Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen

Geflüchtete haben in Deutschland zunächst nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung. Studien zeigen, dass dies negative Folgen für ihre Gesundheit hat.

Zur gesundheitlichen Situation von Geflüchteten gibt es nur wenige Studien. Aktuelle Erhebungen zeigen: Traumatische Erfahrungen vor und während der Flucht, das Leben in Gemeinschaftsunterkünften getrennt von der Familie und unsichere Zukunftsperspektiven können sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Auch der eingeschränkte Zugang zum Gesundheitssystem zu Beginn des Aufenthalts, Sprachbarrieren und Rassismuserfahrungen im Gesundheitswesen können sich negativ auf die Gesundheit auswirken, u.a. weil Betroffene seltener zum Arzt gehen.QuelleBrücker et al. (2019): BAMF-Kurzanalyse. "Geflüchtete machen Fortschritte bei Sprache und Beschäftigung", S. 2f.; Metzing et al. (2020): DIW-Wochenbericht. Psychische und körperliche Gesundheit von Geflüchteten im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen, S. 67, SVR (2022): "Systemrelevant: Migration als Stütze und Herausforderung für die Gesundheitsversorgung in Deutschland"

Mehr zur psychologischen Versorgung von Geflüchteten hier 

Welche Gesundheitsleistung erhalten Asylsuchende?

Asylbewerber*innen erhalten in den ersten 36 Monaten in Deutschland laut Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) eine eingeschränkte medizinische Versorgung für:

  • akut behandlungsbedürftige Erkrankungen,
  • chronischen Erkrankungen wie Diabetes,
  • Schwangerschaft und Geburt,
  • die von den gesetzlichen Krankenkassen empfohlenen Vorsorgen und Impfungen sowie
  • im Einzelfall Zahnersatz.QuellenAsylbewerberleistungsgesetz § 4 und § 6; Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen: Fokus: Asylsuchende/ Geflüchtete, Link

Erst nach 36 Monaten haben Asylbewerber*innen Anspruch auf nahezu dieselbe medizinische Versorgung wie gesetzlich Versicherte. Die Wartezeit wurde 2024 im Rahmen der Asylreform von 18 auf 36 Monate verdoppelt. Einem Bericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung 2024 zufolge hat das negative Folgen für die Gesundheit der Betroffenen. Auch für den Staat gebe es Nachteile: Wenn Behandlungen verzögert werden, fallen später mehr Kosten an.QuelleDIW Wochenbericht 12/2024: "Verlängerte Leistungseinschränkungen für Geflüchtete: Negative Konsequenzen für Gesundheit – erhoffte Einsparungen dürften ausbleiben", S. 199, LINK

Die Gesundheitsversorgung von Asylbewerber*innen fällt in den Verantwortungsbereich der Bundesländer und KommunenAußer in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen, die diese Aufgabe unterschiedlich organisieren:

  • Häufig benötigen Asylbewerber*innen für einen Arztbesuch einen Behandlungsschein, den das Sozialamt ausstellt. Teils müssen sie für jeden Arztbesuch einen neuen Schein beantragen, manchmal erstellen die Sozialämter den Schein pauschal für drei Monate. Ausnahmen gelten bei Notfällen.QuellenInformationsportal von Medibüros/Medinetzen: "Krankenschein(Behandlungsschein)"
  • 6 BundesländerEine Übersicht über die Regelungen in den Bundesländern gibt das "Informationsportal zur Gesundheit von Geflüchteten" der "Medibüros" sowie in diesem Bericht und einzelne Kommunen in drei weiteren Bundesländern (Stand März 2024) sind dazu übergegangen, Asylbewerber*innen eine elektronische Gesundheitskarte auszuhändigen, mit der sie direkt zum Arzt gehen können. Das soll den Zugang zum medizinischen System verbessern und Verwaltungskosten reduzieren. Einem Bericht 2024 zufolge haben auch in diesen Bundesländern noch viele Geflüchtete keinen Zugang zur Karte.QuelleInformationsportal von Medibüros/Medinetzen: "Gesundheitskarte"; §2 AsylbLG; Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen: Fokus: Asylsuchende/ Geflüchtete, Link; QuelleDIW Wochenbericht 12/2024: "Verlängerte Leistungseinschränkungen für Geflüchtete: Negative Konsequenzen für Gesundheit - erhoffte Einsparungen dürften ausbleiben", S. 202, LINK
  • Eine Übersicht dazu, wie die Bundesländer die Gesundheitsversorgung organisieren, hat das Institut MIDEM 2022 erstellt.QuelleLindner (2022): "Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden in den Bundesländern", S. 8, LINK