Wie ist die Lage bei der Unterbringung, wie hat sie sich im letzten Jahr entwickelt? Und wie steht es in den Kommunen um andere Integrationsbereiche wie Schulen, Kinderbetreuung oder Arbeitsmarktintegration? Forscher der Universität Hildesheim und der Mediendienst Integration haben im Oktober 2025 deutsche Kommunen und Landkreise zum dritten Mal zum Stand der Aufnahme und Integration von Geflüchteten befragt. Knapp 900 Gemeinden, Städte und Landkreise haben teilgenommen.
Die Kommunen-Befragung knüpft an frühere Erhebungen aus Oktober 2023 und Mai 2024 an. Zum ersten Mal haben die Forschenden die Kommunen auch zur Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete befragt.
Eine Expertise von Boris Kühn (Universität Hildesheim) und Julian Schlicht (Landkreis Tübingen) mit allen Ergebnissen der Befragung finden Sie hier LINK
Die Expertise wurde von der Robert Bosch Stiftung gefördert.
Aus der Befragung geht unter anderem hervor:
- Die Lage bei der Unterbringung hat sich für viele Kommunen entspannt: Nur noch 11 Prozent stellen eine „Überlastung“ beziehungsweise einen „Notfallmodus“ fest. Etwa 50 Prozent geben an, dass sich die Situation im vergangenen Jahr verbessert hat.
- Gleichzeitig bleibt die Unterbringung Geflüchteter für eine überwiegende Mehrheit von 72 Prozent weiter „herausfordernd“.
- Auch in allen anderen abgefragten Bereichen zeigt sich eine Tendenz zur Entlastung aus kommunaler Sicht. Der Notfallmodus wird hier jedoch weiterhin häufiger genannt als bei der Unterbringung. Am häufigsten im „Notfallmodus“ sind mit rund 45 Prozent weiterhin die Ausländerbehörden.
- Die Befragung zeigt, dass die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete vor allem auf Landkreisebene voranschreitet – und sich regional stark unterscheidet. Was sie für den Verwaltungsaufwand der Kommunen bedeutet, wird sehr unterschiedlich beurteilt: In der Fläche hat sie weder zu einer signifikanten Entlastung der Verwaltung noch zu einer deutlichen Zunahme des bürokratischen Aufwands geführt.
Situation der Unterbringung
Im Vergleich zu den beiden vergangenen Erhebungen hat sich die Lage entspannt. Der „Notfallmodus“ bei der Unterbringung wird immer mehr zur Ausnahme: Hatten 2023 noch rund 40 Prozent und 2024 etwa 23 Prozent der Kommunen einen solchen festgestellt, ist dieser Wert nun auf 11 Prozent gesunken. Parallel dazu wird die Einschätzung häufiger, „ohne größere Schwierigkeiten“ zurechtzukommen (knapp 17 Prozent) – was 2023 und 2024 noch nahezu keine Kommune angegeben hatte.
Gleichzeitig sieht die überwiegende Mehrheit von gut 70 Prozent der Kommunen die Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung weiterhin als machbar, aber auch „herausfordernd“ an. Dieser Wert hat sich im Vergleich zum Mai 2024 nicht verändert.
Knapp die Hälfte der Kommunen gab an, die Lage habe sich im vergangenen Jahr verbessert. Für knapp 40 Prozent der Kommunen stellt sie sich „unverändert“ dar. Rund 12 Prozent sehen – trotz der sinkenden Ankunftszahlen – eine Verschlechterung bei der Unterbringungslage.
Rund 65 Prozent der teilnehmenden Kommunen geben an, Vorbereitungen für den Fall erneut steigender Flüchtlingszahlen zu treffen. Am häufigsten genannt wurde hier das „Vorhalten von Kapazitäten in bestehenden Gebäuden“ (40 Prozent der Teilnehmenden).
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass rund 35 Prozent der Kommunen keine Vorbereitungen zu treffen scheinen. Rund 60 Prozent haben nicht angegeben, zusätzliche Kapazitäten vorzuhalten. Sollten die Flüchtlingszahlen wieder steigen, könnten viele Kommunen erneut relativ schnell in einen Notfallmodus bei der Unterbringung Geflüchteter geraten.
Unterbringungsformen
Die meisten Kommunen setzen auf einen Mix unterschiedlicher Unterkunftstypen. Die am meisten genutzte Unterbringungsform sind Wohnungen, sowohl von Privatpersonen angemietete als auch kommunale.
Situation in anderen Integrationsbereichen
Im Vergleich zu den vorherigen Befragungen hat sich die Lage in allen Bereichen entspannt. Der Notfallmodus ist seltener geworden. Gleichzeitig wird er in den hier abgefragten Bereichen häufiger genannt als bei der Unterbringung. Die Herausforderungen der Integration scheinen langwieriger und komplexer zu sein als bei der Unterbringung.
Am stärksten belastet sind weiterhin die Ausländerbehörden. Hier zeigt sich zudem ein tendenzielles Stadt-Land-Gefälle: 30 Prozent der Landkreise, gut 40 Prozent der mittelgroßen Städte, aber über 60 Prozent der Großstädte sehen ihre Ausländerbehörden „im Notfallmodus“. Weniger belastet sind nach den aktuellen Angaben die Kindertagesstätten: Im Mai 2024 gaben noch rund 45 Prozent der Kommunen an, Kitas seien "überlastet/im Notfallmodus". Dieser Anteil ist im Oktober 2025 auf rund 21 Prozent zurückgegangen.
Grundsätzlich sind diese Angaben allerdings mit Vorsicht zu betrachten. Anders als bei Unterbringung und Leistungsgewährung sind Kommunen für Beratung nur teilweise, für Jobcenter nicht alleine, für Schulen letztlich nur in baulicher Sicht zuständig.
Einführung der Bezahlkarte
Seit 2024 wird die Bezahlkarte für Asylbewerber:innen, auf die sich Bund und Länder im November 2023 grundsätzlich verständigt hatten, in den Bundesländern eingeführt. Wir haben erfasst, wie verbreitet die Bezahlkarte in den Kommunen rund eineinhalb Jahre nach der Einigung von Bund und Ländern ist.
Die Zuständigkeiten für die Asylbewerberleistungen unterscheiden sich nach Bundesländern. Meist sind die Kreise und kreisfreien Städte zuständig. Für einen deutschlandweiten Überblick bietet sich daher vor allem der Blick auf die Kreise an. Hier zeigt sich, dass fast alle Landkreise, aber nur etwas mehr als die Hälfte der kreisfreien Städte die Karte inzwischen eingeführt hat.
Wenn es um den Aufwand bei der Einführung der Bezahlkarte geht, zeigt die Befragung ein gemischtes Bild: Wie zu erwarten war die Umstellungsphase für fast alle Kommunen mit einem Mehraufwand verbunden. Starke dauerhafte Auswirkungen auf den Verwaltungsaufwand sehen jedoch nur wenige Kommunen, häufiger sind leichte Veränderungen.
Redaktion: Fabio Ghelli, Recherche-Hilfe und Daten-Analyse: Fabian Sugar
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