Über Verschwörungserzählungen berichten
Verschwörungserzählungen haben mit der Corona-Pandemie, aber auch mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine starken Zulauf erhalten. Woran erkennt man solche Erzählungen und wie kann man gut darüber berichten? Fachleute empfehlen folgende Punkte:
BEI DER RECHERCHE
Verschwörungserzählungen erkennen:
Verschwörungserzählungen erkennt man an folgenden Punkten:
1. Abstrakte gesellschaftliche Prozesse werden auf eine Person projiziert – zum Beispiel auf den US-amerikanischen Investor George Soros oder auf den Microsoft-Gründer Bill Gates.
2. Die Welt wird in "gut" und "böse" eingeteilt: in eine "gute" Mehrheit und eine "böse" Minderheit, die die Mehrheit angeblich manipuliert. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Mythos einer angeblichen "jüdischen Weltverschwörung".
3. Verschwörungsideolog*innen unterstellen, dass Menschen keine individuellen Eigenschaften haben, sondern wegen ihrer vermeintlichen Abstammung unveränderlich sind. So etwa im Verschwörungsmythos vom "Großen Austausch": Die Anhänger*innen gehen davon aus, dass es ein homogenes deutsches Volk gebe, und unterstellen, die Regierung oder "geheime Mächte" würden dieses Volk durch andere Gruppen – zum Beispiel Migrant*innen – "austauschen" wollen.
IM ARTIKEL
Verschwörungserzählungen richtig bennen: Der Begriff "Falschinformationen" ist unpassend, weil nicht jede Falschinformation auch eine Verschwörungserzählung ist (siehe drei Merkmale für Verschwörungserzählungen oben). Auch der Begriff "Paranoia" ist irreführend, da Verschwörungserzählungen etwas Politisches sind und keine Persönlichkeitsstörung.
Verschwörungserzählungen nicht wiederholen:Verschwörungserzählungen sollten nicht unnötig wiederholt werden, vor allem nicht in der Überschrift. Selbst wenn die Erzählung später eingeordnet wird – viele Leute merken sich eher das, was am Anfang ihre Aufmerksamkeit erregt hat.
Gefahren aufzeigen: Faktenchecks über Verschwörungserzählungen sollten nicht nur aufdecken, was an den Erzählungen falsch ist – sondern auch, warum sie gefährlich sind. Zudem sollten die Autor*innen transparent machen, wer die Fakten geprüft hat und welche Quellen sie dafür genutzt haben. Wenn Sie für Ihren Artikel Einschätzungen oder Zitate brauchen, kann der Mediendienst innerhalb von einer halben Stunde Kontakte zu Expert*innen vermitteln.
Komplexität aushalten, Unwissen zugeben: Verschwörungserzählungen erhalten oft dann Zuspruch, wenn es – wie in der Corona-Krise – keine einfachen Antworten gibt, sondern teils widersprüchliche Informationen. Journalist*innen sollten diese Widersprüche nicht auslassen, sondern benennen. Dazu gehört auch, eigenes Unwissen zuzugeben.
LINKS & QUELLEN
Wo können sich Journalist*innen informieren?
Zu Verschwörungserzählungen über Corona
• Faktenchecks zum Coronavirus / Correctiv, Link
• "Die 'Wahrheit' in Zeiten von Corona" / Podcast, Bundeszentrale für politische Bildung, Link
Zu Verschwörungserzählungen über den Angriffskrieg auf die Ukraine
• Studie zur Verbreitung russischer Desinformation / Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS), Stand Mai 2022, Link• Nachfolge-Studie zur Verbreitung russischer Desinformation / Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS), Stand November 2022, Link
• "Wie Rechtsextreme und Verschwörungsideologen den Krieg in der Ukraine für sich nutzen", Analyse der Amadeu Antonio Stiftung, Link
Zu Verschwörungserzählungen allgemein
• "Spezial zum Thema 'Verschwörungstheorien' / Bundeszentrale für politische Bildung, Link
• "The Conspiracy Theory Handbook" / Cook, Lewandowsky (2020), Link
• "Widerlegen, aber richtig" ("The Debunking Handbook") (2020) Link
• Aktuelle Faktenchecks (mit Unterpunkten Corona-Krise und Ukraine-Krieg) / Mimikama , Link• Aktuelle Faktenchecks / ARD Faktenfinder, Link