Seit Februar 2021 gibt es ein Infoportal zur Rechtsextremismusprävention. Es bietet einen bundesweiten Überblick über Beratungen für Aussteiger*innen und Betroffene sowie allgemeine Anlaufstellen zum Thema Rechtsextremismus.Quelle
Prävention gegen Rechtsextremismus setzt früh an – nicht erst, wenn sich Menschen radikalisieren. Vielmehr versuchen die Präventionsprogramme, junge Menschen in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken, eine demokratische Lernkultur zu etablieren und gesellschaftliche Vielfalt sichtbar zu machen. Die Präventionsprogramme unterscheiden sich, je nachdem an wen sie sich richten oder etwa ob sie im ländlichen oder städtischen Raum angeboten werden.
Rechtsextremismusprävention in Kitas, Schulen und Vereinen
Rechtsextremismusprävention beginnt schon in den Kindergärten: Hier können zum Beispiel Betreuer*innen oder Sozialarbeiter*innen mit Kindern darüber sprechen, wie es sich anfühlt, diskriminiert zu werden. Vor allem aber können sie versuchen, jedes Kind in seinen persönlichen Eigenschaften zu stärken. Denn dass man selbst akzeptiert und respektiert wird, gilt als Grundlage dafür, sich nicht selber abwertenden Ideologien zuzuwenden.Quelle
Das vom Bundesprogramm "Demokratie leben" geförderte Projekt "Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuung" versucht, solche Ansätze in möglichst vielen Kitas zu etablieren. Die Projektmitglieder - die sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - bieten hierfür unter anderem Fortbildungen und Vernetzungsmöglichkeiten für Erzieher*innen an. Etwa zwei Drittel aller Kindertageseinrichtungen werden von den Wohlfahrtsverbänden getragen.Quelle
In der Schule klären Lehrer*innen zum Beispiel durch politisch-historische Bildungsarbeit über die Gefahren des Rechtsextremismus auf. Hierzu zählt der klassische Geschichtsunterricht, aber auch etwa Fahrten zu Gedenkstätten. Falls sich ein*e Schüler*in radikalisiert, können Lehrkräfte mit Einzelgesprächen, Unterrichtsverweisen oder Klassenkonferenzen intervenieren.Quelle
Ein wichtiges Netzwerk für Präventionsarbeit in Schulen stellt "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" dar. Dies sind Schulen, die sich aktiv gegen Rassismus einsetzen, indem sie zum Beispiel Konzerte, Demonstrationen, Diskussionsrunden, Projekttage oder Gedenkveranstaltungen organisieren. 3000 Schulen gehören dem Netzwerk an, weitere Schulen werden eingeladen, mitzumachen.Quelle
Außerhalb der Schule gibt es Vereine und Initiativen, die unter anderem Workshops, Gedenkstättenfahrten oder Zeitzeug*innen-Treffen mit Holocaust-Überlebenden organisieren. Das setzt allerdings voraus, dass sich Teilnehmende selber dazu anmelden. Jugendliche, die bereits zum Rechtsextremismus neigen, werden durch diese Angebote nicht erreicht. Ein Versuch, trotzdem mit einigen dieser Jugendlichen in Kontakt zu kommen, stellt die sogenannte mobile Jugendarbeit dar: Hier suchen Sozialarbeiter*innen etwa in Jugendclubs oder an üblichen Treffpunkten das Gespräch mit den Jugendlichen. Wenn sie ihr Vertrauen gewinnen, versuchen sie zum Beispiel durch Hilfe im Alltag, den Jugendlichen eine Alternative zu Kontakten und Unterstützungsangeboten aus der rechten Szene zu bieten.Quelle
Für Erwachsene bietet etwa die Initiative "Exit-Deutschland" eine Ausstiegsberatung aus der rechten Szene an. Der Verein "Mach meinen Kumpel nicht an" lädt zu Trainings ein, um einen Umgang mit rassistischen Sprüchen in Betrieben zu finden.Quelle
Rechtsextremismusprävention im Internet
Im Internet funktioniert Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus anders: Hier versuchen zum Beispiel Vertreter*innen von zivilgesellschaftlichen Initiativen in Sozialen Medien, Foren und Online-Spielen die menschenfeindliche Ideologie von rechtsextremen Kommentaren offenzulegen oder Falschnachrichten zu korrigieren. Die Amadeu Antonio Stiftung stellt mit dem Projekt "debate", persönlichen Kontakt mit Personen, die sich online rechtsextrem äußern, her, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen.Quelle
Das Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität, das die Bundesregierung in Reaktion auf den Anschlag in Halle im Oktober 2019 vorstellte, sieht außerdem vor, dass soziale Netzwerke wie etwa Facebook oder Twitter strafbare Inhalte an die Strafverfolgungsbehörden melden müssen.Quelle
Rechtsextremismusprävention durch Beratung
Bei der Prävention von Rechtsextremismus haben zwei verschiedene Formen der Beratung eine wichtige Bedeutung. Die "Mobilen Beratungen gegen Rechtsextremismus" sind zivilgesellschaftliche Netzwerke, die es mittlerweile in allen Bundesländern gibt. Sie unterstützen Menschen, die eine rechtsextreme Radikalisierung einer Person in ihrem Umfeld beobachten oder sich gegen Rechtsextremismus einsetzen wollen. Eine solche Beratung gibt es auch online.Quelle
Daneben existieren auch "Ausstiegsberatungen", die teilweise an die Landeskriminalämter angesiedelt und teilweise zivilgesellschaftlich organisiert sind. Sie richten sich an Menschen, die die rechte Szene verlassen wollen. Aussteiger*innen können sich hier beraten lassen, Schutzkonzepte gegen potenzielle Angriffe aus der rechten Szene entwickeln und Hilfe für die Neuorientierung im Alltag bekommen. Ein Überblick über Ausstiegsberatungen in den Bundesländern findet sich hier.Quelle
Rechtsextremismusprävention auch in der Verwaltung?
Programme, die die Prävention von Rechtsextremismus als Aufgabe für die Verwaltung vorsehen, gibt es kaum. Dies fordert aber zum Beispiel das Deutsche Institut für Menschenrechte. Denn auch in Behörden gibt es immer wieder Fälle von Rechtsextremismus. Die Berliner "Landeskonzeption" ist hier bislang einzigartig: Sie ist eine Strategie des Berliner Senats gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus und richtet sich sowohl an die Zivilgesellschaft als auch an staatliche Einrichtungen.Quelle
Die Finanzierung der Arbeit gegen Rechtsextremismus
Die größten staatlichen Programme zur Förderung von Rechtsextremismusprävention sind "Demokratie leben" und "Zusammenhalt durch Teilhabe". Daneben gibt es Fördermöglichkeiten durch die Bundesländer, Stiftungen und private Initiativen.
- Demokratie leben
"Demokratie leben" ist ein Programm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Es fördert mehr als 600 Projekte auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene mit insgesamt 115,5 Millionen Euro im Jahr 2020.
- Auf Bundesebene fördert "Demokratie leben" 40 zivilgesellschaftliche Organisationen, die Träger von Kompetenznetzwerken sind. Fünf Kompetenznetzwerke sind auf Rechtsextremismus ausgerichtet.
- Auf Landesebene fördert "Demokratie leben" in jedem Bundesland ein Demokratiezentrum.https://www.demokratie-leben.de/foerderprojekte/landes-demokratiezentren.html
- Auf kommunaler Ebene fördert "Demokratie leben" 300 "Partnerschaften für Demokratie".
- Eine Übersicht zur Arbeit von "Demokratie leben" und ausgewählte Projekte werden hier vorgestellt, laufende Modellprojekte hier.Quelle
- Zusammenhalt durch Teilhabe
"Zusammenhalt durch Teilhabe" ist ein Programm des Bundesinnenministeriums. Es fördert Vereine, Verbände und Multiplikator*innen in ländlichen und strukturschwachen Regionen. Der Schwerpunkt liegt auf der Ausbildung von ehrenamtlichen Demokratieberater*innen: Sie sollen Fälle von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit erkennen und bearbeiten.Quelle
- Weitere Förderprogramme
Neben den beiden großen Bundesprogrammen gibt es weitere Förderungen für Programme gegen Rechtsextremismus auf Landes- und Kommunalebene. Eine Übersicht über die Programme der Länder findet sich im Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus der Bundesregierung. Auch einige Stiftungen und Privatinitiativen bieten Förderungen an. Eine Übersicht findet sich hier.Quelle