Wenn es in Deutschland zu schweren oder aufsehenerregenden Straftaten durch Ausländer kommt, werden Rufe nach Abschiebungen laut. Kann Deutschland ausländische Straftäter oder Gefährder abschieben? Eine Übersicht zur Rechtslage.
Wann können ausländische Straftäter abgeschoben werden?
Nach dem Aufenthaltsgesetz kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn er oder sie "die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die freiheitliche demokratische Grundordnung" gefährdet. In jedem Einzelfall muss die Behörde prüfen, ob das "Bleibeinteresse" oder das "Ausweisungsinteresse" überwiegt.
Ein starkes "Ausweisungsinteresse" besteht etwa, wenn die Person schwere Straftaten begeht oder terroristischen beziehungsweise verfassungsfeindlichen Organisationen angehört. Ein starkes "Bleibeinteresse" besteht etwa, wenn die Person schon lange in Deutschland lebt oder familiäre Bindungen im Land hat.
Können straffällige Flüchtlinge abgeschoben werden?
Schutzsuchende im Asylverfahren sowie anerkannte Flüchtlinge sind besonders geschützt: Sie können prinzipiell nur "bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung" ausgewiesen werden - also zum Beispiel, wenn sie eine Terrorgefahr darstellen.Quelle
Wann können ausländische Straftäter nicht abgeschoben werden?
Für alle Ausländer*innen in Deutschland gilt das absolute Non-Refoulement-Gebot, das in der Genfer Flüchtlingskonvention sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert ist. Das besagt, dass eine Person nicht in ein Land abgeschoben werden darf, wo ihr Folter oder unmenschliche Behandlung droht. Wenn das der Fall ist, gilt ein Abschiebungsverbot.
Sind Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan aktuell rechtlich möglich?
Zwei Länder, die oftmals im Zusammenhang mit Abschiebeverboten genannt werden, sind Syrien und Afghanistan.
Die Situation in Syrien wird nach der Machtübernahme durch die islamistische HTS-Miliz im Dezember 2024 neu evaluiert. Seit 2012 gab es keine Abschiebungen nach Syrien. Zum einen pflegte die Bundesregierung keine Beziehung zum (inzwischen gestürtzen) Regime von Präsident Bashar Al-Assad. Zum anderen bestätigten zahlreiche internationalen Berichte zur Sicherheitslage im Land, dass – obwohl in Teilen des Landes keine Kampfhandlungen mehr stattfanden – die Lebenssituation und Menschenrechtslage weiterhin katastrophal sind. Rückkeherern drohten bis zum Sturz des Regimes Inhaftierung, Folter, unmenschliche Behandlung und allgemeine Lebensgefahr.Quelle
Nach Afghanistan wurden im August 2024 28 straffällige Personen abgeschoben. Das ist die erste Abschiebung seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 und erfolgte nach Medienangaben mit Unterstützung von Katar. Offiziell hat die Bundesregierung keine diplomatischen Beziehungen zum Taliban-Regime. Die Sicherheitslage hat sich internationalen Beobachtern zufolge in den vergangenen Jahren in Teilen des Landes gebessert. Die Menschenrechtslage bleibt dennoch aufgrund des Wirtschaftskollapses und der fehlenden internationalen Hilfe verheerend. Besonders Frauen und Mädchen drohe wegen des repressiven Taliban-Regimes Gefahr für Leib und Leben. Mitarbeitern der ehemaligen Regierung sowie Ortskräften der internationalen Militärmissionen drohen Folter und Hinrichtungen – sowohl von den Taliban als auch von anderen bewaffneten Gruppen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR rät explizit davon ab, Personen nach Afghanistan abzuschieben.Quelle
Vier deutsche Oberverwaltungsgerichte haben sich seit 2021 mit der Frage beschäftigt, ob die Bedingungen für ein Abschiebeverbot nach Afghanistan gegeben sind: Die Urteile der Gerichte fielen unterschiedlich aus.Quelle
Was passiert mit ausgewiesenen Personen, die nicht abgeschoben werden können?
Ausländer*innen, die ihren Aufenthaltstitel verlieren und nicht abgeschoben werden, bekommen eine Duldung. Das bedeutet unter anderem, dass sie nicht frei reisen und nicht standesamtlich heiraten können und eingeschränkte Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten haben.