Deutschland ist seit Langem Ein- und Auswanderungsland. In vielen Ländern leben Communities, die auf deutsche Auswanderinnen und Auswanderer zurückgehen. Eine komplette Übersicht über die wichtigsten Migrationsbewegungen finden Sie in unserer Geschichtsrubrik. Eine Auswahl der wichtigsten Auswanderungsbewegungen aus Deutschland finden Sie hier:
Auswanderung im 17., 18. und 19. Jahrhundert
Auswanderung nach Amerika
Die große Auswanderungswelle aus dem deutschsprachigen Raum über den Atlantik begann schon um 1700. Dabei gingen die Auswander*innen vor allem in die heutigen Vereinigten Staaten, gefolgt von Kanada, Brasilien und Argentinien. Die Hochzeit der "transatlantischen Massenauswanderung" (Klaus J. Bade) war das 19. Jahrhundert: Von 1816 bis 1914 wanderten 5,5 Millionen Deutsche in die USA aus. Der Hauptgrund für die Auswanderung war das schnelle Bevölkerungswachstum, das für Armut und Arbeitslosigkeit sorgte. Zum Ende des Jahrhunderts stellten die deutschen Einwander*innen die größte ausländische Bevölkerungsgruppe in den USA. Rund 20 Prozent der Auswander*innen zogen später zurück.Quelle
Auswanderung nach Osten – die Russlanddeutschen
Zarin Katharina II. ("die Große") ließ 1763 den "Kolonistenbrief" in Europa verbreiten, um Russland zu bevölkern. Denn das Reich war riesig, jedoch vielerorts menschenleer. Der Aufruf garantierte Siedler*innen zahlreiche Freiheiten, Rechte und Vergünstigungen. Diesem Aufruf folgten rund 31.000 Menschen, vor allem aus den deutschen Gebieten. Sie wurden vorwiegend in die Region um die Wolga gelenkt. In einer zweiten Anwerbungswelle ab 1804 unter Zar Alexander I. sollten erneut viele Siedler*innen gefunden werden. Dieses Mal jedoch unter strengeren Auswahlkriterien wie etwa der Arbeitserfahrung. Zwischen 50.000 und 55.000 überwiegend Deutsche kamen so in die Schwarzmeer-Region. Vor dem Ersten Weltkrieg lebten etwa 2,4 Millionen Deutsche im Russischen Reich, zwei Drittel davon Nachkommen der Siedler.Quelle
Politische Verfolgung und Emigration nach der 48er-Revolution
Nachdem die Revolution von 1848 scheiterte – die sich gegen Repressionen und Zensur auflehnte und etwa mehr politische Teilhabe forderte – emigrierten viele Enttäuschte. Einige politische Exilant*innen versuchten zunächst besonders aus Belgien, Frankreich, der Schweiz und Großbritannien heraus das politische Geschehen in den deutschen Ländern zu beeinflussen. Viele migrierten in die USA, sie wurden zu den "Forty-Eighters“. Weitaus mehr Menschen flohen in der Zeit vor extremer Armut: Über eine Million Deutsche wanderten zwischen 1848 und 1860 in die USA aus, etwa vier- bis zehntausend waren "Forty-Eighters“. Quelle
Auswanderung im Kaiserreich
Im Deutschen Kaiserreich gab es sowohl Aus- als auch Einwanderungsbewegungen: Für die Industrialisierung wurden Arbeitskräfte benötigt, gleichzeitig erleichterten schnellere Transportwege und eine zunehmende Globalisierung die Auswanderung.
Kolonialismus und Migration
Britische und französische Siedlungskolonien, der Sklavenhandel und die Migration innerhalb des Commonwealth sind Beispiele dafür, dass Kolonialismus und Migration eng miteinander verbunden sind. Dies gilt auch in kleinerem Umfang für das Deutsche Reich: Bis 1914 ließen sich etwa 23.000 Deutsche in den Kolonien nieder. Zugleich wurden Schwarze Menschen in Deutschland sichtbarer, 1890 lebten schätzungsweise 150 in Hamburg sowie 1903 rund 200 in Berlin. Mehr zur Geschichte Schwarzer Menschen in Deutschland hier.Quelle
Dienstmädchenmigration – ein internationaler Arbeitsmarkt
Auch junge Frauen und Mädchen aus unteren sozialen Schichten zogen vermehrt in die Städte. Hier arbeiteten sie als Dienstmädchen in bürgerlichen Haushalten. Das Besondere an dieser Migration war, dass alleinstehende Frauen international so mobil wurden wie nie zuvor: Der Arbeitsmarkt für deutsche Dienstmädchen erstreckte sich in die europäischen Hauptstädte und sogar nach Übersee. Besonders attraktiv waren Städte wie Berlin, Paris, Budapest und Wien. In Paris kamen im Jahr 1901 rund 7.600 der 17.700 ausländischen Dienstbotinnen aus Deutschland.Quelle
Auswanderung und Vertreibung in der NS-Zeit
Judenverfolgung und Holocaust im NS-Regime
Die nationalsozialistische Regierung erließ nach der Wahl Adolf Hitlers zum Reichskanzler zahlreiche antisemitische Gesetze. Übergriffe auf Jüdinnen und Juden und ihre Ausgrenzung aus der Gesellschaft wurden geduldet und bestärkt. Bis 1939 verließen 247.000 der etwa 500.000 Jüdinnen und Juden Deutschland. Doch immer mehr Staaten wollten keine jüdischen Flüchtlinge einreisen lassen. Mit einer Konferenz 1938 im französischen Évian versuchte der damalige US-Präsident Franklin D. Roosevelt die Aufnahme global zu regeln, außer der Dominikanischen Republik wollte aber kein beteiligter Staat den Flüchtenden Schutz gewähren. Trotz der weltweit restriktiven Einwanderungspolitik gelang es zwischen 1940 und 1945 nochmals 31.500 Jüdinnen und Juden zu fliehen, den meisten von ihnen nach Palästina und in die USA. Zwischen 1940 und 1945 wurden 130.000 Jüdinnen und Juden aus dem Deutschen Reich in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. Nur schätzungsweise 27.000 bis 32.000 überlebten das NS-Regime in Deutschland. Mehr als sechs Millionen Juden wurden Opfer des Holocausts.Quelle
Politische Emigrant*innen
"Exilant*innen" verließen das nationalsozialistische Deutschland, da sie aufgrund ihrer politischen Ansichten oder ihres künstlerischen Schaffens verfolgt wurden. Die Zahl der politischen Emigrant*innen aus Deutschland wird auf 30.000 bis 40.000 geschätzt. Sie flohen zum Beispiel nach Frankreich oder in die damalige Tschechoslowakei, einige auch in die USA oder nach Südamerika. Bekannte Autor*innen im Exil waren etwa Thomas und Heinrich Mann, Bertolt Brecht, Else Lasker-Schüler, Anna Seghers oder Stefan Zweig.Quelle
Auswanderung in die Bundesrepublik
Vertriebene
Zum Ende des Krieges kam es wegen Gebietsabtretungen und neuen Grenzen zu großen Fluchtbewegungen, größtenteils nach Westen. Rund 14 Millionen Deutschstämmige flohen vor der vorrückenden sowjetischen Armee oder Vertreibungsaktionen in Ost-, Mittel- und Südosteuropa. Hunderttausende überlebten die Vertreibung, Flucht oder Deportation nicht. Rund 12,5 Millionen von ihnen gelangten in die BRD und die DDR, andere etwa nach Österreich. Innerhalb der Besatzungszonen variierte der Anteil der zugezogenen Vertriebenen stark: Die französischen Besatzungsbehörden weigerten sich, Vertriebene aufzunehmen, ihr Bevölkerungsanteil lag dort 1947 bei nur einem Prozent, in der sowjetischen Besatzungszone war es ein Viertel.Quelle
"Flucht in den Westen" aus der DDR
Zwischen 1949 und 1961 überquerten 2,7 Millionen Menschen die deutsch-deutsche Grenze Richtung Westen. Um diese Binnenmigration zu stoppen, ließ die DDR-Regierung 1961 die Mauer rund um West-Berlin bauen und schirmte die Grenzen zu Westdeutschland ab. Bis zum Mauerfall gelang es dennoch rund 700.000 weiteren Menschen, die DDR zu verlassen, etwa indem sie nach Besuchen nicht zurückkehrten, als politische Häftlinge von der BRD freigekauft wurden oder erfolgreich die Ausreise beantragten. Darüber hinaus gelang es 5.000 DDR-Bürgern, die Mauer zu überwinden, oft unterstützt von Fluchthelfer*innen. Mindestens 138 Menschen kamen an der deutsch-deutschen Grenze ums Leben.Quelle