Was ist der UN-Migrationspakt?
Der "Globale Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration" ist ein internationales Abkommen, auf das sich die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (UN) im Juli 2018 geeinigt haben. Der Pakt sieht vor, Migration stärker zu steuern und die Rechte von Migranten zu schützen. Das Dokument soll am 10. und 11. Dezember 2018 auf einer Konferenz in Marokko angenommen werden.Quelle
Was sind die Inhalte?
Der Migrationspakt nennt 23 Ziele für die internationale Migrationspolitik. Einige der Ziele lauten:
- Strukturelle Faktoren, die Menschen dazu veranlassen, ihre Herkunftsländer zu verlassen, sollen reduziert werden – zum Beispiel durch Programme zur Armutsbekämpfung und zur Anpassung an klimatische Veränderungen.
- Um irreguläre Migration zu vermeiden, sollen Schleusernetzwerke stärker bekämpft und Grenzkontrollen besser koordiniert werden. Gleichzeitig sollen die Mitgliedstaaten mehr Wege für reguläre Migration schaffen – etwa durch Arbeitsmarktabkommen oder Erleichterungen bei der Visavergabe.
- In den Zielländern sollen Migranten sicheren Zugang zu Grundleistungen haben und die Chance, am politischen und gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.Quelle
Geht der Pakt auch auf Flüchtlinge ein?
Der Pakt befasst sich vor allem mit Migranten, die keine Flüchtlinge sind. Die UN haben aber parallel zum Migrationspakt einen zweiten Pakt erarbeitet, der auf Geflüchtete eingeht: den "Global Compact on Refugees". Dieser soll zeitnah beschlossen werden.Quelle
Wie verbindlich sind die Regelungen?
Der Migrationspakt ist kein Vertrag und daher rechtlich nicht bindend. Das heißt: Die beteiligten Staaten sind zu nichts verpflichtet und können nicht bestraft werden, wenn sie die Inhalte nicht umsetzen. Es soll aber ein Gremium geben, das ab 2022 alle vier Jahre tagen, die Umsetzung überprüfen und seine Ergebnisse in einem Bericht veröffentlichen wird. Zudem wollen die UN bestimmte Maßnahmen ergreifen, um die Staaten bei der Umsetzung des Paktes zu unterstützen – zum Beispiel durch Anschubfinanzierungen.Quelle
Ändert der Pakt die Rechtslage in Deutschland?
Nein. Die meisten Regelungen sind bereits im europäischen Recht enthalten und daher schon heute in Deutschland gültig.Quelle
Wozu dann ein neues Abkommen?
Laut der Migrationsforscherin Petra Bendel hat der Migrationspakt eine "große politische Bedeutung". Zum ersten Mal in der Geschichte habe sich die Staatengemeinschaft auf ein Dokument geeinigt, das Migration als gemeinsame Herausforderung begreift. Der Pakt sei zwar nicht das erste, aber das umfangreichste internationale Abkommen zum Thema. "Der Migrationspakt berücksichtigt nicht nur die Interessen der Zielstaaten, sondern auch die der Herkunfts- und Transitstaaten sowie die Bedarfe von Migranten", so Bendel. Zudem werde Migration in all ihren Facetten beleuchtet: von der Situation im Herkunftsland über die Migrationsroute bis hin zur Ankunft und Integration im Zielland.Quelle
Gefährdet der Pakt die Souveränität der Nationalstaaten?
Nein, im Gegenteil. Im Abkommen heißt es: "Der Globale Pakt bekräftigt das souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen (...)." Die Staaten können also weiterhin darüber entscheiden, wie sie die Einreise, den Aufenthalt und die Arbeitsbedingungen von Einwanderern gestalten möchten.Quelle
Führt das Abkommen zu mehr Migration?
Das Auswärtige Amt hat diese Behauptung gegenüber Medien als "vollkommen unseriös" zurückgewiesen. Sie entspreche "nicht der Zielrichtung des Paktes". Auch Wissenschaftler betonen, dass das Abkommen nicht zu mehr Migration führen werde. "Der Pakt sieht nicht vor, die Grenzen zu öffnen", sagt Thomas Faist, Soziologe an der Universität Bielefeld, gegenüber dem MEDIENDIENST. Im Gegenteil sollen die Ursachen von Migration reduziert und irreguläre Migration unterbunden werden.Quelle
Schränkt der Pakt die Meinungsfreiheit ein?
Nein. Im Pakt steht, dass das Recht der freien Meinungsäußerung geschützt werden soll. Die Mitgliedstaaten werden gleichzeitig dazu aufgerufen, Diskriminierung und Rassismus zu bekämpfen und einen öffentlichen Diskurs zu fördern, der auf nachweisbaren Fakten beruht.Quelle
Entstehen zusätzliche Kosten für Deutschland?
Nein. Da die im Pakt genannten Maßnahmen rechtlich nicht verbindlich sind, entstehen für Deutschland keine verpflichtenden Kosten. Die Mitgliedstaaten können jedoch auf freiwilliger Basis Beiträge an die UN und ihre Unterorganisationen zahlen.Quelle
Wie stehen die Parteien in Deutschland zum Migrationspakt?
Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD bekennt sich zum Migrationspakt und hat angekündigt, ihm im Dezember zuzustimmen – trotz vereinzelter Kritik von Abgeordneten der Union. Auch Linke, FDP und Grüne unterstützen das Abkommen. Kritik kommt vor allem aus der AfD. Die Bundestagsfraktion der Partei fordert in einem Antrag, den Pakt nicht zu unterzeichnen.Quelle
Welche Staaten sind für das Abkommen, welche dagegen?
Im Juli 2018 erklärten sich noch 192 der 193 UN-Mitgliedstaaten bereit, den Migrationspakt zu unterstützen. Nur die USA lehnten ab. Inzwischen haben weitere Staaten angekündigt, den Pakt im Dezember nicht anzunehmen. Dazu gehören Ungarn, Österreich, Tschechien, Polen und Australien. Stefan Rother, Politikwissenschaftler am Arnold-Bergstraesser-Institut der Universität Freiburg, hält es für möglich, dass bis Dezember weitere Staaten ihren Rücktritt erklären könnten.Quelle
Woher kommt der plötzliche Gegenwind?
Als Grund für ihren Rückzug führen die Staaten an, der Pakt würde ihre nationale Souveränität untergraben und unkontrollierte Migration begünstigen. Laut dem Soziologen Thomas Faist gibt der Pakt selbst jedoch keinerlei Anlass zu diesen Vermutungen. Den Kritikern gehe es nicht um das Abkommen, sondern um innenpolitische Interessen, so der Soziologe: "Die Äußerungen von Trump, Orbán und auch der AfD sind keine Kritik am Migrationspakt, sondern rechtspopulistische Rhetorik, die gebetsmühlenartig zur Stimmungsmache eingesetzt wird."Quelle
Gibt es eine internationale Allianz gegen den Pakt?
Seit mehreren Monaten machen rechtspopulistische und rechtsextremistische Gruppen gegen den Pakt mobil. Eine geschlossene Allianz gegen das Abkommen sei jedoch bislang nicht erkennbar, sagt Politikwissenschaftler Stefan Rother.Quelle
Von Jennifer Pross
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