Zwischen 65.000 bis 70.000 jüdische Kontingentflüchtlinge sind von Altersarmutbetroffen, schätzt die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST). Das entspreche rund 93 Prozent aller jüdischen Zuwanderer*innen im Rentenalter. Zum Vergleich: Rund 2,6 Prozent der deutschen Rentner*innen waren 2021 auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen, unter ausländischen Rentner*innen waren es 17,5 Prozent.Quelle
Härtefallfonds als Ausgleich
Um die Altersarmut unter jüdischen Kontingentflüchtlingen abzumildern, hat die Bundesregierung 2022 einen Härtefallfonds beschlossen und 2023 eine Stiftung dafür eingerichtet. Anspruchsberechtigte Personen sollen aus dem Fonds eine einmalige, nicht steuerpflichtige Zahlung erhalten. Der Fonds gilt nicht nur für jüdische Kontingentflüchtlinge, sondern auch für Spätaussiedler*innen und Härtefälle unter DDR-Rentner*innen.
Berechtigte erhalten 2.500 Euro von den Bundesmitteln, und weitere 2.500 Euro, falls ihr Bundesland der Stiftung beitritt. Nur fünf Bundesländer sind beigetreten: Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Thüringen Bremen und Berlin. Die ZWST forderte eine Auszahlung von 10.000 Euro pro Person. Das würde bei einer Rentendauer von 20 Jahren einem Ausgleich von 41,66 Euro pro Monat entsprechen. Auch der Bund hatte zunächst mehr Geld für den Fonds vorgesehen.Quelle
Anspruchsberechtigte konnten bis Ende Januar 2024 einen Antrag stellen. 52.700 jüdische Kontingentflüchtlinge haben das gemacht. Somit hat vermutlich ein Großteil der Betroffenen einen Antrag gestellt – die ZWST ging von rund 65.000 bis 70.000 jüdischen Kontingentflüchtlingen aus, die von Altersarmut betroffen sind. Bisher wurden 10.113 Anträge bewilligt, 1.960 abgelehnt (Stand März 2024).Quelle
Warum sind so viele jüdische Zuwanderer*innen von Altersarmut betroffen?
Das hat mehrere Gründe: Jüdische Kontingentflüchtlinge haben keinen Zugang zum Fremdrentenrecht, welches unter anderem für Spätaussiedler*innen gilt – und es gibt kaum Sozialversicherungsabkommen mit Nachfolgestaaten der Sowjetunion, aus denen sie zugewandert sind. Deswegen können sie ihre Arbeitsjahre dort nicht für die Altersversorgung in Deutschland anrechnen lassen. In Deutschland konnten sie wiederum kaum Rentenansprüche erwerben, da sie oft in prekären Jobs beschäftigt waren – trotz akademischer Abschlüsse. Eine stichprobenartige Befragung der ZWST ergab, dass rund 69 Prozent der jüdischen Zugewanderten, die vor 1954 geboren wurden, über einen akademischen Abschluss verfügten. Von 78 Prozent wurde der Abschluss nicht anerkannt.Quelle