Wie viele Migranten leben in Armut?

Menschen mit Migrationshintergrund haben ein erhöhtes Armutsrisiko – auch bei guten Schulabschlüssen und Vollzeitjobs. Zu den Gründen gehören auch Rassismus und Diskriminierung. Die deutsche Staatsbürgerschaft kann das Armutsrisiko senken.

Menschen mit Migrationshintergrund haben ein doppelt so hohes ArmutsrisikoHierbei handelt es sich um "relative Einkommensarmut". Sie wird gemessen am Durchschnittseinkommen der Bevölkerung. Als "armutsgefährdet" gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient. Wenn das mittlere Einkommen steigt, können auch Menschen unter die Armutsschwelle fallen, obwohl sie nicht weniger verdienen als vorher. Quelle. wie der Rest der Bevölkerung. So lag die Armutsgefährdungsquote im Jahr 2023:

  • bei 22,3 Prozent bei Menschen mit Migrationshintergrund
  • bei 11,1 Prozent bei Menschen ohne Migrationshintergrund.QuelleStatistisches Bundesamt (Destatis) (2024): auf Anfrage des MEDIENDIENST INTEGRATION

Auch wenn sie einen Job haben sind sie stärker von Armut bedroht (13,7 Prozent) als andere Beschäftigte (6,5). Und auch Abitur schützt nicht immer vor Armut: Menschen mit Migrationshintergrund und Abitur sind ähnlich häufig von Armut bedroht (17,2 Prozent) wie Menschen ohne Migrationshintergrund und Hauptschulabschluss (17,3).QuelleStatistisches Bundesamt (Destatis) (2024) auf Anfrage des MEDIENDIENST INTEGRATION

Definition der Armutsgefährdungsquote
Die Quote wird gemessen am mittleren Einkommen der Bevölkerung ("relative Einkommensarmut"). Als "armutsgefährdet" gilt, wer mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens auskommen muss. Wenn das mittlere Einkommen steigt, können auch Menschen unter die Armutsschwelle fallen, obwohl sie nicht weniger verdienen als vorher. QuelleDestatis (2024): Armutsgefährdungsquote, Link

Menschen mit EinwanderungsgeschichteDer Begriff "Einwanderungsgeschichte" beschreibt Personen, welche seit 1950 selbst zugewandert sind, oder ausschließlich zugewanderte Eltern haben. Als "Personen mit Migrationshintergrund" gilt eine Person, wenn sie selbst, oder eines ihrer Elternteile, nicht mit der deutschen Staatsbürgerschaft geboren wurde. LINK waren 2023 in Deutschland etwas häufiger von Armut betroffen (24,0 Prozent) als Menschen mit Migrationshintergrund. Dies trifft auch zu, wenn sie in arbeiten oder Abitur haben. QuelleStatistisches Bundesamt (Destatis) (2024) auf Anfrage des MEDIENDIENST INTEGRATION oder Statistisches Bundesamt (2024): Sozialbericht 2024, Statement zur Pressekonferenz, Seite 6

Auch für Kinder aus Einwandererfamilien ist die Gefahr größer, in Armut zu leben: Laut einer Studie des Kinderhilfswerks Unicef von 2023 sind Kinder von ausländischen Eltern 2,4-fach häufiger von Einkommensarmut betroffen als Kinder ohne Einwanderungsgeschichte. QuelleUnicef (2023): Kinderarmut inmitten von Wohlstand; Studie des UNICEF-Forschungsinstituts Innocenti, Seite 3, Link

Ein höheres Armutsrisiko haben Menschen zum Beispiel, weil sie noch nicht so lange in Deutschland leben, geringe Deutschkenntnisse haben, ihre Schulabschlüsse aus dem Ausland nicht anerkannt werden oder sie Diskriminierung am Arbeitsmarkt erleben.QuelleBerliner  Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM)(2017): "Armutsgefährdung bei Personen mit Migrationshintergrund", Seite 43

Rassismus erhöht Armutsrisiko

Häufig wird eine geringere Bildung oder schlechter bezahlte Arbeit für das höhere Armutsrisiko verantwortlich gemacht. Doch auch unmittelbare Diskriminierung dürfte eine Rolle spielen. Das legen neuere Studien nahe, die sich besonders "rassistisch markierte" Menschen angeschaut haben. So erleben einige Gruppen häufiger Diskriminierung, zum Beispiel schwarze Frauen oder muslimische Männer – und sie haben ein deutlich höheres Armutsrisiko als Deutsche oder Migrant*innen ohne "sichtbaren" Migrationshintergrund.QuelleDeutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (2024): Grenzen der Gleichheit - erster Kurzbericht aus dem "Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitoring" NaDiRa, Seite 13

Ein Beispiel: Laut einer Befragung des "Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor" von 2022 haben Schwarze Männer ein deutlich höheres Armutsrisiko. Jeder fünfte von ihnen (22 Prozent) hat ein Einkommen unterhalb der Armutsgrenze. Damit sind sie doppelt so häufig von Armut bedroht wie nicht von Rassismus betroffene Männer in vergleichbaren Lebenslagen (11 Prozent), so die soziodemografisch bereinigtenvergleichbares Alter, Familienstand, Zahl der Kinder, Bildungsstand, Art der Erwerbstätigkeit, N = 12.116 Ergebnisse der Befragung.

Ein guter Schulabschluss und und ein Vollzeit-Job schützen nicht gleichermaßen vor Armut. So ist jede 5. rassistisch markierte Frau trotz Vollzeit-Job von Armut bedroht (viermal so hoch wie bei nicht rassistisch markierten Menschen). Der Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft kann das Risiko deutlich senken, in Armut zu leben, besonders bei Schwarzen und asiatisch gelesenen Männern.QuelleDeutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (2024): Grenzen der Gleichheit - erster Kurzbericht aus dem "Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitoring" NaDiRa, Seite 6

Armutsgefährdungsquote – welche Daten gibt es?
EU-SILC-Daten
D
ie amtliche Hauptdatenquelle für die Messung von Armut auf Bundesebene,die auch oben verwendet wird,ist EU-SILCEuropean Union Statistics on Income and Living Conditions. Mit diesen Daten wird das jeweilige Einkommen des vergangenen Jahres erfasst, und darauf basierend wird die Armutsgefährdungsquote berechnet. Es werden auch unregelmäßige EinkommenBeispielsweise Weihnachtsgeld, zeitlich befristete Unterstützungsleistungen, Einkommen, die keine Haupteinnahmequelle sind (z.B. Kindergeld und andere Familienleistungen erfasst.QuelleDestatis (2024): Armutsgefährdungsquote, Link
Mikrozensus
Armutsgefährdungsquoten werden auch aus Mikrozensus-Daten berechnet, was jedoch nur das reguläre Einkommen für den Monat vor der Datenerhebung dokumentiert. Dadurch werden unregelmäßige Einkommen nicht so gut erfasst, weshalb EU-SILC eine detailliertere Aussage über die Armutsgefährdung der Bevölkerung treffen kann.QuelleDestatis: "Unterschiedliche Datengrundlagen zum Themenbereich "Einkommen, Armutsgefährdung und soziale Lebensbedingungen" LINK; Statistisches Bundesamt (Destatis) (2024) auf Anfrage des MEDIENDIENST INTEGRATION