland zu Bundesland. Während etwa in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im ersten Halbjahr 2023 vier von fünf inhaftierten Personen abgeschoben wurden, war es in Sachsen eine von zehn Personen.

Wenn ein ausländischer Staatsbürger unmittelbar ausreisepflichtig ist und Deutschland nicht freiwillig verlässt, kann er in Abschiebehaft genommen werden. Ein Gericht darf das aber in der Regel nur dann anordnen, wenn es keine andere Möglichkeit sieht, die Ausreise durchzusetzen beziehungsweise eine "erhebliche Fluchtgefahr" besteht. In AbschiebehaftAufenthg §62 Abs. 3 können auch Ausreisepflichtige genommen werden, von denen eine "Gefahr für Leib und Leben Dritter" ausgeht.RechtsgrundlageAufenthaltsgesetz §62 Absatz 1

Es gibt verschiedene Haftformen:

  • Zurückweisungs- oder Sicherungshaft kann bis zu 6 Monaten dauern – in Ausnahmefällen bis 18 Monate.Rechtliche Grundlage§15 Abs. 5 und §62 Abs. 4 AufenthG
  • Die Überstellungshaft gilt für Personen, die aufgrund der Dublin-III-Verordnung in andere EU-Länder abgeschoben werden müssen. Sie kann bis zu 12 Wochen dauern.Rechtliche GrundlageDublin-III-Verordnung, Artikel 28
  • Die Vorbereitungshaft wird für Personen eingesetzt, deren Abschiebung bevorsteht und kann bis 6 Wochen dauern.Rechtliche Grundlage§62 Abs. 2 AufenthG
  • In Ausreisegewahrsam werden Personen genommen, "die ein Verhalten gezeigt haben, das erwarten lässt, dass sie die Abschiebung erschweren oder vereiteln werden". Sie kann maximal 28 Tage dauern.Rechtliche Grundlage§62b AufenthG

Nach der EU-RückführungsrichtlinieRichtlinie 2008/115/EG Artikel 15 müssen Abzuschiebende in gesonderten Hafteinrichtungen untergebracht werden, getrennt von Straftätern. Dieses Trennungsgebot hat die Bundesrgierung 2019 aufgehoben. Seitdem haben nur drei LänderBundestagsdrucksache 19/31669, Seite 20 ff (Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt) ausreisepflichte Personen in regulären Hafteinrichtungen inhaftiert.