Unterricht in Türkisch, Arabisch und anderen Herkunftssprachen

In den meisten Bundesländern können Schüler Unterricht in ihren Familiensprachen besuchen: den herkunftssprachlichen Unterricht. Er wird von den Bundesländern oder Konsulaten organisiert.

Im Schuljahr 2021/2022 gab es in vierzehn Bundesländern sogenannten herkunftssprachlichen Unterricht. Das geht aus einer Recherchedes MEDIENDIENSTES hervor. Im herkunftssprachlichen Unterricht können Schüler*innen ihre Familiensprache lernen oder vertiefen. Er wird entweder von den Bundesländern oder den jeweiligen Konsulaten angeboten. 

  • Zwölf Bundesländer haben im Schuljahr 2021/2022 eigenen herkunftssprachlichen Unterricht angeboten. Nordrhein-Westfalen hat das breiteste Angebot mit Unterricht in 28 Sprachen, danach folgen Rheinland-Pfalz und Sachsen mit je achtzehn Sprachen.
  • In neun Bundesländern organisieren Konsulate Unterricht an öffentlichen Schulen. In Baden-Württemberg und Bayern gibt es nur Konsulatsunterricht und kein staatliches Angebot.
  • In Thüringen und Sachsen-Anhalt gibt es keine Form von herkunftssprachlichem Unterricht.

Einige Bundesländer bauen ihr Angebot an staatlichem herkunftssprachlichem Unterricht aus. Ein Grund dafür ist die Kritik, insbesondere am türkischen Konsulatsunterricht, ideologischen Einfluss auf die Schülerinnen und Schüler zu nehmen. So hat etwa das Saarland den Konsulatsunterricht 2019 an öffentlichen Schulen abgeschafft.QuelleMEDIENDIENST INTEGRATION (2020): "Wie verbreitet ist herkunftssprachlicher Unterricht?"; MEDIENDIENST INTEGRATION (2022): "Wo gibt es herkunftssprachlichen Unterricht?"; Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Baden-Württemberg: (2017): "Konsulatsunterricht muss unter staatliche Aufsicht gestellt werden"

Ein Großteil des herkunftssprachlichen Unterrichts findet an Grundschulen statt. An weiterführenden Schulen gibt es weniger Angebote – und meist nur als Wahlfach. Einige Bundesländer, darunter NRW, Rheinland-Pfalz und Berlin, verfolgen das Ziel, die Herkunftssprachen vermehrt als Fremdsprache und nicht mehr als Wahlfach anzubieten – gleichberechtigt zu Englisch oder Spanisch. Fachleute begrüßen die Entwicklung: Wenn die Sprachkenntnisse offiziell im Abschlusszeugnis stehen, bedeute das eine Anerkennung der Herkunftssprachen. Ein Problem sei aktuell, dass die Lehrkräfte für Herkunftssprachen fehlen, sie werden bisher in Deutschland kaum ausgebildet.

Eine Umfrage unter Eltern mit Migrationshintergrund in Hamburg 2016 zeigt: Eine große Mehrheit der Eltern findet herkunftssprachlichen Unterricht wichtig, die meisten geben aber an, dass ihre Kinder solchen Unterricht nicht besuchen. Der wichtigste Grund dafür sind fehlende Angebote an den Schulen.QuelleLengyel, D. und Neumann, U. (2016): "Herkunftssprachlicher Unterricht in Hamburg - Eine Studie zur Bedeutung desherkunftssprachlichen Unterrichts aus Elternsicht"

Konsulatsunterricht geht auf einen Beschluss der Kultusministerkonferenz von 1964 und eine RichtlinieRichtlinie 77/486/EWG des Rats der Europäischen Gemeinschaften zurück. Dahinter stand die Überlegung, Kinder auf die Rückkehr in das Heimatland ihrer Eltern vorzubereiten. Der Konsulatsunterricht hat sich seitdem kaum verändert: Der Unterricht wird von den Konsulaten oder Botschaften organisiert und finanziert. Neben der Sprache werden auch Inhalte zu Land und Kultur vermittelt. Für den Unterricht nutzen die Konsulate Räumlichkeiten von Schulen, ein Großteil des herkunftssprachlichen Unterrichts wird an Grundschulen durchgeführt. In manchen Bundesländern beteiligen sich die Ministerien oder Schulaufsichtsbehörden an den Lehrplänen und kontrollieren den Unterricht, andere Bundesländer überlassen den Unterricht vollständig den Konsulaten.QuelleMEDIENDIENST INTEGRATION (2020): "Wie verbreitet ist herkunftssprachlicher Unterricht?"; Deutscher Bundestag (2017): "Türkischer Konsulatsunterricht", S. 4f.; Rat der Europäischen Gemeinschaften (1977): Richtlinie 77/486/EGW