Warum werden ausreisepflichtige Personen nicht abgeschoben?

Menschen ohne Aufenthaltsstatus dürfen oft in Deutschland bleiben – wenn humanitäre, familiäre oder andere Gründe ihre Abschiebung verhindern und sie eine Duldung erhalten.

Selbst wenn Drittstaatsangehörige ohne Aufenthaltsstatus der Aufforderung nicht nachkommen, Deutschland zu verlassen, kann ihre Abschiebung aufgeschoben oder gar ausgesetzt werden.

Die Abschiebung kann aufgeschoben und eine "Duldung" erteilt werden, wenn:

  • die Landesbehörde die Abschiebung "aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen" für maximal drei Monate aussetzt, 
  • der/die Ausländer*in eine qualifizierte Berufsausbildung absolviert,
  • sie/er ein minderjähriges Kind hat, das im Besitz einer AufenthaltserlaubnisSiehe hierzu AufenthG §25a ist,
  • sie/er mit einem anderen Geduldeten eng verwandt ist,
  • ein/e Arzt/Ärztin bescheinigen kann, dass die Person, die abgeschoben werden muss, eine schwerwiegende Erkrankung hat, die die Abschiebung beeinträchtigen kann oder
  • rechtliche Gründe vorliegen, die eine Ausreise hindern – wie etwa mangelnde Reisedokumente.RechtsgrundlageAufenthaltsgesetz §60a

Die Zahlen

Fehlende Reisedokumente sind der häufigste Grund für "Duldungen". Zum Stichtag 31.03.2025 wurden abgelehnte Asylbewerber*innen in Deutschland aus folgenden Gründen "geduldet":

  • Fehlende Reisedokumente: 44.519
  • Ungeklärte Identität: 16.578
  • Familiäre Bindungen zu anderen Geduldeten: 25.136
  • Dringende humanitäre oder persönliche Gründe (z. B. Beendigung der Schule/Ausbildung; Betreuung kranker Familienangehöriger): 6.282
  • Ausbildungsduldung: 2.405
  • Beschäftigungsduldung (Regelanspruch+Familienangehörige): 1.307
  • Abschiebestopp für bestimmten Gruppen oder in bestimmte Staaten: 3.043
  • Medizinische Gründe: 2.359
  • "Konkrete Maßnahmen" zur Abschiebung stehen bevor: 6.358
  • Folgenatrag gestellt: 4.683
  • Unbegleitete Minderjährige: 2.524
  • Sonstige Gründe: 62.543QuelleBundestagsdrucksache 21/1640, Seite 31

Geduldete, die ihre Abschiebung verhindern – etwa indem sie bei der Beschaffung von Identitätsdokumenten nicht mitwirken, können mit LeistungskürzungenAsylbLG §1a Absatz 3 und eine WohnsitzpflichtAufenthG §60b, Abs. 5 bestraft werden.

Um Identitäten schneller festzustellen und die nötigen Reisedokumente zu beschaffen, hat die Bundesregierung Rückübernahmeabkommen mit etlichen Ländern unterschrieben (darunter mehrere Balkanstaaten, Algerien und Marokko). Mit Afghanistan hat die Europäische Union ein Kooperationsabkommen vereinbart, in dessen Rahmen Rückführungen erleichtert werden sollen. Mit einigen der wichtigsten Herkunftsländer von Asylbewerbern wie etwa Pakistan, Iran oder Nigeria gibt es bislang kein Abkommen.

Gescheiterte Abschiebungen

Rund 32.600 Abschiebungen sind 2024 vor der Übergabe der ausreisepflichtigen Personen an die Bundespolizei gescheitert. Etwa 1.150 Abschiebungen scheiterten nachdem die ausreisepflichtige Person an die Bundespolizei übergeben wurde. In etwa 19 Prozent der gescheiterten Abschiebungen (nach Übergabe an die Bundespolizei) wurden diese wegen des "passiven Widerstands" der Betroffenen abgebrochen – in sechs Prozent der Fälle wegen "aktiven Widerstands". 84 Abschiebungen wurden aus medizinischen Gründen abgeborchen. In 342 Fällen weigerten sich die Fluggesellschaft oder der/die Pilot*in, die Abzuschiebenden zu transportieren.QuelleBundestagsdrucksache 20/14946, Seite 17 ff LINK