Kirchenasyl: Zahlen und Rechtslage

Droht Flüchtlingen eine Abschiebung oder eine Überstellung nach der Dublin-III-Verordnung, können sie unter Umständen im Kirchenasyl unterkommen. Mitte 2025 gab es 421 aktive Kirchenasyle, in denen mindestens 623 Personen lebten.

Droht Flüchtlingen eine Abschiebung oder eine Überstellung nach der Dublin-III-Verordnung, können sie unter Umständen im sogenannten "Kirchenasyl" unterkommen. Einige Kirchengemeinden in Deutschland nehmen vorübergehend Asylsuchende auf. Dadurch soll Zeit gewonnen werden, während der die Behörden das Asylverfahren erneut überprüfen.

Mitte April 2025 gab es 421 "aktive Kirchenasyle", in denen mindestens 623 Personen lebten, darunter 121 Kinder, so die Statistik des Vereins "Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche". Von den 421 Fällen waren ein Großteil "Dublin-Fälle" (377).QuelleÖkumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (2025): "Kirchenasyle bundesweit" (Stand 24.04.2025), LINK; Bundesregierung (2024): Drucksache 20/9673, Seite 2, Link sowie die Zahlen für 2023: Drucksache 20/10869, Seite 21, Link

Laut Zahlen der Bundesregierung gab es im Laufe des Jahres 2024 insgesamt 2.386 Fälle und 2.966 Personen in Kirchenasylen. Diese Zahl ist höher, da ein Kirchenasyl mehrere Personen umfassen kann und das gesamte Jahr umfasst. Darunter waren 2.347 "Dublin-Fälle". Bis 2019 wurde nur die Zahl der Kirchenasyle erfasst. Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Kirchenasyle wieder stark an und hat inzwischen das Niveau von 2016 erreicht.QuelleBAMF (April 2025): Auf Anfrage des Mediendienst; Bundesregierung (2025): Deutscher Bundestag Drucksache 21/67 Link.

1983 wurde das erste Kirchenasyl in Berlin gewährt und zehn Jahre später die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche gegründet.QuelleÖkumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (2022): "Aktuelle Kirchenasyle bundesweit" sowie Bundesregierung: Drucksache 20/10869, Seite 21 und Seite 22, Link

Nur selten Korrekturen an den Entscheidungen

Bei 2.572 Personen führte das Kirchenasyl 2024 dazu, dass die Frist zur Überstellung in andere EU-Staaten nicht eingehalten wurde. Ein Kirchenasyl führt zwar häufig zu einer erneuten Prüfung der Fälle, allerdings selten zu einer Änderung der Entscheidung. 2015 haben Kirchen und Behörden vereinbart, dass die Kirchen "aussagekräftige Dossiers" über jeden einzelnen Fall erstellen sollen. 2024 wurden 1.878 derartige Dossiers eingereicht. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) prüfte die Fälle erneut. Es änderte aber nur selten seine Entscheidung: 2023 wurde in neun Fällen die Entscheidung zurückgenommen – 2024 in einem.QuelleBAMF (April 2025): auf Anfrage des Mediendiendienst, BAMF (2023): Merkblatt Kirchenasyl im Kontext von Dublin-Verfahren, S. 1-2, Link.

Von Juli 2023 bis Mai 2024 gab es mindestens sechs "angedrohte, versuchte oder vollzogene Räumungen" von Kirchenasylen durch die Polizei, so die "Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche", die sich für Kirchenasyle einsetzt. Laut Medienberichten ist das eine neue Entwicklung. Bis 2022 sei es "höchstens einmal pro Jahr" vorgekommen.QuellenBundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (2024): Pressemitteilung vom 13.Mai, Link; sowie Medienberichte von Mitte 2024 von Netzpolitik und Correctiv

Strafverfahren und Urteile

In der Vergangenheit gab es einige Strafverfahren gegen Geistliche, die Flüchtlingen Kirchenasyl gewährt hatten. Der Vorwurf lautete: Beihilfe zum illegalen Aufenthalt (§ 95 AufenthG). Im Februar 2022 erging das erste Urteil eines Oberlandesgerichts (OLG Bayern) zu dieser Frage: Das Gericht sprach den Benediktiner-Bruder Abraham Sauer frei. Er hatte einem Palästinenser Kirchenasyl gewährt. Im Juli 2022 folgte ein nachgeordnetes Gericht in Bayern (Landgericht Würzburg) dieser Rechtsprechung und sprach die Ordensschwester Juliana Seelmann frei.Quelle BayObLG München, Urteil v. 25.02.2022 – 201 StRR 95/21, Süddeutsche (2022): "Mönch gewährt Kirchenasyl - Freispruch rechtskräftig", BR24 (2022): "Kirchenasyl: Ordensschwester im Berufungsprozess freigesprochen"